Nightside 9 - Wieder einmal Weltenbrand
Hölle fahren lassen. Ich habe sie dorthin geschickt, wo man sie richten wird.“
„Wer sind Sie, sich dieses Recht anzumaßen?“, fragte Chandra Singh.
Der Wanderer lächelte; zum ersten Mal war es ein einfaches, menschliches Lächeln. „Es war höchste Zeit, dass endlich jemand fragt. Also gut, nur für euch; der geheime Ursprung des Wanderers. Mein Name ist oder besser war Adrien Saint. Niemand Besonderes. Nur ein Mann mit Beruf, Frau und zwei kleinen Kindern. Ein totaler Durchschnittstyp, könnte man sagen. Keine besondere Strebsamkeit. Alles, was ich wollte, war, mein Leben zu leben und auf meine Familie aufzupassen.
Ein minderjähriger Freizeitautodieb hat meine Frau und meine beiden Kinder in einem gestohlenen Auto frontal erwischt, als er bei viel zu hohem Tempo in einer Kurve die Kontrolle verlor. Hat meine Frau in zwei Teile gerissen und meine Kinder noch achthundert Meter mitgeschleift, bis das Auto endlich anhielt. Er ist dann mit seinen Freunden davongelaufen. Die Polizei konnte keinen einzigen identifizieren.
Ich habe überlebt. Man kann es nicht wirklich Leben nennen, aber ich habe überlebt. Habe meine Arbeit verloren, mein Haus, mein Geld … und dann hat einer der wenigen Freunde, die ich nicht verprellt hatte, einen Platz für mich in einem Kloster organisiert, irgendwo auf dem Land. Einem Ort der Stille und Andacht, wo man sich vor der Welt, die man nicht mehr ertragen kann, versteckt. Ich habe eine Art Frieden dort gefunden, wenn auch keinen Trost, und dann, eines Tages, als ich mithalf, die Bibliothek zu katalogisieren, fiel mir ein uraltes Buch in die Hände, das mir von einem Handel berichtete, den ein Mensch mit Gott abschließen kann. Um sein zu werden, ein Wanderer, um die Schuldigen zu strafen.
Ich habe diesen Handel geschlossen. Habe keine Sekunde gezögert. Ich bin als völlig anderer in die Welt zurückgekehrt, und Gottes Wille und Zorn brannten in mir. Mit Gottes Hilfe habe ich den Jüngling gefunden, der damals das Auto gestohlen hatte. Saß auf dem Sofa und sah fern, als sei nichts passiert. Ich habe ihn mit meinen bloßen Händen zu Tode geprügelt und seine Schreie trösteten mich. Ich habe bei seinen Freunden vorbeigesehen und sie ebenfalls alle getötet. Es gibt einen feinen Unterschied zwischen Gerechtigkeit und Rache, aber so lange Crash Kids dabei starben, war es mir egal, und dann … habe ich begonnen, durch die Welt zu reisen und sie so zu sehen, wie sie wirklich war. Ich habe sie der Länge und der Breite nach durchwandert und Gerechtigkeit walten lassen. Bis ich endlich bereit war, in die Nightside zu gehen, um den Zorn Gottes über die sündhaftesten Menschen der Erde zu bringen.“
„Kein Wunder, dass du die ganze Zeit lächelst“, meinte ich. „Für dich ging es niemals um Gerechtigkeit. Es war immer nur Rache. Jedes Mal, wenn du abdrückst, tötest du einen Autodieb, immer und immer wieder.“
Der Wanderer lächelte flüchtig. „Glaubst du, ich wüsste das nicht? Ich bin besessen, nicht verrückt.“
„Bist du sicher?“, wollte ich wissen.
Er lachte wirklich. „Nun ja, ich höre Stimmen, die mir auftragen, Leute im Namen Gottes zu töten. Ich denke, es besteht die Möglichkeit, dass ich total irre bin; aber ich glaube das nicht. Nicht, solange ich für all das Böse in der Welt unberührbar bin.“
„Was hat Sie gerade jetzt in die Nightside geführt?“, fragte Chandra.
„Ich weiß, was ich wissen muss und wann ich es wissen muss. Als Gott sicher war, dass ich bereit war, hat er mir die geheimen Wege in die Nightside gezeigt.“
„Sprechen Sie oft mit Gott?“, fragte Chandra. Er klang ernsthaft interessiert. „Wie fühlt sich das an?“
„Tröstlich“, antwortete der Wanderer.
„Ich spreche oft mit meinem Gott“, sagte Chandra. „Er spricht zu mir durch Träume, Prophezeiungen und Omen, und er hat nie verlangt, dass ich in seinem Namen töte.“
„Du bringst Monster um“, sagte der Wanderer.
„Nur, wenn es unausweichlich ist, und dann auch nur, um die Unschuldigen zu schützen.“
„Ja!“, rief der Wanderer. „Genau! Ich strafe die Schuldigen, um die Unschuldigen zu rächen und zu schützen. Ich bringe Killer um, bevor sie erneut töten können. Das Gesetz kann diesen bösen Menschen vielleicht nichts anhaben, doch ich kann und ich tue es. Am besten, ihr stellt euch mich … wie einen Kämpfer des allerletzten Auswegs vor. Die letzte Person, an die man sich wenden kann, wenn einen die Welt im Stich gelassen hat. Was ich tue,
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