Nightside 9 - Wieder einmal Weltenbrand
Suzie.“
„Am besten reden Sie jetzt nicht weiter“, unterbrach ich ihn, und als ich ihn ansah, schwieg er sofort.
Ich weiß nicht, welche Wendung dieses Gespräch genommen hätte, wenn sich nicht König Haut plötzlich aus heiterem Himmel direkt vor uns materialisiert hätte. Chandra und ich taumelten überrascht zurück, als König Haut hysterisch kichernd zwischen den Leichenbergen herumhüpfte und -turnte. Er sah sehr selbstzufrieden aus. Er blieb abrupt stehen und sah über seine Schulter zu mir und Chandra.
„Ich war die ganze Zeit über hier“, sagte er mit manischer, rauchiger Stimme. „Verborgen durch meine Macht und mein Wesen habe ich alles beobachtet und gehört. Kenne deinen Feind! Er hört sich wirklich verdammt gerne reden, dieser Wanderer, und sagt dabei viel mehr, als ihm eigentlich bewusst ist. Er hat eine Schwäche, eine sehr alte, und das ist Stolz. Er kann nicht zugeben, jemals Unrecht zu haben … vernichte seinen Glauben an die Rechtschaffenheit seines Tuns, und sei es nur für einen Moment, und er wird zerbröckeln … oh ja!“ Er stand plötzlich wieder direkt vor mir, umgeben von all seinem schleimigen Glamour, und lachte mir ins Gesicht. „Durch das, was ich einmal war und was ich jetzt bin, sehe ich die Welt klar. Ich sehe die Nightside, wie sie ist, und nicht, wie sie die Leute auf beiden Seiten gerne hätten … das ist der Grund, warum Julien Advent darauf bestand, dass ich Teil seiner kostbaren neuen Autoritäten werde. Weil ich immer sehen werde, was getan werden muss, und den besten Weg, eben dies zu tun, wie erschütternd das auch sein mag.“
Damit war er auch schon wieder verschwunden. Zumindest nahm ich das an. Bei König Haut konnte man nie so sicher sein.
Ich dachte an Adrien Saint, den derzeitigen Wanderer, der sich seiner Berufung so sicher war. Konnte er tatsächlich die Nightside stürzen? Sicher nicht, indem er die bösen Buben einen nach dem anderen abknallte … dafür hätte er Jahre, wenn nicht Jahrhunderte gebraucht. Vielleicht etwas … Apokalyptischeres? War er vielleicht für die düstere Zukunft verantwortlich, die ich in einer Zeitanomalie gesehen hatte? In der die Welt tot und selbst die Sterne erloschen waren? War er der wahre Grund dafür, nicht ich? War das der Grund, warum die neuen Autoritäten meine Feinde in dieser furchtbaren Zukunft waren?
Ich musste den Wanderer aufhalten. Aus unzähligen Gründen. Aber wie stoppte man den Willen und den Zorn Gottes?
Ich kam nicht umhin, ein paar Nachforschungen anzustellen.
6
Das Einzige was schlimmer ist, als Gott Fragen zu stellen
Wir steckten den Knabenclub in Brand, ehe wir gingen. Es schien das mindeste zu sein, was wir tun konnten.
***
Dann standen Chandra Singh und ich draußen auf der Straße und sahen zu, wie das Gebäude brannte, und ich muss sagen, es war wirklich ein nettes Feuerchen. Schnell versammelte sich um uns eine Menschenmenge, um das Spektakel zu genießen. In der Nightside lieben wir Gratisunterhaltung. Bald tauchte ein Straßenhändler auf, um den Menschenauflauf mit kleinen Imbissen auf Spießchen zu versorgen, und in kürzester Zeit brieten und brutzelten wir diverseste Sachen in den Flammen des brennenden Clubs. Es gibt nichts Besseres als ein gutes Schweins-, Rinds- oder Was-auch-immer-Würstchen, das man selbst im Feuer gegrillt hat. Chandra lehnte höflich ab, bei der ganzen Angelegenheit mitzumachen, und sah sich unsicher um.
„Sollte nicht längst die Feuerwehr hier sein?“
„Haben wir nicht in der Nightside“, sagte ich heiter. „ Die umliegenden Clubs besitzen alle ihre eigenen Feuerschutzzauber, also wird sich der Brand nicht ausbreiten, und in einer Gegend mit sauteuren Immobilien wie dieser ist auch Wiederaufbaumagie Standard. Ich wette, morgen zur selben Zeit wird hier bereits ein brandneuer Club stehen. Minus der schweren Jungs und ihrer Speichellecker selbstverständlich.“
„Was ist mit dem im Foyer?“, fragte Chandra, der offensichtlich fest entschlossen war, sich über irgendetwas zu mokieren. „Sollten wir nicht längst auf seiner Fährte sein, ehe er abermals ein Massaker anrichtet?“
„Falls er etwas direkt Bevorstehendes geplant hätte, hätte er es uns gesagt“, nuschelte ich, den Mund voll Würstchen. „Der Mann fährt voll auf Zuschauer ab. Wir werden ein paar Nachforschungen anstellen. Ich muss mit einigen christlichen Schwergewichten reden, mit jemandem, der uns detailliertere Informationen liefern kann. Das Problem ist nur, dass
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