Nikos Reise durch Raum und Zeit - ein Roman über die Rätsel der Quantenphysik
Wildwest-Schrift:
»Aber … warum suchen sie denn diese Katze?«, wunderte sich Niko. »Was hat sie denn getan? Und ein Druckfehler ist auch noch auf dem Plakat: es muss heißen ›tot oder lebendig‹.«
»Das ist kein Fehler, das ist ja der Witz: Diese Katze ist tot und lebendig zugleich. Pass auf, ich erzähl dir die Geschichte: Schrödingers Katze wurde in einen undurchsichtigen Kasten gesteckt, ohne ein einziges Loch, durch das man das Tier hätte sehen können. Außerdem stellte man ein kleines Fläschchen mit Giftgas in den Kasten, verbunden mit einer Vorrichtung, mit der man das Fläschchen zerbrechen konnte.«
»Arme Katze! Und hat jemand das Giftgas entweichen lassen?«
»Die Sache war die: Die Vorrichtung wurde durch ein Quantenteilchen in Gang gesetzt. Der Leiter des Experiments ließ das Teilchen los. Und jetzt geschah Folgendes: An einem bestimmten Punkt konnte das Teilchen zwei Wege nehmen. Nahm es den linken Weg, wurde der Mechanismus aktiviert und das Fläschchen zerbrach.«
»Also: Katze tot.«
»Genau. Nahm das Teilchen aber den rechten Weg, wurde der Mechanismus nicht aktiviert.«
»Katze lebt!«
»Verstehst du jetzt das Problem, das dadurch entstand?«
»Wieso Problem? Wurde er von einer Tierschutzorganisation verklagt?«
»Quatsch! Weil es ja ein Quantenteilchen war, nahm es nicht den linken oder den rechten Weg – vielmehr fand eine Superposition statt: Das Teilchen nahm den linken und den rechten Weg gleichzeitig.«
»Genau wie der Direktor des QGD ! Aber was war dann mit der Katze?«
»Nachdem das Teilchen den linken und den rechten Weg gleichzeitig durchlief, wurde die Vorrichtung aktiviert und nicht aktiviert. Das arme Tier war also tot und lebendig zugleich – das heißt: Es befand sich in einem Zustand der Superposition. Hätte allerdings jemand den Kasten geöffnet, hätte er die Katze entweder lebend oder tot vorgefunden – weil die Menschen die Superposition ja nicht sehen können. In dem Moment, in dem der Kasten geöffnet und die Katze gesehen wird, gibt es nur noch eine der beiden Möglichkeiten. Die Superposition wäre kollabiert. In eurer Welt können Katzen nicht tot und lebendig gleichzeitig sein – in unserer aber schon.«
Niko versuchte, sich das ungewöhnliche Experiment vorzustellen:
»Und was geschah am Ende? Hat die Katze überlebt?«, fragte er.
»So einfach ist das nicht. Die Wissenschaftler waren so erstaunt über das Experiment, dass niemand mehr daran dachte, den Kasten zu öffnen. So ist Schrödingers Katze innerhalb der Quantenwelt im Zustand der Superposition geblieben: Sie ist für immer tot und lebendig.«
»Na, ist doch nicht schlecht: So ist sie unsterblich.«
»Unsterblich und immer tot – beides auf einmal.«
»Ganz schön schräg.«
»Denk daran: Die Dinge hier sind nicht schwarz oder weiß.« Quiona zuckte mit den Schultern. »Wo ich dir jetzt die Geschichte von Schrödingers Katze erzählt habe, muss ich aber auch noch mit dir schimpfen: Warum hast du eigentlich nicht an mich gedacht, als du im QGD warst?«
Niko wurde rot. Er verstand nicht, warum die Fee ihn das fragte.
»Stimmt’s? Du hast nicht mehr an mein Rätsel gedacht!«, sagte sie kokett. »Wobei, bei dem Schrecken, den du bekommen hast, sei dir verziehen.«
»Doch, klar hab ich an dich gedacht. Also … an dein Rätsel, meine ich. Die Lösung ist ganz einfach:
MAN KANN IN EINEN LUFTBALLON STECHEN,
OHNE DASS LUFT ENTWEICHT UND
OHNE DASS ER EIN GERÄUSCH
VON SICH GIBT, WENN DER BALLON
NICHT AUFGEBLASEN IST.«
Quiona schenkte ihm ein breites Grinsen. Niko erwartete einen zweiten Kuss als Belohnung für seine Antwort, doch genau in dem Moment wurde es am Eingang der Quantendiskothek unruhig.
Die Blitzlichter von Fotoapparaten leuchteten auf und hysterische Rufe machten sich breit – scheinbar hatte eine Berühmtheit den Raum betreten.
Zahlreiche Fans drängten sich an der Tür. Vier Leibwächter machten unter lauten Rufen den Weg frei für jemanden, der jetzt die Diskothek betrat.
Niko erschrak, als Quiona begeistert kreischte: »Er ist es!«
»Wer denn?«, murrte er missmutig.
Die Ankunft dieser Person – wer auch immer es war – hatte immerhin seinen wohlverdienten Kuss vereitelt.
»Der Higgs Boss On! Wow, wow, wow! Ihr Menschen habt Bruce Springsteen als den ›Boss‹, wenn ich mich nicht täusche. Aber wir haben was viel Wichtigeres: Den Higgs Boss On! Der beste Sänger aller Welten. Und noch dazu der bestaussehende des Universums. Das lass ich mir nicht
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