Nikotin
wä h rend ein Lächeln befriedigter Bosheit um ihren Mund spielte.
Sir Charles fuhr zusammen.
Die Frau weiß etwas, dachte er. Ich gehe jede Wette ein, dass sie etwas weiß. Und sie will es nicht bekennen. Aber was, zum Teufel, weiß sie?
22
I m Büro von Messrs. Speier & Ross fragte Mr Sa t terthwaite nach Oliver Manders und ließ seine Vis i tenka r te überbringen.
Gleich darauf stand er in einem kleinen Raum, wo Ol i ver sich langsam vom Schreibtisch erhob.
»Sehr liebenswürdig von Ihnen, mich aufzusuchen«, sagte der junge Mann, aber sein Ton verriet, dass ihn der Besuch anödete.
Mr Satterthwaite ließ sich jedoch nicht so leicht a b schütteln. Er nahm Platz, schnäuzte sich ausgiebig und fragte, über den Rand des Taschentuches schielend hi n weg: »Haben Sie die Nachricht heute Früh gelesen?«
»Sie meinen die neue Finanzlage? Nun, der Dollar…«
»Dollar?«, fiel Mr Satterthwaite ein. »Nein, Tod! Das Ergebnis der Autopsie von Babbingtons Leiche. Der alte Pfarrer wurde vergiftet. Mit Nikotin.«
»Ja, das las ich. Unsere tatkräftige Egg wird sich freuen. Sie hatte schon lange von Mord gefaselt.«
»Und Sie, Mr Manders?«
»Ich? Mein Geschmack ist nicht so roh. Schließlich, Mord…« Er zuckte die Achseln. »Das ist so brutal, so unkünstlerisch!«
»Nicht immer unkünstlerisch.«
»Nein? Nun, vielleicht nicht.«
»Es hängt davon ab, wer den Mord begeht, nicht wahr? Sie zum Beispiel, Mr Manders, würden einen Mord b e stimmt auf eine sehr feine, künstlerische Art ausführen.«
»Nett, dass Sie das sagen«, näselte Oliver.
»Warum es verschweigen, mein lieber Freund – ich denke viel über den Unfall nach, den Sie damals in Yor k shire vortäuschten. Noch mehr beschäftigt er die Polizei, wie ich hörte.«
Einen Moment herrschte tiefste Stille – dann fiel ein Federhalter zu Boden.
»Verzeihung«, sagte Oliver, der sich nach dem Halter bückte. »Ich verstehe Sie nicht ganz.«
»Ich wüsste brennend gern, was Sie mit Ihrer ziemlich unkünstlerischen Aufführung in Yorkshire bezweckten, Mr Manders.«
Ein neuerliches Schweigen. »Die… Polizei?«
Mr Satterthwaite nickte.
»Könnten Sie es ihr verargen? Es sieht doch ein bis s chen verdächtig aus, obwohl Sie vermutlich eine durchaus einwandfreie Erklärung dafür haben.«
»Ja, ich habe eine Erklärung«, entgegnete Oliver lan g sam. »Ob sie gut oder schlecht ist, weiß ich nicht.«
»Darf ich das entscheiden?«
Oliver Manders ließ wiederum ein Weilchen verstre i chen, ehe er hervorstieß: »Es war Sir Bartholomews Vo r schlag, dass ich auf diese Weise in der Melfort Abtei ei n treffe.«
»Was?«
»Ein bisschen spaßig, wie? Aber es verhält sich so. Ich bekam einen Brief von ihm, in dem er anregte, ich solle angeblich verunglücken und dann seine Gastfreundschaft in Anspruch nehmen. Schriftlich könne er mir die Grü n de dafür nicht nennen; er würde sie mir aber bei der er s ten Gelegenheit auseinandersetzen.«
»Und?«
»Ich kenne sie auch heute noch nicht. Sehen Sie, Mr Satterthwaite, ich traf doch kurz vor dem Dinner ein, sodass ich ihn vor Tisch nicht mehr unter vier Augen sprechen konnte. Und gegen Ende der Mahlzeit starb er!«
Olivers Trägheit war verschwunden. Seine dunklen A u gen, die nicht von Satterthwaites Antlitz wichen, schienen aufmerksam die Wirkung des Gesagten beobachten zu wollen.
»Besitzen Sie diesen Brief noch?«
»Nein, ich zerriss ihn.«
»Schade«, meinte der Besucher trocken. Er spielte mit seinen Handschuhen und mied Olivers Blick.
Hatte Bartholomew Strange tatsächlich so einen Brief geschrieben?… Es sah ihm genauso unähnlich wie sein Scherzen mit dem Butler.
»Merkwürdige Sache«, meinte Manders schließlich.
»Und trotz dieser Merkwürdigkeit kamen Sie seiner Bi t te nach?«
Etwas von Olivers müder, überheblicher Art kehrte z u rück. »Ja, Mr Satterthwaite. Gerade die Merkwürdigkeit reizte mich; sie wirkte wie eine Erfrischung auf einen trockenen Gaumen. Ich war neugierig – das gebe ich u n umwunden zu.«
»Sonst noch etwas?«
»Wie meinen Sie das?«
Mr Satterthwaite wusste selbst nicht recht, wie er es meinte. Er ließ sich von einem dunklen Trieb leiten.
»Gibt es sonst noch etwas, das gegen Sie sprechen könnte?«
Der junge Manders drehte den aufgehobenen Federha l ter nervös zwischen den Fingern. »Ich will die Ausflüchte lieber lassen, da jene Frau wahrscheinlich doch nicht den Schnabel halten wird«, begann er. »Am Morgen nach dem Mord zog ich,
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