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Nightshifted

Nightshifted

Titel: Nightshifted Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cassie Alexander
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ich das Plastikgehäuse des CD -Players streichelte,
und konzentrierte mich hauptsächlich darauf, nichts zu sagen.
    Â»Wir sind zusammen in die Neue Welt gekommen, mein
Bruder, mein Onkel und ich. Und dann wurde ich von ihnen getrennt«, begann sie
zu erzählen, als ich schon fürchtete, meine Willenskraft würde mich im Stich
lassen. Sie legte sich die Uhr wieder auf den Schoß und begann dann, das kleine
Foto mit ihren kurzen Nägeln zu bearbeiten. Ich konnte nicht sehen, was sie da
tat, aber ich konnte es hören.
    Â»Mit dem Schiff?«, fragte ich, weil ich an meinen
Traum denken musste.
    Â»Wie denn sonst?« Sie sah mich kurz abfällig an,
kehrte dann aber wieder zu ihrer Hauptbeschäftigung zurück. »Ich war damals
noch jung.«
    Während sie sich so konzentrierte, sah sie kurz aus,
als wäre sie wirklich erst neun, schwer lädiert und zerbrechlich. Sie starrte
blicklos vor sich hin, doch ihre Finger waren mit dem Foto beschäftigt, das
offenbar einige Erinnerungen in ihr aufgewirbelt hatte.
    Â»Er hat versucht, dich zu finden, weißt du?«,
erklärte ich ihr, weil es mir wichtig erschien.
    Â»Hat er dir das gesagt?«, fragte sie. Ihre Hände
erstarrten.
    Â»In gewisser Weise.« Ich hockte mich im Schneidersitz
vor ihr auf den Boden und zog den CD -Player auf meinen Schoß. Sein gelbes Lämpchen
beleuchtete uns beide. »Würdest du gerne die ganze Geschichte hören?«
    Sie nickte sehr, sehr langsam. Also begann ich zu erzählen.

Kapitel 26
    Â 
    Wer nicht gut
Geschichten erzählen kann, wird auch keine gute Krankenschwester. Zwischen dem,
was einem Patienten gestern geschehen ist, und dem, was morgen mit ihm
passieren muss, besteht ein Zusammenhang, den niemand versteht, der kein Geschichtenerzähler
ist. Bis jetzt hatte ich mich noch nicht entschieden, was genau ich Anna sagen
würde, aber ich wusste genug, um mit dem anzufangen, was sie wissen musste.
    Â»Er war sehr alt und sehr krank. Man fand ihn
bewusstlos auf der Straße, mit zwei Phiolen voll Weihwasser in den Taschen. Wir
haben uns so gut es ging um ihn gekümmert, aber er wollte unbedingt wieder
raus, um nach dir zu suchen. Als ich ihm etwas zum Schreiben gegeben habe, hat
er mir deinen Namen aufgeschrieben, damit ich den Job zu Ende bringen konnte.«
    Sie nickte, ihr Blick war jetzt wissbegierig.
    Â»Und dann hat er sich den Beatmungsschlauch
rausgezogen.« Der Moment der Wahrheit war gekommen. »Es ist passiert … ich habe
einen Moment nicht aufgepasst. Die Beatmungsmaschine war das Einzige, was ihn
noch am Leben erhalten hat.« Mein Körper verkrampfte sich.
    Anna starrte mich unverwandt an, und ihre Augen
verengten sich zu schmalen Schlitzen. »Du hast ihn getötet.«
    Â»Ja.« Hätte ich noch irgendetwas hinzugefügt, hätte
es nach Ausrede geklungen, wo es doch eigentlich gar keine gab. Was den Tod des
zweiten Vampirs anging, gab es mildernde Umstände – unter anderem Anna selbst
–, aber bei Mr. November … sein Blut klebte eindeutig an meinen Händen.
    Sie presste die Lippen zu einer dünnen Linie zusammen,
und zwischen uns breitete sich Schweigen aus. Vielleicht bereute sie gerade ihr
Versprechen, mir nichts anzutun. »Durch Schreiben alleine kann man keinen
Befehlszwang auferlegen«, sagte sie schließlich. »Außerdem war er ein Diener,
kein Zver.«
    Â»Ich habe keine Ahnung, was ein Zver ist.«
    Â»Bete, dass du es nie herausfinden mögest.«
    Ich wartete auf weitere Erklärungen. Als nichts kam,
fuhr ich fort: »Ich glaube nicht, dass ich einem Zwang unterlag. Ich wollte
einfach nur seine Uhr an jemanden übergeben, der ihn gekannt hatte. Und
demjenigen sagen, wie leid es mir tat, was passiert war. Als ich dann zu dieser
Adresse gegangen bin«, ich streckte die Hand aus und drehte das Foto um, ohne
sie zu berühren, »habe ich deine Akte gesehen. Da wusste ich, was ich zu tun
hatte.«
    Â»Meine … Akte gesehen?«
    Â»Bilder«, sagte ich knapp, beließ es aber bei dieser
Erklärung.
    Sie wich instinktiv zurück, bekam sich dann aber so
schnell wieder unter Kontrolle, dass ich es fast für eine optische Täuschung
gehalten hätte. »Wusste er es?«, fragte sie. »Aber natürlich … Mein Onkel war
immer loyal. Er muss es versucht haben.« Sie strich wieder über das Foto. »Ich
frage mich, ob seine Hilflosigkeit an ihm gezehrt hat, so wie

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