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Nightside 9 - Wieder einmal Weltenbrand

Nightside 9 - Wieder einmal Weltenbrand

Titel: Nightside 9 - Wieder einmal Weltenbrand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon R. Green
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furchtbaren Schicksal bewahrt, indem ich die sprechende Pistole zerstört hatte. Würde es diese besondere Zukunft wieder möglich machen, wenn ich sie jetzt wieder in die Gegenwart holte?
    „Was ist der Preis“, fragte ich Mr. Usher abrupt. „Was wollen Sie für die sprechende Pistole?“
    „Oh, kein Preis für Sie, Mr. Taylor“, entgegnete er, ohne sich umzusehen. „Kein Preis für einen prominenten und bedeutenden Herrn wie Sie. Nein … nur ein Gefallen. Töten Sie den Wanderer. Mit seinen beschränkten, unflexiblen Moralvorstellungen ist er wirklich furchtbar schlecht fürs Geschäft. Auch wenn seine beiden wundervollen Revolver von diesem Ort stammen, wenn er nur wüsste …“
    Ich beschloss, diesen Gedanken nicht weiter zu verfolgen. Ich war verhältnismäßig sicher, dass ich es nicht wissen wollte. Aber trotzdem … den Wanderer ermorden? Ich musste ihn aufhalten, unbedingt, aber wer war ich, so einen wichtigen Handlanger Gottes von der Welt zu tilgen? Er brachte Leute um, die den Tod verdient hatte. Zumindest meistens. Im Hinblick auf die neuen Autoritäten hatte er unrecht, aber ich war immer noch überzeugt, ihn davon abbringen zu können, wenn ich ihn nur lange genug aufhalten konnte, damit er mir zuhörte, und selbst der Wanderer würde innehalten und aufmerksam zuhören, wenn die sprechende Pistole auf ihn gerichtet war. Aber wenn er nicht hören konnte oder wollte … dann würde ich ihn töten, wenn ich musste. Seine Sicht der Welt, der Nightside und der Menschheit … war viel zu begrenzt. Ich musste an das höhere Wohl denken.
    Ja, die Ironie war mir sehr wohl bewusst.
    Mr. Usher hielt plötzlich an und trat zur Seite, wobei er mit einer affektierten Bewegung auf eine bestimmte Stelle auf einem bestimmten Regal deutete. Ich erkannte den kleinen, schwarzen Waffenkoffer sofort. Ich sah ihn lange einfach an, während mein Atem schneller wurde und sich Schweißperlen auf meiner Stirn bildeten. Meine Fäuste ballten sich. Ich wusste, wie sich der Koffer anfühlen würde, wenn ich ihn aufhob – gespenstisch leicht und fremdartig und zerbrechlich, auch wenn nichts in der Welt ihn zerstören oder beschädigen konnten. Der Koffer war annähernd dreißig Zentimeter lang und gut zwanzig Zentimeter breit, die Oberfläche war von einem fremdartig matten Schwarz, eine so vollkommene Finsternis, dass es schien, als sauge sie das Licht förmlich auf.
    Als er sah, dass ich keine Anstalten machte, ihn zu berühren, nahm Mr. Usher den Koffer vom Regal und bot ihn mir an. Ihn zu halten, schien keinerlei Auswirkungen auf ihn zu haben. Ich beugte mich vor und tat, als begutachte ich die einzige sichtbare Markierung auf dem Koffer, ein großes S, das eine Krone umschloss. Das Zeichen des Sammlers, des einzigen Mannes, der jemals die sprechende Pistole besessen hatte, ohne sie zu benutzen. Denn für ihn bedeutete Besitz alles.
    „Öffnen Sie ihn“, forderte ich, und Mr. Usher grinste breit.
    Er hob den Deckel des Köfferchens und dort schmiegte sie sich in ein Bett aus schwarzem Stoff. Als Erstes traf mich der Geruch von tollwütigen, läufigen Hunden und Pferden, die schreiend ins Schlachthaus gezogen werden. Der Gestank vergossenen Blutes und Gedärms. Die sprechende Pistole sah genauso aus, wie ich mich erinnerte. Sie war aus Fleisch, Haut und Knochen, aus dunkel geädertem Knorpel und Hornsplittern. Dies alles hielten lange Streifen bleicher Haut zusammen. Knochenplatten bildeten den Griff. Sie waren von sommersprossiger Haut umgeben, die verschwitzt und krank aussah. Der Abzug war ein Eckzahn, und das rote Fleisch des Laufs glänzte feucht.
    Chandra kam näher, um die Waffe besser betrachten zu können, und ich sah deutlich seine Abscheu.
    „Das ist sie also?“, fragte er schließlich, und seine Stimme war gedämpft und ungewohnt ehrfürchtig.
    „Ja“, antwortete ich. „Die Pistole, die erschaffen wurde, um Engel von Oben und Unten zu ermorden.“
    „Wer würde so etwas wollen?“, fragte Chandra. „Wer hat sie in Auftrag gegeben?“
    „Ich glaube, das weiß niemand so genau“, sagte ich. Ich sah zu Mr. Usher hinüber, doch der hatte nichts hinzuzufügen. Ich sah zu der Pistole in ihrem Waffenköfferchen zurück. „Ich habe gehört, wie Merlin Satansbruts Name fiel, aber ihm schiebt man rein aus Prinzip die Schuld für so gut wie alles in die Schuhe. Dann gibt es da noch den Ingenieur, das heulende Ding … irgendwo auf der Pistole ist ein Name zu finden – der des ursprünglichen Herstellers.

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