Nightside 9 - Wieder einmal Weltenbrand
Errungenschaften erlangen. Man kann hier Glück für sich gewinnen, seinen Feinden Pech an den Hals wünschen, verwandelt oder unsterblich werden und alles zwischendrin, wenn man den richtigen Handel mit der Entität seiner Wahl abschließt. Auch wenn der Preis fast immer die eigene Seele ist ... oder die von jemand anderem, und ich glaube nicht, dass du in einer Position bist, dich aufzuregen. Du hast selbst einen Handel abgeschlossen, oder? Um deine Menschlichkeit hinter dir zu lassen und der Wanderer zu werden.“
Er starrte mich böse an und der leichtfertige Humor war aus seinen Zügen verschwunden. Als er wieder zu sprechen anhob, war seine Stimme flach, ruhig und sehr gefährlich. „Dräng’ mich nicht, John Taylor, und wage es nicht, mich mit diesen verruchten Narren und Ketzern dieses korrupten und verderblichen Ortes zu vergleichen. Ich diene der wahren Macht, dem einzig wahren Gott.“
„Das sagen sie alle“, feixte ich, unwillig, mich einschüchtern zu lassen.
„Aber mein Gott hat mich stark genug gemacht, all ihre Götter zu vernichten“, sagte der Wanderer.
„Ist es das also, dem du dienst?“, fragte ich. „Ein Gott des Blutes und des Mordes?“
Er grinste plötzlich und ich musste erkennen, das ich seinen Glauben und seine Überzeugung nicht mal angekratzt hatte. „Ich bin der Zorn Gottes. Ich strafe die Schuldigen. Weil jemand es tun muss.“
Chandra Singh drängte sich zu mir durch und bebte förmlich vor Eifer, an diesem Wortgefecht teilzuhaben. Er dachte immer noch, wir redeten nur miteinander.
„Ich habe weder Interesse an diesem Ort noch Zuneigung für ihn, aber trotzdem hat jeder das Recht, anzubeten, wen oder was auch immer er will und wie er es will“, sagte er ernsthaft. „Es gibt so viele Wege zur Erleuchtung, und niemandem von uns steht es zu, diese zu beurteilen. Haben Sie vor, mich umzubringen, nur weil ich meinem Gott auf eine andere Weise diene als Sie Ihrem?“
„Ich weiß nicht“, gab der Wanderer mit atemberaubender Gleichgültigkeit zu. „Ich habe mich noch nicht entschieden.“
„Sie würden mich also ermorden?“, fragte Chandra Singh.
Der Wanderer zuckte die Achseln. „Nur wenn du mir in die Quere kommst. Du bist nicht schuldig. Nur fehlgeleitet. Wie auch immer, Zeit, wieder an die Arbeit zu gehen.“
Er zog beide Pistolen und eröffnete das Feuer auf den Tempel des unaussprechlichen Grauens. Die Menge verteilte sich, um ihm Raum zu lassen, und hielt die Köpfe schön unten. Ich blieb stehen und Chandra hielt neben mir die Stellung. Unter normalen Umständen hätte ich das Vernünftige getan und wäre mit dem Rest gerannt, als wäre der Leibhaftige hinter mir her, aber irgendwie konnte ich das nicht, solange mich Chandra begleitete. Häng niemals mit Helden ab, die bringen einen nur ins Grab. Die Pistolenkugeln hämmerten in die Fassade des Tempels, rissen saubere Löcher in die Mauer und explodierten in uralten Steinmetzarbeiten. Es lag eine Macht in diesen Pistolen und Kugeln, der der Tempel nichts entgegenzusetzen hatte.
Gezackte Risse zogen sich über die gesamte Vorderseite und dann barst die gesamte Mauer nach außen auseinander, als sich das unaussprechliche Grauen zum ersten Mal in Jahrhunderten zeigte, um nachzusehen, wer so laut an seine Tür klopfte. Dutzende ekelhafter Tentakel peitschten auf die Straße, etliche Meter lang und im Durchmesser dicker als ein gewöhnliches Auto. Hunderte gefährlicher Saugnäpfe voller sich drehender, messerartiger Zähne bildeten auf den Tentakeln dichte Reihen. Das Fleisch der Tentakel war von einem kränklichen, leprösen Grau, zu gleichen Teilen organisch wie metallisch, ein unglaublich bewegliches lebendiges Metall, das vor ätzendem Schleim troff. Immer mehr Tentakel brachen aus der zerbröckelnden Front des Tempels, als sich das unaussprechliche Grauen aus den Tiefen seiner nachtdunklen Kavernen tief unter der Straße der Götter erhob, fest entschlossen, sich bitter an demjenigen zu rächen, der es aus seinem Jahrhunderte währenden Schlummer gerissen hatte.
Die Tentakel peitschten hin und her und packten alles in Reichweite, um es zu Trümmern oder Matsch zu zerquetschen. Leute starben schreiend, als Tentakel schneller hinter ihnen her schossen, als sie laufen konnten. Sie schnappten Männer und Frauen und donnerten sie gegen den Asphalt oder die nächste Hauswand. Saugnäpfe voller rasiermesserscharfer Zähne fraßen sich gierig in nachgiebiges Fleisch, und Blut und andere Flüssigkeiten rannen
Weitere Kostenlose Bücher