Nightside 9 - Wieder einmal Weltenbrand
in Strömen die Straße hinab. Der Tempel war verschwunden. Das Einzige, was an seiner Stelle noch übrig war, war ein Nest aus zuckenden Tentakeln, die jeden in ihrer Reichweite ermordeten. Dann endlich erhob sich aus dem Herzen der Tentakel ein brennendes Auge mit drei Iriden und Pupillen, das ohne zu blinzeln auf den Tod und die Verwüstung, die es verursacht hatte, herabstarrte und sie für gut befand.
Wesen in allen Formen und Farben kamen aus ihren Kirchen und Tempeln gestürmt, um sich der neuesten Bedrohung auf der Straße der Götter entgegenzuwerfen, denn was auch immer eine Gefahr für die Sicherheit und die Geschäfte auf der Straße der Götter war, war eine Gefahr für sie alle. Der Wanderer mochte sie eingeschüchtert haben, doch dies war einer der Ihren, und niemand würde auf der Straße der Götter ernst genommen werden, wenn man sich so einfach vom erstbesten Nachbarn einschüchtern ließ. Also ergossen sich Götter, Ikonen und Avatare auf die Straße. Magie, Technik und fremde Energien fauchten und knisterten in der Luft. Tentakel zuckten und fingen Feuer, explodierten und platzten, und erstickender, giftiger Rauch erfüllte die Luft, als dickes, schwarzes Blut sich über den Asphalt ergoss. Aber es gab immer weitere Tentakel, um die vernichteten zu ersetzen. Fanatische Gläubige hetzten herbei und hieben, angetrieben von ihren Priestern, mit gesegneten Schwertern und Äxten auf die Tentakel ein, nur um mit Grauen festzustellen, wie das Metall ihrer Waffen an der unnachgiebigen, unirdischen Haut des unaussprechlichen Grauens zerbarsten.
Das Auge mit den drei Pupillen blickte auf Götter und Anhänger gleichermaßen herab und erachtete sie gleichermaßen als verabscheuungswürdig.
Die Tentakel quollen aus dem Tempel und wurden länger und dicker. Sie schnappten sich Götter und quetschten sie, bis ihre Köpfe explodierten, oder hämmerten sie gegen die Mauern ihrer eigenen Kirchen wie ein Kind, das in einem Wutanfall mit seinen eigenen Puppen um sich wirft. Sie peitschten herab auf ganze Glaubensgemeinschaften, zermalmten sie unter ihrem erdrückenden Gewicht, bis nichts mehr übrig war außer tiefrotem Matsch. Das Grauen erwachte aus seinem langen Schlaf und erinnerte sich an die Freuden von Tod und Vernichtung und den süßen Geschmack von Blut und Leid.
Chandra Singh schritt fest entschlossen nach vorn, sein langes Krummschwert gleißte fast unerträglich hell im Zwielicht der Straße. Einige der niederen Wesenheiten zuckten vor dem Licht sogar zurück und machten Chandra Platz, damit er ans Werk gehen konnte. Er hackte wild nach dem nächsten Tentakel, und die schimmernde Klinge sank tief in metallisches Fleisch. Dickflüssiges, schwarzes Blut spritzte zischend und fauchend zu Boden, doch auch wenn der Tentakel versuchte, nach Chandra zu greifen, so konnte er ihm doch nicht nahe kommen. Er umklammerte das Schwert mit beiden Händen, hob es hoch über den Kopf und ließ es in einem gewaltigen Schwung herabsausen, der den Tentakel sauber in zwei Teile spaltete. Das abgetrennte Ende zuckte schlabbernd auf der Straße und wand sich ziellos. Der Stumpf zog sich Blut spuckend zurück. Chandra folgte ihm, den Blick immer starr auf das Auge gerichtet.
In der Zwischenzeit hatte ich meine eigenen Probleme.
Ein Tentakel schoss stracks auf mich zu und zögerte dann für einen Augenblick, als erkenne es mich oder als komme ihm irgendetwas an mir vertraut vor. Was sowohl staunenswert als auch äußerst beunruhigend war. Der Tentakel krachte schwer vor mir auf den Boden, ringelte sich ein, als müsse er es sich zuerst überlegen, und schnellte dann plötzlich vor. Ich sprang aus dem Weg hinter eine äußerst praktische Steinsäule. Der Tentakel wand sich um die massive Säule und hebelte sie mit einem mächtigen Ruck aus den Angeln. Das Dach begann einzustürzen und ich musste wieder auf die Straße. Es gab keinen Ausweg mehr. Die Tentakel waren überall. Ich kramte auf der Suche nach irgendetwas Nützlichem tief in meinen Manteltaschen und fischte schließlich ein flaches, blaues Päckchen Salz hervor. Ich riss das Päckchen auf und schüttete Salz auf den Tentakel, ehe er mich erreichen konnte. Das metallische Fleisch verdorrte, wurde dunkel und fiel schließlich auseinander wie eine Schnecke, die man mit Salz bestreut.
Gehen Sie nie ohne Gewürze außer Haus!
Ich versuchte, meine Gabe hochzufahren, da ich hoffte, irgendeine tödliche Schwachstelle des Grauens ausfindig zu machen (vor allem jetzt,
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