Nikotin
Mannes vollständig, hatte Mr Sa t terthwaite oft feststellen können. Vielleicht entfachte sie in dem ernsten, zurückhaltenden Mann die Lust zum Scherzen. Vielleicht…
Hier wurde Mr Satterthwaites Gedankengang unterbr o chen. Sir Charles beugte sich zu ihm hinüber.
»Mein Lieber, sind Sie mir böse, wenn ich Sie bitte, dass wir umkehren?«, fragte er. Und ohne eine Antwort abz u warten, gab er dem Fahrer die entsprechende Anweisung. Kurz darauf fuhren sie zurück.
»Was gibt es denn?«
»Mir ist eingefallen, was mich so merkwürdig berührte. Der Tintenfleck im Zimmer des Butlers.«
11
» D er Tintenfleck?« Mr Satterthwaite schoss übe r rascht aus seiner Ecke hervor. »Was meinen Sie, Cartwright?«
»Erinnern Sie sich, an welcher Stelle er war?«
»Ja. Unweit des Kamins.«
»Und auf welche Weise entstand er Ihrer Meinung nach?«
Mr Satterthwaite überlegte ein Weilchen.
»Es war kein großer Fleck«, erwiderte er versonnen. »Von einer umgeworfenen Flasche kann er nicht herrü h ren. Ich möchte sagen, dass der Mann aller Wahrschei n lichkeit nach seinen Füllfederhalter dort fallen ließ – e i nen gewöhnlichen Federhalter fanden wir ja nicht«, setzte er hinzu und dachte dabei: Er soll sehen, dass ich genauso viel wahrnehme wie er selbst… »Daraus geht hervor, dass er einen Füllfederhalter besessen haben muss.«
»Er schrieb, Satterthwaite, er schrieb«, beteuerte Cart w right. »Das beweist der Tintenfleck.«
»Nicht unbedingt«, widersprach dieser. »Ellis hat mögl i cherweise einfach den Füller fallen lassen.«
»Ein Füllfederhalter verursacht nur dann einen Fleck, wenn der Verschluss entfernt ist.«
»Hm… das stimmt. Trotzdem finde ich an dem Fleck nichts Bemerkenswertes.«
»Lassen Sie mich ihn erst noch einmal mit eigenen A u gen sehen. Dann wollen wir weiter darüber reden.«
Wenige Minuten später dämpfte Sir Charles in der Me l fort Abtei die durch seine Rückkehr entstandene Neugier, indem er Mrs Leckie erzählte, er habe im Zimmer des Butlers einen goldenen Bleistift zurückgelassen. Seine Geschicklichkeit brachte es sogar fertig, die hilfsbereite Köchin abzuschütteln und allein mit Mr Satterthwaite Ellis’ Zimmer zu betreten.
»Hier ist unser Klecks«, sagte er, mit der Fußspitze auf das schwarze Mal tippend. »Sehr weit entfernt von der Wand, wo der Schreibtisch steht. Unter welchen U m ständen würde ein Mann gerade hier seinen Füllfederha l ter fallen lassen?«
Mr Satterthwaite zuckte etwas gelangweilt die Achseln. »Einen Füller können Sie überall fallen lassen, mein Li e ber.«
»Gewiss. Sie können ihn selbstverständlich quer durchs Zimmer werfen. Aber gewöhnlich behandelt man eine Füllfeder nicht so barsch, obgleich man sich über die Dinger oft grün und blau ärgert. Sie trocknen ein, verwe i gern den Dienst, gerade wenn man sie am nötigsten braucht. Ja, vielleicht ist das die Lösung. Ellis packte die Wut. Er sagte: ›Verdammtes Ding!‹, und schmiss den Füllfederhalter in weitem Bogen fort.«
»Ich glaube, es gibt ein Dutzend Erklärungen, Cart w right. Warum soll er ihn nicht einfach auf den Kaminsims gelegt haben, von wo er herunterrollte?«
Sir Charles machte mit seinem Bleistift einen Versuch. Er ließ ihn über die Simsecke herabtrudeln. Doch der Bleistift schlug bei diesem Experiment mindestens einen Fuß von dem Fleck entfernt auf dem Fußboden auf und rollte in der Richtung des Gasofens fort.
»Na?« Mr Satterthwaite setzte sich lächelnd auf das Bett.
»Ich bin mit meinen Versuchen noch nicht zu Ende.«
Satterthwaite fasste sich in Geduld und erlebte nun von seinem Sitz aus ein amüsantes Schauspiel.
Charles Cartwright versuchte, den Bleistift seiner Hand entgleiten zu lassen, während er in der Richtung des Ga s ofens ging. Er versuchte es vom Bett aus, auf dem er sich niederließ, und tat, als ob er schriebe. Aber damit der Bleistift auf die geschwärzte Stelle fiel, war es nötig, in einer sehr unnatürlichen Haltung, dicht an die Wand g e drückt, zu stehen oder zu sitzen.
»Das ist unmöglich«, sagte Sir Charles und starrte a b wechselnd die Wand, den Fleck und den kleinen Gasofen an. »Wenn er Papiere verbrannt hätte… Aber Papiere verbrennt man nicht in einem Gasofen.«
Plötzlich zog er heftig den Atem ein. Und dann…
Ja, dann schlüpfte Charles Cartwright in die Haut von Butler Ellis. Schreibend saß er an dem Tisch. Er sah scheu und unsicher aus; hin und wieder hob er die A u gen, schielte verstohlen nach
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