NIGHT SHOW - Thriller (German Edition)
gleichzeitig um Bill kümmern. So siehst du den gesamten Vorgang von A bis Z.«
Sie führten Anthony zu einem Stuhl mit gerader Rückenlehne und forderten ihn auf, sich hinzusetzen.
»Möchtest du aussehen, als ob du gerade brüllst?«
»Das wäre super.«
»Alles klar. Dann machen wir es mit geöffnetem Mund und aufgesperrten Augen.«
Jack schaltete eine Schwanenhalslampe ein und neigte sie so, dass sie Anthony mitten ins Gesicht leuchtete.
»Du trägst keine Kontaktlinsen, oder?«
»Nein.«
»Holst du die Augentropfen und die Linsen, Jack?« Während er zur Werkbank ging, erläuterte Dani den Vorgang. »Zuerst bedecken wir deinen Kopf vollständig mit Alginat. Leidest du unter Platzangst?«
»Nein.«
»Gut. Alginat braucht zum Trocknen nur etwa drei Minuten. Es ist zwar kalt und ungemütlich, aber das geht schnell vorbei. Wir tropfen dir die Augen ein, um sie zu betäuben, und setzen dir Sklerallinsen ein, um deine Pupillen zu schützen. In Ordnung?«
»Klar«, antwortete er, aber er lächelte nicht länger.
Einen Moment lang vergaß Dani all den Ärger, den der Junge verursacht hatte. Er war nur ein nervöses und verwundbares Kind, das sich redlich mühte, tapfer zu sein. Sie drückte sanft gegen seine Schulter. »Keine Sorge, es tut nicht weh.«
Anthony schaute zu ihr auf.
Er wirkte nicht länger besorgt.
Stattdessen war ein bewundernder Ausdruck auf sein Gesicht getreten.
Dani ließ die Hand sinken. Sie wollte einen Schritt zurücktreten, doch Anthonys Blick hielt sie wie eine Umarmung fest umschlungen.
Was habe ich nur getan?, schoss es ihr durch den Kopf. Mein Gott, was habe ich getan?
»Hier«, sagte Jack.
Seine Gegenwart überraschte sie förmlich. »Danke«, gab sie zurück und fühlte sich, als wäre sie jäh aus einer Trance erwacht. »Bist du bereit, Anthony?«
»Ich bin bereit.«
»Tropf du ihm das Zeug in die Augen, Jack. Ich hole das Alginat.«
Den restlichen Vormittag konnte sie die Wandlung in Anthony spüren. Die kurze, mitfühlende Berührung hatte ihn verändert. Er tat, als sei er ausgesprochen interessiert an jedem Detail ihrer Arbeit, allerdings musterte er Danis Gesicht weitaus aufmerksamer, als er die notwendigen Schritte beobachtete. Wie hypnotisiert starrte er sie an. Die verbitterte Schärfe war aus seinem Tonfall verschwunden. Er stand immer dicht neben ihr und streifte manchmal wie unabsichtlich ihren Arm.
Als sie Make-up auf die fertigen Köpfe auftrugen, fragte Anthony, ob er die Toilette benutzen könnte.
Dani erklärte ihm, wo sie war, und er trottete von dannen.
»Soll ich ihm folgen und ihn im Auge behalten?«, fragte Jack.
»Das kannst du nicht machen.«
»Er könnte herumschnüffeln.«
»Dazu hatte er neulich schon reichlich Gelegenheit.«
»Neulich war er noch nicht so verknallt in dich.«
»Verknallt?«
»Ja. Der Bursche ist dir offensichtlich mit Haut und Haar verfallen. Und daraus kann ich ihm nicht mal ’nen Vorwurf machen. Das geht schnell, wenn so eine Klassefrau vor einem steht.«
»Danke.«
»Trotzdem gefällt mir die Vorstellung nicht.«
»Mir auch nicht.«
»Was machen wir?«
»Keine Ahnung«, entgegnete Dani. »Das ist eine Komplikation, mit der ich nicht gerechnet hatte. Einerseits will ich ihn auf keinen Fall ermutigen, andererseits will ich ihm auch keine knallharte Abfuhr erteilen.«
»Drücken wir ihm einfach seinen Schädel in die Hand und schicken ihn nach Hause.«
»Damit wird es nicht getan sein. So wie er das sieht, ist das heute erst der Anfang. Ich denke, es wäre besser, wenn wir mitspielen und ihn einladen, noch einmal herzukommen, aber erst nächsten Samstag.«
»Ich vermute, dass er darüber nicht sonderlich erfreut sein wird.«
»Wir erklären ihm einfach, dass wir unter der Woche zu beschäftigt sind, und wenn er uns vor Samstag belästigt, ist die Sache gelaufen.«
»Willst du diese Treffen am Samstag zu einer festen Institution machen?«
»Wir können ihm nicht einfach sagen, dass er sich verpissen soll. Dann wären wir wieder dort, wo wir angefangen haben.«
»Als wir angefangen haben, wollte er lediglich etwas über Spezialeffekte wissen. Jetzt glaube ich, er will dich. Es wird nur schlimmer, wenn wir ihn hinhalten.«
»Als Nächstes will er noch dich.« Dani grinste. Jack jedoch nicht.
»Das siehst du völlig falsch. Er will ich sein. «
Dani spürte ein kaltes Ziehen im Bauch. »Musstest du das jetzt sagen?«
»Wäre gar nicht notwendig gewesen. Du wusstest es längst.«
Die Tür zur Küche
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