Niklas Pettersson - Im Labyrinth der Finsternis (German Edition)
und Bechern aus Ton und mit Holzbesteck gedeckt. In
seiner Mitte ruhte ein mächtiger, silberner Leuchter, an dem schon drei der
fünf schwarzen Kerzen brannten. Sicher sollte hier bald gegessen werden. Wieder
hörten sie kräftige Schritte, die sich schnell näherten und Stimmen, die immer
lauter wurden, aber unverständlich klangen. Sie kamen allerdings von einem anderen
Eingang, den Niklas und Kimama vorher nicht entdeckt hatten, da er aussah wie
die Felsenwände. Sie wollten sich verstecken, aber wo? In die dunkle Höhle
zurückkehren? Wie sollten sie die Tür wieder aufbekommen?
Die Schritte kamen näher, ein großes bärtiges Wesen trat ein, sicher
einer von Sagremors Wächtern. Er sah unheimlich aus mit seinen langen, wirren
Haaren, die ihm bis auf die Schultern fielen. Um die Hüften hatte er ein Fell
geschlungen, an einer Seite hing ein hölzerner Stock. Niklas und Kimama erschraken
fürchterlich, sie fragten sich, was für eine Kreatur das wohl sein mochte. Es
blieb ihnen gerade noch Zeit, unter den Tisch zu schlüpfen, bevor der Wächter
an ihn herantrat. Noch etwa zehn andere erschienen, die alle ähnlich aussahen
und mit ihren nackten, behaarten Füßen ein schlurfendes Geräusch erzeugten. Ein
großer hagerer Mann mit einem langen weißen Bart folgte ihnen. Er trug einen
braunen Mantel, der aus Stoffstücken zusammengenäht war. Das konnte nur der
mächtige Zauberer Sagremor sein. Er gab den Wächtern ein Zeichen und alle setzten
sich auf die großen Stühle. Niklas und Kimama rückten ganz dicht zusammen,
damit sie nicht von den riesigen Füßen getreten oder entdeckt wurden. Sie
hatten große Angst, klammerten sich aneinander, zitterten und bissen die Zähne
zusammen, damit sie nicht klapperten. Als ein Wächter das Essen brachte, ging
ein höllischer Krach los, es wurde gebrüllt und geschmatzt, den beiden wurde
angst und bange. Plötzlich verstummten alle, der alte Mann redete nun in einer
Sprache, die ihnen ungewöhnlich erschien. Nur seine Stimme war zu hören, Niklas
wagte kaum, zu atmen. Da verspürte er ein Kribbeln in der Nase. Oh nein, dachte
er, nur das nicht. Er rieb sich seine Nase, doch es half nichts. Niklas nieste
so laut, dass Kimama sich die Ohren zuhielt. Erschrocken sah sie ihn an, er zuckte
hilflos mit den Schultern. Sie schlossen beide die Augen und ergaben sich in
ihr Schicksal. Jetzt war sicher alles aus, doch nichts geschah, alles blieb so
wie vorher, nur die fremde, monotone Stimme war zu vernehmen. Was ging da vor
sich? Konnten sie überhaupt hören? Waren sie vielleicht taub oder schwerhörig? Niklas
wusste, dass es so etwas gab. Sein Großvater konnte kaum noch etwas hören, er
war ja auch schon sehr alt, mindestens 300 Jahre. Wenn Niklas ihm etwas sagen
wollte, musste er es auf seine Schiefertafel schreiben oder sehr laut sprechen.
Sein Vater erzählte ihm einmal, dass die Taubheit von der Zauberwurzel kam, die
nur in den Bergen von Haukeland im tiefen Wald wuchs. Der Sud wurde mit Wasser
aufgekocht und getrunken. Als junger Troll war Großvater diesem Getränk sehr
zugetan gewesen. Niklas wollte es testen, konnten die Wächter wirklich nichts
hören? Er stieß Kimama mit dem Ellenbogen in die Seite, ein lautes „Aua“, war
ihre Antwort. Erschrocken schlug sie die Hand auf den Mund. Beide lauschten,
aber es war wie zuvor, die Wächter waren still, und der alte Mann sprach weiter
seine unverständlichen Worte.
„Sie können wirklich nichts hören“, flüsterte Niklas. „Was
machen wir jetzt?“ Kimama zuckte mit den Schultern, denn sie traute sich nicht,
ihm zu antworten. „Ich glaube, wir sollten warten, bis sie aufstehen“, murmelte
er, Kimama nickte stumm.
Sie hatten das Gefühl, eine Ewigkeit unter dem Tisch gehockt zu haben,
als endlich Leben in die Runde kam. Plötzlich wurden Stühle gerückt, die
Stuhlbeine schabten über den harten Steinboden. So wie die Kerle hereingekommen
waren, schlurften sie wieder hinaus. Niklas und Kimama warteten noch eine
Weile, dann krochen sie aus ihrem Versteck. Sie reckten und streckten sich,
ihre Arme und Beine taten ihnen weh. Niklas kletterte auf einen Stuhl, um zu
sehen, ob noch etwas von dem Essen übrig geblieben war. Jetzt bemerkte er, dass
er großen Hunger hatte. Auf dem Tisch standen noch die herrlichsten Dinge,
frisches Brot und leckere Früchte. Wo in aller Welt bekam Sagremor nur diese
köstlichen Sachen her? Das Fleisch, das auf einem großen Teller lag, beachtete
der Junge nicht. Noch nie in seinem Leben hatte
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