Night Academy 2
Jahr war es anders. Ich hatte nicht deine Fähigkeiten, und die Irin waren noch nicht so aktiv, ja, ich wusste noch gar nichts von ihnen. Du kannst nicht erwarten, dass wir dich genauso behandeln wie die anderen.«
Ich rutschte etwas vor, schloss die Finger um die grobe Tagesdecke. Das Reden über die Irin hatte meine Ängste mit einem Schlag zurückgebracht. »Wenn ich euch im Kampf gegen die Irin helfe, dann müsst ihr mir auch sagen, was ihr von mir erwartet. Manchmal habe ich den Eindruck, alle handeln nach einem großen Plan, den nur ich nicht kenne. Als würde ich mit verbundenen Augen durch einen Irrgarten laufen, während alle anderen wissen, wo der Ausgang ist.«
Cam trommelte mit den Fingern auf die Fensterbank. »Traust du mir immer noch nicht?«
»Daran liegt es nicht«, sagte ich. »Es geht nicht um dich, sondern um die anderen. Mr Judan, meine Lehrer, die Wächter. Du bist der Einzige, dem ich vertraue.«
Zumindest vertraute ich seinem Herzen. Dessen war ich mir sicher.
Ich ging zu ihm und legte meine Hand auf seine Schulter. Unter dem T-Shirt spürte ich angespannte Muskeln, meine Finger wanderten zu seinem Nacken. »Bitte«, sagte ich. »Lass mich das nicht vermasseln. Ohne dich schaffe ich das nicht.«
Da drehte er sich endlich zu mir und fasste mich um die Taille. Sein Kuss war sowohl wütend als auch verzeihend, wurde dann aber so leidenschaftlich, dass ich taumelte. Als es an der Tür klopfte, fuhren wir auseinander, meine Brust hob und senkte sich heftig.
Trevor steckte den Kopf durch die Tür, dabei hielt er sich die Augen zu. »Nur eine Warnung. Die kontrollieren jetzt die Zimmer. Lasst mal lieber die Tür auf.«
»Danke«, sagte Cam. Auch sein Atem ging schwer.
»Dann gehe ich mal lieber auf mein Zimmer zurück«, sagte ich. Kurz schmiegte ich mich an seine Brust, umarmte ihn noch einmal ganz fest. Cams Herz schlug gleichmäßig und verlässlich, seine Arme hielten mich.
Mit rauer Stimme sagte er: »Geh jetzt besser.« Er ließ mich los und schob mich von sich. »Bis morgen früh.«
Ich sah ihn lange an, weil ich hoffte, in seinen Augen zu lesen, dass alles in Ordnung war. Aber das war es nicht. Und würde es vielleicht auch nie wieder sein.
18
V on da an änderte sich mein Schwerpunktunterricht. Jeden Tag gingen wir in den Wald, wo ich Bäume durch die Luft wirbelte, Felsen verschob und Barrett wie ein menschliches Jo-Jo hoch- und runterschnellen ließ. Es war richtig anstrengend. Je schwerer der Gegenstand, desto mehr Kraft kostete es mich, ihn zu bewegen. Doch meine Lehrer verlangten mehr von mir, als nur Sachen umzuschmeißen und anschließend wieder aufzuheben. Ich sollte lernen, einen Gegenstand auf den Zentimeter genau in der Luft zu halten, während ich einen zweiten ebenfalls an eine genau bezeichnete Stelle hob.
Und damit nicht genug, obendrein musste ich auch noch lernen, die Gegenstände horizontal zu verschieben.
Falls das jetzt nicht schon auf der Hand liegt: Das ist echt schwer.
Zum einen gibt es die Erdanziehungskraft, die alles nach unten zieht, während die Gravitationskräfte des Mondes alles ins All zerren. Zum anderen sind noch die Anziehungskräfte am Werk, die jeder Gegenstand auf jeden anderen ausübt. Mit viel Ausdauer gelang es mir schließlich, mir diese Kräfte zunutze zu machen und Dinge nach Belieben zu verschieben. Doch all das kostete mehr Energie, als ich gedacht hätte.
Cam und ich machten weiter, wo wir aufgehört hatten, aber irgendwas stand nun zwischen uns. Auch wenn wir es uns nicht eingestehen wollten. Manchmal war alles wie früher, dann joggten wir zusammen oder hielten in der Schule Händchen. Dann aber wieder machte er mitten im Gespräch dicht und umgab sich mit einer Mauer.
Ein paar Mal war ich drauf und dran, den Telefoneintrag Ethan Hannigan in meinem Handy zu löschen. Aber es gab auch Momente, da hätte ich die Anruftaste nur allzu gern gedrückt.
Im Lauf der nächsten Wochen wurde Esther zunehmend deprimierter. Cam tröstete mich, indem er sagte, das sei ganz normal. Viele Kandidaten fühlten sich vor ihrer Aufnahme einsam und unglücklich. Diesem Unbehagen sei es auch zu verdanken, dass sich ihre Gaben weiterentwickelten und sie sich letztlich dem Programm mit all seinen Verpflichtungen verschrieben. Einfach ausgedrückt: Wenn sie im normalen Leben froh und glücklich wären, würden sie sich nie und nimmer auf den ganzen Stress einlassen, den das Programm mit sich brachte.
Das warf noch einmal ein neues Licht auf mein
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