Nimm dich in acht
sein.
Wenn man heutzutage die Tür nicht abschließt, einerlei, wie sicher das Viertel angeblich ist, erhöht sich die Gefahr, zum Opfer eines Einbruchs oder noch schlimmerer Verbrechen zu werden.
Die Zeiten haben sich geändert«, fuhr er fort. »Ich weiß noch, daß meine Großmutter niemals ihr Haus absperrte.
Und wenn doch, hängte sie ein großes Schild an die Tür, auf dem stand ›Der Schlüssel liegt im Blumenkasten‹.
Diese Zeiten sind leider endgültig passe.«
Er hat eine nette Art, dachte Susan, als sie seinen Ausführungen lauschte. Er predigt nicht.
Während der nächsten Werbeunterbrechung sagte sie:
»Ich habe es vorhin ernst gemeint. Ich muß mich vorsehen, wenn ich meinen Job behalten will. Sie machen sich wirklich gut im Radio.«
»Und ich habe festgestellt, daß es mir Spaß macht«, gestand er. »Das muß der Schauspieler in mir sein.
Obgleich ich zugeben muß, daß ich nur zu gern wieder in meine eigene profane Welt zurückkehre, wenn die Werbetour für dieses Buch beendet ist.«
»So profan ist sie bestimmt auch wieder nicht. Reisen Sie nicht häufiger?«
»Ziemlich häufig. Ich bin international als Gerichtsgutachter tätig.«
»Noch zehn Sekunden, Susan«, warnte der Produzent vom Kontrollraum aus.
Es war Zeit für die Höreranrufe.
Die erste Frage bezog sich auf die gestrige Sendung:
»War Karen bei Ihnen in der Praxis, Dr. Susan?«
»Nein, leider nicht«, antwortete Susan, »aber falls sie zuhört, möchte ich sie bitten, Kontakt mit mir aufzunehmen, wenn auch nur telefonisch.«
Mehrere Anrufe galten Donald Richards. Ein Mann hatte ihn als Gutachter vor Gericht gesehen und war beeindruckt: »Doktor, es hörte sich so an, als wüßten Sie tatsächlich, wovon Sie sprechen.«
Richards sah Susan an und hob die Augenbrauen. »Das hoffe ich doch.«
Der nächste Anruf war ein Schock für Susan.
»Dr. Richards, haben Sie das Buch über vermißte Frauen geschrieben, weil Ihre eigene Frau verschwunden ist?«
»Sie brauchen die Frage nicht zu beantworten …« Susan blickte Richards an und wartete auf ein Zeichen von ihm, daß sie den Anruf unterbrechen sollte.
Statt dessen schüttelte er den Kopf. »Meine Frau ist nicht ›verschwunden‹, zumindest nicht in dem Sinne, wie es Thema dieser Sendung ist. Sie kam bei einem Unfall ums Leben. Vor Zeugen. Obgleich ihre Leiche nie geborgen werden konnte, besteht keinerlei Zusammenhang zwischen ihrem Tod und meinem Buch.«
Seine Stimme klang zwar beherrscht, doch in seinem Gesicht spiegelten sich unverstellt seine Gefühle. Susan spürte, daß er keinen Kommentar zu der Frage oder seiner Antwort wünschte. Spontan dachte sie allerdings, daß es einen Zusammenhang zwischen dem Tod seiner Frau und dem Thema seines Buches geben mußte, ob er es sich nun eingestand oder nicht.
Sie schaute auf den Monitor. »Die nächste Anruferin ist Tiffany aus Yonkers. Sie sind auf Sendung, Tiffany.«
»Dr. Susan, Ihre Show gefällt mir sehr gut«, begann die Anruferin. Sie hatte eine junge, lebhafte Stimme.
»Danke, Tiffany«, sagte Susan energisch. »Was können wir für Sie tun?«
»Na ja, ich hab’ gestern Ihre Sendung gehört. Erinnern Sie sich, daß Karen erzählt hat, sie hätte einen Türkisring von einem Mann geschenkt bekommen? Sie sagte, an der Innenseite wäre ›Du gehörst mir‹ eingraviert.«
»Ja, ich erinnere mich«, sagte Susan schnell. »Wissen Sie etwas über diesen Mann?«
Tiffany kicherte. »Dr. Susan, falls Karen jetzt zuhört, will ich ihr nur sagen, ich finde es gut, daß sie den Typ abserviert hat. Er muß ganz schön knauserig gewesen sein.
Mein Freund hat mir letztes Jahr spaßeshalber einen ähnlichen Ring gekauft, als wir mal in Greenwich Village waren. Er sah hübsch aus, hat aber ganze zehn Dollar gekostet.«
»Wo genau im Village haben Sie ihn gekauft?« fragte Susan.
»Oh, so genau weiß ich das nicht mehr. In einem dieser mickrigen Andenkenläden, wo man von der Freiheitsstatue aus Plastik bis zum Messingelefanten alles kriegt. Die müssen Sie doch kennen.«
»Tiffany, wenn Ihnen wieder einfällt, wo es war, oder wenn ein anderer unserer Hörer diesen Laden kennt, bitte rufen Sie mich an«, sagte Susan eindringlich. »Oder lassen Sie mich wissen, wo es solche Ringe sonst noch gibt.«
»Der kleine Mann, dem der Laden gehört, hat uns erzählt, daß er die Ringe selbst herstellt«, sagte Tiffany.
»Wissen Sie, ich hab’ mit meinem Freund Schluß gemacht, also können Sie den Ring haben. Ich schicke ihn
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