Nightside 9 - Wieder einmal Weltenbrand
auf den Tischen und lächelte kurz. „Ich liebe es, Publikum zu haben. Eine meiner Schwächen, wie ich zugeben muss, dieser Zwang, mich selbst zu erklären und zu rechtfertigen … doch ich denke, ich habe lange genug schwadroniert. Gehe ich recht in der Annahme, dass Joan Taylor und Stephen Shooter uns keine Gesellschaft mehr leisten werden?“
„Nein“, sagte Suzie. „Sie ruhen in kleinen Fetzen.“
Der Baron zuckte die Achseln. „Auch egal. Ich habe noch immer meine Schwestern.“
Er schnippte mit den Fingern und eine ganze Armee Bambuskrankenschwestern trat aus den blanken Steinwänden. Sie erschienen plötzlich aus dem Nichts und stellten sich zwischen den Baron und uns. Sie brandeten heran und steckten ihre Bambusarme nach Suzie und mir aus, doch diesmal war ich vorbereitet. Ich hatte auf sie gewartet. Ich fischte ein Salamanderei aus der Manteltasche, zerquetschte es in der Hand und warf es in ihre Mitte. Das Ei ging in Flammen auf und Dutzende Krankenschwestern fingen unmittelbar Feuer. Gelbe Flammen schossen empor und sprangen von Krankenschwester zu Krankenschwester, als die Bambusfiguren vor- und zurückwankten und das Feuer mit ihren rudernden Armen immer weiter verbreiteten. In wenigen Augenblicken war der Keller voller zuckender, brennender Gestalten, und ein höllisches Licht tanzte über die nackten Steinwände. Suzie und ich zogen uns zur Tür zurück, um wenn notwendig entkommen zu können. Der Baron jedoch stand mit dem Rücken zur Wand auf der gegenüberliegenden Seite des Raumes gefangen. Er sah hilflos zu, wie die Schwestern in seine aufgebockten Tische krachten, sie umwarfen und ebenfalls in Brand steckten. Am Ende hatte er gar keine andere Wahl als das Machtwort zu brüllen, das sie alle lahmlegte. Die Gestalten stürzten immer noch brennend zu Boden. Das Knistern von Flammen durchdrang die Stille.
Suzie und ich marschierten erneut in den Keller, wobei wir darauf achteten, nicht auf die rußigen Bambusfiguren zu treten. Der Baron beobachtete mich nachdenklich. Er sah nicht einmal ansatzweise so bestürzt drein, wie ich es erwartet hätte. Er machte ganz den Eindruck eines Mannes, der noch immer ein Ass im Ärmel hatte.
„Warten Sie“, sagte er. „Ich bin sicher, wir können die ganze Angelegenheit vernünftig klären.“
„Ich bin ziemlich sicher, dass wir das nicht können“, zischte Suzie.
„Sie müssen einfach meine letzte Schöpfung kennenlernen“, brüllte der Baron. „Sehen Sie das Ergebnis meiner Arbeit. Geschöpf, erhebe dich! Zeige dich!“
In der Dunkelheit, in den verbergenden Schatten einer Ecke, regte sich etwas und stand auf. Es hatte die ganze Zeit über still auf einem Sessel gesessen, so unmenschlich reglos, dass wir es überhaupt nicht bemerkt hatten. Suzie beeilte sich, in eine Position zu kommen, in der sie die Gestalt mit ihrer Schrotflinte in Schach halten konnte, während sie langsam ins Licht trat. Sie war schön. Groß und perfekt, vollständig nackt, überragte sie uns alle wohl um ein bis zwei Köpfe. Sie wies perfekte Proportionen auf, und dank der modernen Chirurgie waren nirgends Narben oder Nähte sichtbar. Sie hatte starke, androgyne Züge und bewegte sich mit einer erhabenen, perfekten Eleganz.
Ich hasste sie auf den ersten Blick. Es war irgendetwas … völlig falsch an ihr. Vielleicht, weil sie sich einfach nicht wie ein menschliches Wesen bewegte, vielleicht, weil ihr Gesicht nicht die geringste Spur menschlicher Gedanken oder menschlicher Gefühle zeigte. Als ich die Kreatur ansah, hatte ich dasselbe Gefühl wie damals. als ich mich einmal vor einer Spinne erschreckt hatte. Ein instinktives Verlangen, auf etwas einzuschlagen, zu dem ich keinerlei Verbindung aufbauen konnte.
„Ist sie nicht wunderbar? “ , fragte der der Baron von Frankenstein, der nun vortrat, um eine seiner großen und besitzergreifenden Hände auf die bloße Schulter der Kreatur zu legen. „Natürlich ein Hermaphrodit. Er heilt sich selbst, befruchtet sich selbst, ist potentiell unsterblich.“
Ich sah keine Brüste oder Genitalien, dennoch glaubte ich ihm. „Wessen Hirn haben Sie benutzt?“, fragte ich.
„Mein eigenes“, entgegnete der Baron. „Oder zumindest meine Erinnerungen, die ich in ein Gehirn hochgeladen habe, in dem zuvor alle eigenen Muster gelöscht wurden. Computer machen so einen großen Unterschied bei meiner Arbeit. Sehen Sie, Mr. Taylor? Selbst wenn Sie mich töten, wird meine Arbeit fortbestehen. Ich werde in jeder Hinsicht, die eine
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