Nikotin
wir, dass Barthol o mew getötet wurde, weil man ihn hindern wollte, die Ta t sachen des ersten Mordes oder einen darauf bezüglichen Verdacht zu enthüllen?«
»Ja«, sagten die beiden anderen einstimmig.
»Dann müssen unsere Nachforschungen dem ersten Mord gelten. Nicht dem zweiten.«
Egg nickte.
»Ehe wir nicht den Beweggrund für diesen ersten Mord ausfindig machen, können wir meines Erachtens kaum hoffen, den Mörder zu entdecken. Und der Beweggrund bietet eine ungeheuerliche Schwierigkeit. Babbington war ein harmloser, gütiger, netter, allgemein beliebter alter Herr ohne – so sollte man wenigstens annehmen – einen Feind in dieser Welt. Nichtsdestoweniger wurde er get ö tet. Weshalb?«
Cartwright schwieg und setzte nach einem Weilchen in seiner alltäglichen Sprechweise hinzu: »Ja, weshalb wohl? Aus welchen Gründen tötet man Leute? Gewinnsucht, wie?«
»Rache«, erklärte das junge Mädchen.
»Krankhafte Mordlust«, meinte Mr Satterthwaite. »Verbrechen aus Leidenschaft scheidet in diesem Fall aus. Aber Furcht ist noch zu berücksichtigen.«
Charles Cartwright kritzelte ein paar Worte auf ein P a pier.
»So. Zuerst also Gewinnsucht. Erwuchsen irgendj e mandem Vorteile durch Babbingtons Tod? Besaß er Vermögen, oder bestanden Aussichten auf Vermögen?«
»Ich glaube nicht«, erwiderte Egg.
Und Satterthwaite ergänzte: »Ich glaube es auch nicht – trotzdem sollten wir Mrs Babbington über diesen Punkt aushorchen.«
»Gut. Zweitens Rache. Hat Babbington jemanden b e leidigt? Vielleicht in seinen jungen Tagen? Heiratete er vielleicht das Mädchen, das ein anderer Mann begehrte? Auch darüber heißt es Nachforschungen anstellen.«
»Drittens krankhafte Mordlust«, riss Mr Satterthwaite das Wort an sich. »Wurden beide, der Pfarrer und Sir Bartholomew, durch einen Irren getötet? Die Unwah r scheinlichkeit dieser Theorie springt, sollte ich meinen, in die Augen. Sogar ein Irrer lässt bei seinen Verbrechen etwas Vernunft walten. Entweder bildet er sich ein, er sei vom Schicksal ausersehen, Ärzte zu töten oder Geistliche – nicht aber Menschen, die aus zwei bestimmten Beruf s klassen stammen. Nein, fort mit der Wahnsinnstheorie! Bleibt mithin noch Furcht.«
»Ehrlich gestanden: Das leuchtet mir am ehesten ein. Babbington wusste etwas über jemanden. Oder er e r kannte jemanden wieder, und damit er darüber nicht sprechen konnte, wurde er für ewige Zeiten mundtot gemacht.«
»Hm…« murmelte Mr Satterthwaite ziemlich skeptisch, während Egg sich schweigend verhielt.
»Vielleicht ist es etwas, von dem Babbington nicht wusste, dass er es wusste«, sagte Sir Charles.
»Nicht wusste, dass er es wusste? – Mein Lieber, dr ü cken Sie sich bitte etwas verständlicher aus!«
»Leichter gesagt als getan, mein guter Satterthwaite. A ber ich will’s versuchen. Nehmen wir einmal an – um nur ein Beispiel herauszugreifen –, der Pfarrer sah eine gewi s se Person zu einer gewissen Zeit an einer gewissen Stelle. Soweit ihm bekannt, liegt kein Grund vor, warum die Person nicht dort sein sollte. Doch weiter angenommen, dass diese Person ein sehr geschicktes Alibi zusamme n gebraut hatte, das kundtat, sie sei zu der betreffenden Zeit etliche hundert Meilen fort gewesen? Da hätte der gute Babbington in aller Unschuld jederzeit das so schlau geknüpfte Netz zerreißen können.«
»Ah, jetzt verstehe ich Sie, Sir Charles!«, rief Egg Lytton Gore. »Sagen wir: In London wird ein Mord begangen, und Babbington sieht den Täter an einem Untergrun d bahnhof. Aber der Mann hat seine angebliche Unschuld durch ein Alibi bewiesen, nach dem er zur fraglichen Zeit in Leeds gewesen ist. Dann droht dem Verbrecher die Gefahr, dass Babbington den Schwindel aufdeckt.«
»Ja, das meinte ich. Aber wie gesagt, ich führte nur ein Beispiel an. Es gibt natürlich hunderterlei andere Mö g lichkeiten. Hat er vielleicht an dem betreffenden Abend im ›Krähennest‹ jemanden gesehen, den er unter einem anderen Namen kannte?«
»Sir Charles, sollte es sich etwa um eine Heirat ha n deln?«, fiel Egg eifrig ein. »Geistliche haben viel mit Trauungen zu tun.«
»Ebenso gut kann es mit Geburt oder Tod zu tun h a ben«, ließ sich Mr Satterthwaite vernehmen.
»Ja, es ist ein sehr weites Feld«, gab die junge Dame mit einem leichten Stirnrunzeln zu. »Wir müssen die Sache anders anpacken, müssen von den Anwesenden ausg e hen. Bitte, machen wir eine Liste. Wer war in Ihrem Haus, Sir Charles, und gleichzeitig bei Sir
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