Nightside 9 - Wieder einmal Weltenbrand
Aufmerksamkeit mir zuwandte. „Mr. Taylor. Was führt Sie her?“
„Sie wissen genau, warum ich hier bin“, sagte ich und gab mir alle Mühe, kalt und ungerührt zu klingen. „Es ist Ihr Geschäft, so etwas zu wissen. Ich bin wegen der sprechenden Pistole hier.“
„Aber ja, mein Herr“, sagte Mr. Usher ehrfürchtig. „Natürlich. Eine äußerst auffällige Waffe. Es heißt, sie sei älter als die Nightside. Mit Sicherheit älter als ich. Eine Pistole, die man fürchten und lobpreisen muss. Sie ist praktisch selbst eine Gottheit.“
„Ich habe sie vor kurzem zerstört“, sagte ich.
„Um Himmels Willen, mein Herr, ich denke nicht. Oh, Sie mögen ihrer Geschichte im Hier und Jetzt ein Ende gesetzt haben, aber die Pistole besteht an anderen Orten und zu anderen Zeiten fort. Sie wird immer irgendwo existieren. In irgendeiner vergangenen oder zukünftigen Zeitlinie.“
„Wie kann das sein?“, fragte Chandra mit gerunzelter Stirn.
„Weil sie begehrt wird“, entgegnete ich. „Weil talentierte Einzelpersonen mit mehr Ehrgeiz als Verstand sie immer suchen, jagen und besitzen werden. Wie der Sammler – Sie haben schon vom Sammler gehört, Chandra?“
„Ich bin ja kein Landei“, sagte Chandra würdevoll.
„Können Sie die sprechende Pistole entweder in der Vergangenheit oder einer möglichen Zeitlinie in der Zukunft ausfindig machen?“, wollte ich von Mr. Usher wissen und er bedachte mich mit einem höflichen, aber mitleidigen Lächeln.
„Aber selbstverständlich, mein Herr. Wo oder wann auch immer die sprechende Pistole zu finden sein mag, sie wird hier immer in einem Regal liegen. Ich bin in ständigem Kontakt mit jeder Waffe, die Menschen je gebaut oder erdacht haben. Ich habe sie alle hier, von Excalibur bis zum verabscheuungswürdigen Wort. Auch wenn sich von selbst versteht, dass man eine besondere Gabe oder einen Fluch besitzen muss, um Zugang zu diesen beiden Gegenständen zu haben. Ich kann jedem Kunden alles bieten, aber die Ware funktionstüchtig zu machen und zu bedienen, liegt nicht in unserer Hand.“ Er lächelte ein betrübtes Lächeln. „Ah, so viele Kunden, die mir untergekommen sind, hatten viel größere Augen als Mägen, wenn Sie mir folgen können, mein Herr.“
„Ich will die sprechende Pistole“, sagte ich. „Ich kann sie zum Funktionieren bringen.“
„Selbstverständlich, mein Herr.“
Er drehte sich um und begann, ohne Eile die endlose Halle voller Waffen entlangzuspazieren. Er überließ es uns, ihm zu folgen. Ich hielt mich eng an ihn. Man konnte sich an einem Ort wie diesem nur zu leicht verirren. Chandra sah sich mit großen Augen um, es schien fast, als hätten die endlosen Regale voller zahlloser Waffen eine hypnotische Wirkung auf ihn. Ich hörte auch, wie sie nach mir riefen. Singende Schwerter aus Legenden, Ringe der Macht, Feuerwaffen aus der Zukunft mit KI-Schnittstellen, Rüstungsteile, in denen immer noch ihre früheren Besitzer spukten, und sie alle baten und bettelten darum, endlich aufgehoben und benutzt zu werden.
„Wie Sie sehen“, näselte Mr. Usher, „habe ich alles auf Lager. Alles, angefangen von der ersten Keule, gefertigt aus dem Oberschenkelknochen irgendeines lang vergessenen Menschenaffen, bis hin zur Dunkelleere-Apparatur, die Tausende von Sternensystemen in einem einzigen Augenblick ausgelöscht hat. Ich kann Ihnen bieten, was auch immer Ihr Herz begehrt. Sie müssen nur fragen.“
„Ja, und den Preis bezahlen“, sagte ich.
„Natürlich, Mr. Taylor. Alles hat seinen Preis.“
Langsam begann ich, mir die ganze Sache noch einmal zu überlegen. Ich hatte keinerlei Zweifel, dass die sprechende Pistole den Wanderer aufhalten würde, aber … ich erinnerte mich nur zu gut daran, wie sie sich angefühlt hatte, was es mich gekostet hatte, sie auch nur kurz zu benutzen. Sie auch nur zu berühren, hinterließ einen dunklen Punkt auf der Seele. Man lud sich schier unwiderstehliche Versuchung auf die Schultern. Noch genauer erinnerte ich mich daran, wie es gewesen war, die sprechende Pistole mit dem verstümmelten Arm einer zukünftigen Inkarnation Suzie Shooters verschmolzen zu sehen, wofür meine zukünftigen Feinde verantwortlich waren. Sie hatten Suzie in der Zeit zurückgeschickt, um mich zu töten und damit die grauenvolle Welt, in der sie lebten, zu verhindern. Manchmal hätte ich Stein und Bein darauf geschworen, dass Ironie das Lebenselixier der Nightside war.
Ich hatte immer geglaubt, ich hätte meine Suzie vor diesem
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