Night Academy 2
glaubte, während ich gemütlich zu Hause saß und mich gerade mal traute, Fragen zu stellen und Ethan Hannigan in die Suchmaschine einzugeben.
Ich stand am Rand und sah zu, während Cam sich mit Wächtern, Schusswaffen und Leuten herumschlug, die kein Gefängnis halten konnte.
»Ich rede wahrscheinlich totalen Stuss«, sagte er. »Ich hätte heute Abend nicht kommen sollen. Wäre wohl besser gewesen, ich hätte gewartet, bis ich besser drauf bin.«
»So ist unsere Beziehung doch nicht«, sagte ich. »Wenn wir gewartet hätten, bis bei mir die Dinge einigermaßen klar waren, hätten wir nie miteinander gesprochen.«
Er lächelte und stützte sich mit einem Ellenbogen aufs Lenkrad. »Danke.«
Das wäre der richtige Moment gewesen, Cam von meinem Gespräch mit Jack zu erzählen. Eigentlich wollte ich ja keine Geheimnisse vor ihm haben. Aber ich konnte es ihm nicht sagen. Cam war überzeugt davon, dass die Irin Pläne gegen den Präsidenten geschmiedet hatten.
Es gab nur zwei mögliche Erklärungen: Entweder log Jack, oder Cam wurde belogen.
21
C am hatte tatsächlich ein paar Ladungen schmutziger Wäsche dabei, also mussten wir irgendwann dann doch in den Waschsalon. Während seine Sachen im Trockner waren, teilten wir uns nebenan bei Bev’s einen Milchshake. Allmählich wich Cams Anspannung, und wir liefen Hand in Hand zurück und erinnerten uns lachend an unser erstes Treffen bei Bev’s. Damals hatte er versucht, mich zu überreden, auf die Night Academy zu kommen, und ich hatte mir alle Mühe gegeben, meine Kräfte zu verbergen.
Vor unserem Haus setzte er mich wieder ab. Oma erwartete mich bereits an der Eingangstür. »Für so ’n bisschen Wäsche habt ihr so lange gebraucht?«
»Ja«, sagte ich, ohne mit der Wimper zu zucken.
Kichernd begab sie sich zurück vor den Fernseher. Ich ging in die Küche und schnappte mir eine Limo. Meine Gedanken kreisten um Cam und Jack.
Wenn Cam nichts davon wusste, dass man den Irin die belastenden Papiere untergejubelt hatte, wer hatte es dann getan? Cam hatte draußen gewartet, während Mr Judan und die Wächter die Irin im Lagerhaus erschossen hatten. Jeder Einzelne von ihnen hätte es gewesen sein können.
Irgendwie ging ich ganz automatisch davon aus, dass Jack die Wahrheit sagte. Nun musste ich mir nur noch meine nächsten Schritte überlegen.
Esther hatte mich und Hennie zwar in ihre Pläne eingeweiht, dennoch war ich geschockt, als ich sie am Montagmorgen in der Schule sah. Im Keller bei den Spinden hielt sie inmitten einer Schar Jungen Hof. Das Haar fiel ihr in weichen Wellen über den Rücken. Ungewöhnlich dichte, dunkle Wimpern umrahmten ihre Augen, und ihre Lippen leuchteten in perfektem Rot. Sie trug knallenge Jeans und einen Pulli mit weitem U-Boot-Ausschnitt. Es war zwar Esther, aber eine Esther, die ich noch nie gesehen hatte.
Ich hatte geglaubt, mich mittlerweile an ihre Begabung gewöhnt zu haben. Schließlich hatte ich sie schon in diversen Rollen erlebt, hatte mitbekommen, wie sie Gesicht und Körper raffiniert verändern konnte. Doch diesmal war es anders. Die Verwandlung betraf nicht nur den Schwung ihrer Brauen oder den Klang ihrer Stimme, diese Veränderung erfasste ihre Person als Ganzes.
»Esther?«, rief ich fassungslos.
Sie drehte sich zu mir um und stemmte die Hand in die Hüfte. »Was geht ab?«
»Das sollte ich wohl besser dich fragen.« Ich zeigte auf sie. »Du hast es also durchgezogen.«
Sie lachte tief und kehlig. »Ich weiß nicht, was du meinst.« Daraufhin wandte sie sich den umstehenden Jungs zu. »Habt ihr eine Veränderung an mir bemerkt?«
Eifrig nickten sie, und Esther lachte erneut.
Ich zupfte an dem Rucksack über meiner Schulter. Mit meinen weiten Jeans und dem Hoodie kam ich mir im Vergleich zu Esther komplett underdressed vor. »Ich habe dich heute beim Frühstück vermisst«, sagte ich. »Hennie und ich sind extra früh gekommen, damit wir noch zusammen essen können. Wir waren doch verabredet.«
Allerdings erwähnte ich nicht, dass Hennie bei Yashirs Anblick überstürzt die Cafeteria verlassen hatte. Über die Ferien hatten sie zwar gesimst, aber Hennie hatte sich dreimal mit Rashid treffen müssen, einem Jungen, den ihre Eltern für sie auserkoren hatten, und nun hatte sie schreckliche Schuldgefühle.
Esther warf ihr seidig schimmerndes Haar zurück. »Hab lange geschlafen. Ich brauche meinen Schönheitsschlaf.«
»Offensichtlich.« Dabei hätte ich ihr so gern von Cam erzählt und wie ich mich aufs Neue
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