Night Academy 2
wenn ich wusste, dass er jetzt zu den Irin gehörte, lief es mir bei diesen Worten kalt den Rücken hinunter. »Schön und gut«, sagte ich, »und wofür braucht ihr all die Waffen?«
»Um uns zu verteidigen.«
»Das ist Wahnsinn. Gegen wen müsst ihr euch verteidigen?«
»Gegen deinen Freund zum Beispiel.«
Vor Schreck richtete ich mich kerzengerade auf. Hatte Jack Cam etwa gesehen? War Jack auch in Washington? »Wenn ihr sie in Ruhe lasst, lassen sie euch auch in Ruhe«, sagte ich möglichst gefasst. »Sobald ihr Maschinengewehre hortet, werden sie natürlich aufmerksam. Und was soll das überhaupt mit Cam? Der geht doch noch zur Schule. Cam ist noch kein richtiger Wächter.«
»Jetzt schon.«
Ich schloss die Augen und fuhr mir mit den Fingern durch die Locken. »Wir müssen aufhören. Ich komme in Teufels Küche, wenn rauskommt, dass ich mit dir Kontakt habe.«
»Hast du sie nach Ethan gefragt?«
»Nein. Er hat sich das Leben genommen. Mehr gibt’s darüber nicht zu sagen.« Ich lief die zwei Schritte von der Tür zum Waschbecken hin und her.
»Du weißt, dass das nicht stimmt. Wann gibst du endlich zu, dass die Wächter gefährlich sind?« ‹
»Wann gibst du endlich zu, dass du auf der falschen Seite stehst?« Ich zog fest an einer Locke und riss mir einen Knoten aus dem Haar. Sagte Jack die Wahrheit? Wusste Cam, dass die Unterlagen gefälscht waren?
»Deine › richtige Seite ‹ hat offenbar keine Probleme, Leute umzubringen.«
»Wir versuchen, die Welt sicherer zu machen«, sagte ich und dachte an Mr Judans Worte. »Du bist nicht lange genug dabei gewesen, um wirklich zu wissen, worum es im Programm geht. Es dreht sich nicht alles nur um die Wächter. Es gibt Ärzte, Wissenschaftler und Diplomaten, die alle nur das Beste wollen.«
»Wenn das euer Ziel ist, macht ihr euren Job aber nicht besonders gut«, antwortete Jack. »Die Wächter haben gerade drei Leute mit Verbindungen zu höchsten Kreisen gekillt – was die Leute da oben nicht gerade froh stimmt. Ab jetzt wird alles nur noch schlimmer.«
20
W ütend klappte ich das Handy zu und verstaute es in meiner Jeans. Mir war total übel. Mit geschlossenen Augen beugte ich mich über das Waschbecken und hoffte, es würde gleich vorbeigehen. Nach ein paar Minuten machte ich einen Waschlappen nass und kühlte Gesicht und Nacken. Ich betrachtete mich im Spiegel: Dunkle Schatten lagen unter meinen Augen, und mein Haar stand wie ein Mopp in alle Richtungen ab.
Ich hätte nicht rangehen sollen. Jack hatte mich angelogen. Anders konnte es nicht sein.
Während ich mein Haar zu einem Pferdeschwanz band, hörte ich Stimmen an der Haustür. Mir rutschte das Herz in die Hose. Ich holte tief Luft und stieß die Badezimmertür auf, ich war mir ganz sicher, dass mich draußen eine Gruppe Wächter schon erwartete.
Oma versperrte die Tür, aber da sie so klitzeklein war, konnte ich problemlos erkennen, wer vor ihr stand. Ein erleichertes Lächeln breitete sich auf meinem Gesicht aus. »Cam! Was machst du denn hier?«
»Ich wollte dich sehen«, sagte er. Er trug sein dunkelgrünes T-Shirt mit dem goldenen Drachen der Night Academy vorne drauf. Die Abendsonne verlieh seinem Gesicht einen rosigen Glanz.
Mit Entsetzen bemerkte ich, dass ich heute Morgen ein altes Danville-Schulsweatshirt mit passender Jogginghose aus dem Wäschekorb gefischt hatte, doch ein Blick in Cams Augen sagte mir, dass es ihm vollkommen egal war, was ich anhatte. Von ihm ging eine Energie aus, als stünde er unter Strom. Unruhig trat er von einem Fuß auf den anderen.
Unter Omas wachsamem Blick umarmten wir uns flüchtig. »Bist du gerade zurückgekommen?«, fragte ich.
»Vor ein paar Stunden. Sobald wir in der Schule waren, habe ich einen Wagen geliehen, um zu dir zu fahren. Ich wollte nicht bis morgen warten.«
Oma deutete auf den Fernseher. »Ich will ja nicht unhöflich sein, aber ich bin gerade dabei, mir eine Sendung anzusehen. Vielleicht könnt ihr beiden in die Küche gehen.«
»Also, eigentlich habe ich jede Menge schmutzige Wäsche dabei«, sagte Cam. »Ich hatte gehofft, Dancia könnte mich zum Waschsalon begleiten. Wenn ich heute nicht wasche, habe ich die ganze Woche nichts anzuziehen.«
Oma verzog das Gesicht. »Du kannst auch hier eine Maschine waschen, während ihr euch unterhaltet.«
Cam nahm meine Hand. »Das ist sehr freundlich von Ihnen, aber ich habe mindestens drei Ladungen, und es würde Zeit sparen, wenn ich sie alle auf einmal wasche.«
Oma nahm ein
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