Nimm dich in acht
Woche vorkam.
Als alleinstehender attraktiver Mann, an dem darüber hinaus das Wright-Vermögen lockte, hatte Alex immer ganz oben auf der Liste der vornehmen Gesellschaft gestanden. Dennoch lebte er relativ zurückgezogen, denn während er interessanten Dinnerpartys nicht abgeneigt war, verabscheute er jeden Rummel um seine Person und hielt sich den gesellschaftlichen Großereignissen, die manche so aufregend fanden, konsequent fern.
Den Dienstag verbrachte er wie immer zum größten Teil an seinem Schreibtisch in der Zentrale der Stiftung, dann, am späten Nachmittag, spielte er mit Freunden eine Partie Squash im Club. Was er abends machen wollte, wußte er noch nicht, deshalb hatte er Marguerite angewiesen, ein, wie er es nannte, »Essen für alle Fälle« zuzubereiten.
Als er um halb sieben nach Hause kam, sah er daher als erstes im Kühlschrank nach. Dort wartete eine Terrine mit Marguerites exzellenter Hühnersuppe, die er nur noch in die Mikrowelle zu stellen brauchte. Außerdem standen Salat und geschnittenes Hähnchen für ein Sandwich bereit.
Alex nickte beifällig, dann ging er zu dem Tisch mit den Alkoholika in der Bibliothek, wählte eine Flasche Bordeaux aus und goß sich ein Glas ein. Er hatte gerade den ersten Schluck getrunken, als das Telefon läutete.
Da der Anrufbeantworter eingeschaltet war, beschloß er, erst einmal abzuwarten. Er hob die Augenbrauen, als sich Dee Chandler Harriman meldete. Ihre leise, angenehme Stimme klang ein wenig unsicher.
»Alex, ich hoffe, ich störe Sie nicht. Ich habe mir von Dad Ihre Privatnummer geben lassen und wollte Ihnen nur danken, weil sie neulich auf Binkys und Dads Cocktailparty so nett zu mir waren. In letzter Zeit war ich oft sehr niedergeschlagen, und Sie haben mir – das können Sie natürlich nicht wissen – sehr geholfen. Einfach, indem sie nett zu mir waren. Nächste Woche gehe ich auf eine Kreuzfahrt, um meinen Depressionen den Garaus zu machen. Danke jedenfalls. Das wollte ich Ihnen nur sagen.
Oh, übrigens – hier ist meine Telefonnummer … 310-555-6347.«
Sie hat anscheinend keine Ahnung, daß ich mit ihrer Schwester aus war, dachte Alex. Dee ist wunderschön, aber Susan ist viel interessanter. Er trank noch einen Schluck Wein und schloß die Augen.
Ja, Susan Chandler war sehr interessant. Sie ging ihm schon den ganzen Tag nicht aus dem Kopf.
32
Jane Clausen rief Susan um kurz vor vier an, um ihr mitzuteilen, daß sie den vereinbarten Termin nicht einhalten könne. »Ich fürchte, ich muß mich hinlegen«, entschuldigte sie sich.
»Sie hören sich nicht sehr gut an, Mrs. Clausen«, sagte Susan. »Sollten Sie nicht lieber zu Ihrem Arzt gehen?«
»Nein. Eine Stunde Schlaf wirkt Wunder. Ich finde es nur schade, daß ich heute nicht mehr mit Ihnen sprechen kann.«
Susan sagte, sie hätte nichts dagegen, wenn sie später kommen wolle. »Ich bleibe noch eine ganze Weile hier.
Ich muß Berge von Papierkram abtragen.«
Daher war sie noch in der Praxis, als Jane Clausen um sechs Uhr kam. Ihr aschfahles Gesicht bestärkte Susan in ihrem Verdacht, daß sie ernstlich krank war. Der schönste Trost für sie wäre, dachte Susan, die Wahrheit über Reginas Verschwinden zu erfahren.
»Dr.
Chandler …«, begann Mrs.
Clausen ein wenig
zögernd.
»Bitte nennen Sie mich doch Susan. Dr. Chandler klingt so formal«, sagte Susan lächelnd.
Jane Clausen nickte. »Es ist schwer, alte Gewohnheiten abzulegen. Meine Mutter nannte unsere Nachbarin, ihre engste Freundin, ihr Leben lang Mrs.
Crabtree. Ihre
Zurückhaltung hat wohl stark auf mich abgefärbt. Auf Regina womöglich auch. In Gesellschaft war sie sehr still.« Sie senkte kurz den Blick, dann schaute sie Susan an. »Sie haben gestern meinen Anwalt kennengelernt.
Douglas Layton. Was halten Sie von ihm?«
Die Frage überraschte Susan. Eigentlich sollte ich es sein, die ihr Gegenüber behutsam zum Reden bringt, dachte sie verwundert. »Er wirkte nervös«, sagte sie, nachdem sie sich entschieden hatte, mit ihrer Meinung nicht hinter dem Berg zu halten.
»Und waren Sie überrascht, weil er nicht mit mir warten wollte?«
»Ja.«
»Warum hat es Sie überrascht?«
Susan brauchte nicht lange zu überlegen. »Weil durchaus die Möglichkeit bestand, daß Sie einer Frau begegnen würden, die Licht in das Verschwinden Ihrer Tochter bringen könnte - vielleicht wäre sie sogar in der Lage gewesen, den Mann zu beschreiben, der mit ihrem Verschwinden zu tun hatte. Unter Umständen also etwas für
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