Night Academy 2
Gefühl hattest.«
»Was soll das denn nun schon wieder heißen?«, fragte Cam sichtlich genervt. »Bist du jetzt auf seiner Seite, oder was? Und ich bin der Böse?«
»Nein!«, schrie ich, und spürte, wie Cam mir immer mehr entglitt. »Hier geht es nicht um dich. Sondern um diese verrückte Schule, die Wächter und den Hohen Rat. Die lügen die ganze Zeit. Ist es dir schon mal in den Sinn gekommen, dass sie vielleicht auch dich belügen?«
Wir sahen uns lange an. Cam wandte den Blick als Erster ab und rieb sich mit beiden Händen übers Gesicht. »Ich verstehe nur nicht, warum du mir nicht die Wahrheit über Jack erzählt hast. Die ganze Wahrheit.«
Kein Wunder, ich verstand es ja selbst nicht mehr. Es schien alles schon so lange her zu sein. »Ich habe dir nicht erzählt, dass Jack und ich – « Ich zwang mich das Wort zu sagen: » – uns geküsst haben, weil es nichts mit uns beiden zu tun hatte. Es war ein Fehler, und das habe ich Jack auch gesagt. Und dann war er weg, und wir beide haben nie über ihn geredet.«
Cam stieß Catherines Stuhl gewaltsam unter ihren Schreibtisch. Ein Stift fiel herunter und rollte unters Bett. Dafür würde Catherine mir später die Hölle heißmachen.
»Und die Telefonate?«
In meinem Schädel pochte es wie wild. Ich betastete die dicke Beule auf der Stirn. »Anna hat mir Angst gemacht. Ständig hat sie gesagt, ich sei eine Verräterin und gehörte nicht ins Programm. Trevor hat versprochen, auf mich aufzupassen, doch wenn er geahnt hätte, dass ich mit Jack Kontakt hatte, hätte er bestimmt kein Verständnis gehabt.«
»Wenn du nichts Verbotenes getan hast, hättest du doch keine Angst haben brauchen«, sagte Cam.
Halt suchend klammerte ich mich am Nachttisch fest. »Ich wollte dich nicht in eine Lage bringen, in der du dich zwischen Anna und mir hättest entscheiden müssen.«
»Weil du gefürchtet hast, ich könnte mich auf ihre Seite stellen? Dich aus dem Programm kicken?« Verletzt sah er mich an. »Dancia, ich bin vergangenes Jahr fast selbst aus dem Programm geflogen, weil ich dir unbedingt die Wahrheit sagen wollte. Du solltest meine Gefühle für dich mittlerweile besser kennen.«
»Tu ich ja auch, aber Anna…«
»Vergiss es.« Er machte eine abwehrende Handbewegung. »Um Anna geht es hier gar nicht. Es geht darum, dass du mir nicht vertraust, während ich keine Sekunde an dir gezweifelt habe.«
»Das stimmt nicht. Du hast auch immer wieder Sachen vor mir geheim gehalten.«
»In ein paar Sachen durfte ich dich nicht einweihen, aber am Ende hast du es ja doch jedes Mal herausgefunden«, entgegnete er.
»Alles? Du hast mir alles über die Irin gesagt?«
Er presste die Zähne entschlossen aufeinander. »Diese Sache ist größer als wir beide. Ich kann dir nicht alles erzählen.«
»Das meine ich ja gerade: Wenn es ums Programm geht, weiß ich nie, ob du mir die Wahrheit sagst.«
»Aber das ist nicht meine Entscheidung. Das entscheiden andere.«
»Und du machst immer, was man dir sagt?«
»Natürlich nicht«, sagte er abschätzig.
»Sicher? Und wenn sie nun behaupteten, ich sei schlecht?«, würgte ich hervor. »Würdest du ihnen glauben? Würdest du mir dann immer noch vertrauen?«
Er verschränkte erneut die Arme vor der Brust. »Als du mir gesagt hast, ich soll Jack laufen lassen, habe ich es getan. Als du mich nach den Irin gefragt hast, habe ich dir gesagt, was ich weiß. Das habe ich alles nur für dich getan, Dancia. Gegen den ausdrücklichen Wunsch der Wächter.«
»Moment mal.« Ich hob die Hand. »Du hast Jack doch nicht meinetwegen laufen lassen. Du hast es getan, weil es das Richtige war.«
»Nein, war es nicht«, sagte er. »Das hat der heutige Tag ja wohl zweifelsfrei bewiesen.«
Ich schloss die Augen. »Bewiesen ist wohl nur, dass Jack sich mir in keiner Weise mehr verbunden fühlt. Wenn ich für die Irin arbeiten würde, hätten sie ja wohl kaum versucht, auch mich heute umzubringen.«
»Ich habe nie behauptet, dass du mit ihnen zusammenarbeitest«, sagte er. »Aber was macht das schon? Jack hat ja wohl kaum das Sagen in der Gruppe. Heute haben sie ihre Mätzchen etwas weiter getrieben als sonst. Würde mich nicht wundern, wenn Gregori selbst seine Finger mit im Spiel gehabt hätte.«
Meine Knie drohten nachzugeben, deshalb wankte ich zum Schreibtisch und setzte ich mich auf eine Ecke, stützte mich mit den Händen auf den Knien ab und wiegte mich ein wenig vor und zurück, bis die Übelkeit wieder verflogen war. Unter meinen
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