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Nightshifted

Nightshifted

Titel: Nightshifted Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cassie Alexander
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voller Wucht daran.
    Das Rohr zerbröselte mir zwischen den Fingern.
Rostflocken regneten auf mich herab, und aus dem oberen Ende quoll irgendeine
stinkende, eiterartige Flüssigkeit. Sobald Anna das lose Ende entdeckte, lief
sie hin, zog ihre Kette darüber und rannte mit Höchstgeschwindigkeit los. Sie
sprang über den glühenden Leichnam des ersten Vampirs hinweg und verschwand in
der Nacht.
    Galt das jetzt als gerettet? Hatte ich sie befreit
oder eher entfesselt? In meiner Tasche sammelte sich warm und schwer mein Blut.
Mühsam zog ich mein Handy aus der Tasche, drückte auf Wahlwiederholung und rief
mir ein Taxi.
    Â 
    Ich wurde vom selben
Taxifahrer wieder eingesammelt, obwohl er doch das Gegenteil angekündigt hatte.
Schon komisch, was für eine Wirkung Bargeld auf die Leute hat.
    Â»Ich hatte die Wahl: entweder Sie oder ein
Krankenwagen«, erklärte ich ihm, als ich einstieg. Ich glaubte nicht, dass er
das Blut sehen konnte, immerhin war es dunkel und mein Mantel war schwarz, aber
ich hätte mein gesamtes restliches Geld darauf verwettet, dass er es roch.
    Â»Genau wegen solcher Scheiße fahren wir sonst nicht
in diese Gegend«, erwiderte er und schoss dann los Richtung Innenstadt. Ich
ließ mich gegen das Beifahrerfenster sinken.
    Â»Bringen Sie mich ins County.«
    Â»Was?« Er warf mir einen überraschten Seitenblick zu.
»Ich bringe Sie besser ins Providence General.«
    Â»Nein, bringen Sie mich in mein Krankenhaus.«
    Â»Das County ist ein Rattenloch«, protestierte er. Ich
hatte keine Kraft mehr, um mich mit ihm zu streiten, außerdem hatte er ja
recht.
    Als Nächstes rief ich meinen Bruder Jake an. Er ging
nach dem dritten Klingeln dran.
    Â»Ich wusste, dass du wieder zur Vernunft kommen
würdest, Sissy …«
    Â»Du musst zu mir ins County kommen, Jake.«
    Es folgte eine Pause. Ich konnte regelrecht hören,
wie er sich Ausreden ausdachte. »Es ist schon ziemlich spät.« Was eigentlich
heißen sollte, dass er sein Bett im Obdachlosenasyl verlieren würde, wenn er
jetzt ging.
    Â»Du kannst für ein paar Tage bei mir schlafen.« Ich
bewegte prüfend meine blutende Hand – dumme Idee. Schmerz schoss durch meinen
Arm, und ich zischte hörbar ins Telefon. »Ich brauche jemanden, der auf Minnie
aufpasst. Nimm dir ein Taxi, jetzt sofort, ich zahle.«
    Â»Sicher?« Er klang besorgt, was völlig untypisch für
ihn war.
    Â»Ja. Aber beeil dich, okay?«
    Er hatte schon aufgelegt.
    Während das Taxi quasi durch die Straßen flog,
kämpfte ich darum, nicht das Bewusstsein zu verlieren. Wir fuhren an der Providence-Ausfahrt
vorbei, auf einen anderen Freeway, dann näherten wir uns den besseren
Stadtvierteln. Aber mein Fahrer blieb auf Kurs und fuhr weiter Richtung Süden,
bis vor dem Fenster ein blaues Krankenhausschild aufleuchtete und die
Scheinwerfer des Taxis den silbernen Abbiegepfeil in eine Art leuchtenden
Befehl verwandelten.
    Er hielt vor der Notaufnahme, kam dann um den Wagen
herum und hielt mir die Tür auf. »Bin froh, dass Sie es geschafft haben,
Kleine.«
    Â»Ich auch.« Ich stieg schwankend aus und stellte mich
in der Kälte an den Bordstein. Dann bezahlte ich ihn, und er verschwand.
    Allein die Tatsache, dass ich bereits stand, hielt
mich aufrecht. Sogar um diese Zeit waren hier draußen noch andere Leute
unterwegs, zum Beispiel warm eingepackte Raucher, die sich an ihren
Infusionsständern festhielten, oder Securityleute, die das Gelände abgingen. Im
Lichtkegel der Notaufnahme, der sich wie ein Regenschirm über mir aufspannte,
war ich sicher – sicher vor allem, außer meiner eigenen Dummheit. Inzwischen
spürte ich die Kälte in meiner Hand, und ich wusste nicht, ob sie von außen
oder innen kam. Die narkotisierende Wirkung der Vampirspucke ließ definitiv
nach. Ich starrte zum ungewöhnlich klaren Himmel hinauf und beobachtete den
vollen Mond über mir, als es plötzlich zweimal hupte.
    Â»Sissy!«, brüllte Jake, der sich aus dem Fenster
eines Taxis lehnte.
    Ich ging zu ihm rüber, während er ausstieg. Seine
Pupillen waren erweitert und als er gestikulierte, bemerkte ich, dass seine Hände
krampfartig zuckten. Jake der Unzuverlässige als mein Retter. Normalerweise
hätte ich ihm Vorhaltungen gemacht, aber so wie es aussah, hatten wir beide in
letzter Zeit nicht gerade kluge Entscheidungen getroffen. Und eigentlich war
die

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