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Nimm dich in acht

Nimm dich in acht

Titel: Nimm dich in acht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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begriffen?«

    22
    Er schlief unruhig und wachte im Laufe der Nacht mehrmals auf. Jedesmal schaltete er den Fernseher ein, den er auf den lokalen Nachrichtensender New York 1
    eingestellt hatte, und jedesmal hörte er das gleiche: Carolyn Wells, die Frau, die an der Ecke Park Avenue und Eighty-first Street überfahren worden war, lag im Koma; ihr Zustand war kritisch.
    Wenn sie sich durch irgendeinen unglücklichen Zufall wieder erholte, würde sie allen sagen, daß Owen Adams, ein Mann, der ihr auf einer Kreuzfahrt begegnet war, versuchte hatte, sie zu töten.
    Sie konnten Owen Adams nicht zu ihm zurückverfolgen; da war er ganz sicher. Der britische Paß war wie all die anderen Pässe, die er auf seinen speziellen Reisen benutzt hatte, gefälscht. Nein, die wahre Gefahr lag in dem Umstand, daß Carolyn Wells ihn gestern selbst ohne Brille, Schnauzer und Perücke erkannt hatte. Sollte sie sich wieder erholen, war nicht ausgeschlossen, daß sie sich eines Tages zufällig hier in New York begegnen würden.
    Und wenn sie ihm von Angesicht zu Angesicht gegenüberstand, würde sie ihn erneut erkennen.
    Das durfte nicht passieren. Also durfte sie sich eben nicht erholen.
    In den Frühnachrichten am nächsten Morgen wurde Hilda Johnson nicht erwähnt, also hatte man ihre Leiche noch nicht entdeckt. Um neun hieß es, eine ältere Frau sei erstochen in ihrer Wohnung an der Upper East Side aufgefunden worden. Er wartete gespannt auf die nächsten Worte des Moderators.

    »Wie wir gestern berichtet haben, hatte das Mordopfer, Hilda Johnson, der Polizei gegenüber erklärt, sie habe gesehen, daß die Frau, die gestern nachmittag an der Ecke Park Avenue und Eighty-first von einem Transporter überfahren wurde, gezielt von einem Mann auf die Fahrbahn gestoßen worden sei.«
    Stirnrunzelnd nahm er die Fernbedienung und schaltete den Fernseher aus. Wenn die Polizei nicht extrem unfähig war, würde man der Möglichkeit nachgehen, daß Hilda Johnson nicht das Opfer eines zufälligen Verbrechens war.
    Und wenn Hilda Johnsons Tod mit Carolyn Wells’
    angeblichem Unfall in Zusammenhang gebracht wurde, konnte es sein, daß die Medien verrückt spielten.
    Vielleicht würde sogar herauskommen, daß Carolyn Wells die Frau war, die bei Susan Chandler angerufen und von einem Ring mit der Inschrift »Du gehörst mir« erzählt hatte.
    Jeder würde etwas darüber lesen, würde darüber sprechen, überlegte er. Es war sogar möglich, daß sich der Zwerg, dem der schäbige Souvenirladen, diese Rattenfalle, in Greenwich Village gehörte, an einen bestimmten Mann erinnerte, der mehrere Türkisringe mit einer solchen Inschrift bei ihm gekauft hatte.
    In seiner Jugend hatte er die Geschichte von der Frau gehört, die nach eigenem Geständnis Lügenmärchen verbreitete. Als Buße hatte man ihr auferlegt, an einem windigen Tag ein Federkissen aufzuschneiden und alle Federn, die der Wind forttrug, wieder einzusammeln. Als sie klagte, das sei unmöglich, sagte man ihr, ebenso unmöglich sei es, die Menschen wiederzufinden, die sie mit ihren Lügen getäuscht habe.
    Damals hatte ihn die Geschichte amüsiert. Ihm schwebte eine bestimmte Frau vor, die er nicht ausstehen konnte und die er vor sich sah, wie sie sich unablässig bückte und hierhin und dorthin lief, um die unerreichbaren Federn einzufangen.
    Doch jetzt sah er die Geschichte mit dem Federkissen in einem anderen Licht. Das Szenarium, das er so sorgfältig geplant hatte, wurde allmählich brüchig.
    Carolyn Wells. Hilda Johnson. Susan Chandler. Der Zwerg.
    Vor Hilda Johnson war er sicher. Aber die anderen drei glichen immer noch diesen Federn im Wind.

    23
    Es war der Morgen eines jener goldenen Oktobertage, die manchmal auf einen besonders kalten Tag folgen. Die Luft war frisch, und alles schien zu leuchten. Donald Richards beschloß, das schöne Wetter zu nutzen und die Strecke zwischen dem Central Park West und dem WOR-Studio Ecke Forty-first und Broadway zu Fuß zurückzulegen.
    Er hatte heute morgen bereits einen Klienten empfangen, den fünfzehn Jahre alten Greg Crane, den man dabei erwischt hatte, wie er ins Nachbarhaus einstieg. Im Polizeiverhör hatte Crane zugegeben, daß er noch drei weitere Häuser in der vornehmen Siedlung in Scarsdale, in der er lebte, ausgeraubt hatte.
    Ein Junge also, der alles hat und doch das Eigentum anderer stiehlt oder zerstört, offenbar aus reinem Vergnügen, überlegte Richards, als er zügig am Park entlangging. Er runzelte die Stirn bei dem Gedanken,

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