Niklas Pettersson - Im Labyrinth der Finsternis (German Edition)
haben, gehe ich allein hinein, ihr wartet draußen. Wenn die Sonne
zweimal aufgegangen ist und ich bis dahin nicht wieder draußen bin, dann ruft Hera.“
Dichte, graue Wolken, aus denen dicke Schneeflocken fielen,
waren aufgezogen. Es war bitterkalt, und Niklas fror entsetzlich, er kroch
tiefer in seine Jacke hinein und zog sich die Kapuze fest über den Kopf. Seine
Füße fühlte er, trotz der warmen Fellschuhe, nicht mehr, die Nase war eiskalt. Er
zog den großen Jutebeutel über seine Schulter. Hätte er sich doch bloß nicht auf
dieses Abenteuer eingelassen. Wie schön wäre es jetzt, in der warmen Stube zu
Hause zu sitzen, heiße Milch zu trinken, und es sich gut gehen zu lassen. Je
mehr er darüber nachdachte, desto verdrossen und trauriger wurde er. Kein Vogel
war zu hören, auch alle anderen Tiere im Wald waren still, als hätten sich alle
Lebewesen vor der Kälte verkrochen. Würde er seinen Vater jemals wiedersehen?
Sie liefen weiter durch dunkle Täler mit riesigen Bäumen, deren Kronen bis in
den Himmel zu wachsen schienen. Niklas hoffte, dass dies der richtige Weg war. Hera
hatte den Kobolden beschrieben, wie sie zu gehen hatten. Sie schienen sich sehr
sicher zu sein, da sie Niklas an jeder Wegbiegung Anweisungen gaben, welche Richtung
er einzuschlagen hatte. Er wunderte sich, dass die Kobolde nicht froren, keiner
von ihnen verlor je ein Wort darüber, wie kalt es war. Dann fiel ihm ein, dass Hera
sie ja alle erschaffen hatte, eigentlich gab es sie also gar nicht. Sie
stapften weiter durch den kniehohen Schnee. Vor ihnen tat sich unvermutet eine
große Lichtung auf, es hatte aufgehört zu schneien. Die Wolken verzogen sich
rasch, erste Sonnenstrahlen durchbrachen sie. Um diese Jahreszeit war das ein
seltener Anblick. Da s Licht war so hell, dass Niklas die Augen schmerzten und er sie zusammenkniff.
Mit einem Seitenblick auf die Kobolde stellte er fest, dass ihnen auch das
nichts auszumachen schien.
Unerwartet tauchte, wie aus dem Nichts, ein wunderschönes Wesen auf, es
hatte lange blonde Haare – das war Kimama. In einer Hand hielt sie einen Stab,
der schillerte und leuchtete, weil er an seinem oberen Ende mit funkelnden
Steinen besetzt war. Ein goldener Glanz hüllte sie ein.
„Kimama“, schrie Niklas und rannte auf die Freundin zu. Sie zuckte
zusammen, der Glanz um sie herum ließ nach und sie fiel ungeschickt auf die
Erde. Die Kobolde blieben unbeeindruckt. Kimama blickte den Freund an und sagte
mit strenger Stimme:
„Niklas geht es dir gut? Dein Vater ist in großer Sorge und hat mich geschickt,
um dich zu suchen. Was habt ihr vor?“ Sie warf einen Blick in die Runde der
kleinen Wichte und verzog ihr Gesicht. „Bah, Kobolde.“, meinte sie verächtlich.
„Wie sollen die zu etwas nütze sein?“ Niklas erzählte ihr von seinem unfreiwilligen
Besuch bei der Zauberin.
„Woher wusstest du, wo wir sind?“
„Ich habe mich mit den weisen Feen vom Mondsee beraten. Sie blickten in
ihre Kugel aus Mondstein und haben mir den Weg zu dir beschrieben. Sie konnten allerdings
nicht sehen, was du vorhast, dass du in Gesellschaft bist, haben sie auch nicht
gesehen.“ Mit Nachdruck fügte sie nochmals hinzu: „Niklas, du solltest nicht in
die Anderwelt gehen, auch wenn der Zauberer Sagremor nicht so böse ist, wie
alle sagen.“ Mit einem spöttischen Blick auf die Kobolde und leiser Stimme
meinte sie: „Sie werden dir keine Hilfe sein.“ Niklas biss sich auf die Lippen
und entgegnete:
„Ich muss es tun, ich hab es Hera versprochen. Ihre einzige Möglichkeit,
aus der Höhle herauszukommen, ist, das Buch der Magie zu besitzen. Du könntest
uns helfen Kimama, bitte“, flehte er sie an. Sie überlegte einen Moment.
„Na gut, ich helfe dir, aber unter einer Bedingung: Die Kobolde bleiben
hier. Wir gehen allein, sie warten, bis wir wiederkommen. Ihr seid schon zu
weit gelaufen. Dort, wo der Wald besonders dicht ist, muss der Eingang zur
Anderwelt liegen. Es wird gleich dunkel, wir brechen im Morgengrauen auf.“ Den
Kobolden war es gar nicht recht, dass sich die Fee einmischte.
„Das hätten wir auch allein geschafft“, wisperten sie sich ärgerlich zu.
Widerwillig legten sie sich am Fuße eines mächtigen Baumes zum Schlafen in den
Schnee. Unterdessen setzten sich Niklas und Kimama auf die Decke, die der Junge
bei sich trug, unter die ausladenden Zweige eines Busches. Kimama hob ihren Zauberstab
und murmelte etwas, und innerhalb kurzer Zeit trug sie eine Felljacke und warme
Stiefel. Niklas
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