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Nimm dich in acht

Nimm dich in acht

Titel: Nimm dich in acht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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schmalen Straßen von Greenwich Village faszinierten sie wie eh und je. Sie liebte den Kontrast zwischen den ruhigen Straßen mit Wohnhäusern aus der Zeit der Jahrhundertwende und den verkehrsreichen Hauptarterien, die plötzlich abbogen oder die Richtung wechselten wie Bäche, die sich durch ein Gebirge schlängeln.
    Sie merkte, daß sie sich automatisch nach dem Andenkenladen umsah, den eine der heutigen Anruferinnen – Tiffany – beschrieben hatte. Bisher hatte sie kaum an sie gedacht. Tiffany behauptete, sie besitze einen ähnlichen Ring wie »Karen«, ihr Freund habe ihn in Greenwich Village gekauft. Hoffentlich schickt sie ihn mir, dachte Susan. Dann könnte ich ihn mit dem Ring vergleichen, den Mrs. Clausen mir gegeben hat. Stellt sich heraus, daß die Ringe identisch und hier irgendwo in der Nähe hergestellt worden sind, wäre dies vielleicht ein erster Schritt zur Aufklärung von Reginas Verschwinden.
    Erstaunlich, wie hilfreich ein Spaziergang in der Kälte ist, um wieder einen klaren Kopf zu bekommen, dachte Susan, als sie schließlich vor ihrer Haustür stand. In ihrer Wohnung spulte sie das Ritual ab, das sie sich schon gestern abend ausgedacht hatte. Es war acht Uhr. Sie zog ihren Kaftan an, ging zum Kühlschrank und holte die Zutaten für den Salat heraus, den sie vor Alex Wrights unerwartetem Anruf hatte zubereiten wollen.

    Heute ist definitiv ein geruhsamer Abend zu Hause angesagt, entschied sie, als sie eine Packung Spaghetti aus dem Küchenschrank holte. Während das Wasser für die Pasta aufkochte und die Basilikum-Tomatensauce in der Mikrowelle auftaute, schaltete sie ihren Computer ein und rief ihre E-Mail auf.
    Es war das übliche Zeug, bis auf ein paar Hörerzuschriften, in denen Dr. Richards gelobt und Susan aufgefordert wurde, ihn bald mal wieder einzuladen.
    Spontan sah sie nach, ob Richards eine Website hatte.
    Ja, er hatte eine. Mit wachsendem Interesse rief Susan die persönlichen Angaben ab: Dr. Donald J. Richards, geboren in Darien, Connecticut; aufgewachsen in Manhattan; Schüler am Collegiate Privatgymnasium; Studium in Yale; Magister und Doktor in klinischer Psychologie in Harvard; Magister in Kriminologie an der Universität von New York. Vater: der verstorbene Dr.
    Donald R. Richards; Mutter: Elizabeth Wallace Richards, Tuxedo Park, New York. Keine Geschwister.
    Verheiratet mit Kathryn Carver (ums Leben gekommen).
    Es folgte eine lange Liste von Zeitschriftenartikeln, die aus seiner Feder stammten, und von Rezensionen zu seinem Buch Verschwundene Frauen. Dann stieß Susan auf eine Information, die sie überraschte. Einer Kurzbiographie war zu entnehmen, daß Dr. Richards sich ein Jahr vor dem College-Abschluß zwölf Monate freigenommen und als Reiseleiter auf einem Kreuzfahrtschiff gearbeitet hatte; unter der Überschrift
    »Hobbys« stand, daß er häufig kurze Kreuzfahrten buchte.
    Als sein Lieblingsschiff hatte er die Gabrielle angegeben.
    Übrigens das Schiff, auf dem er seine Frau kennengelernt hatte.

    Susan starrte auf den Bildschirm. »Aber das ist ja das Schiff, auf dem Regina Clausen an Bord war, bevor sie verschwand«, sagte sie laut.

    36
    Pamela saß bis Mitternacht zusammen mit Justin Wells im Warteraum der Intensivstation des Lenox Hill Hospital.
    Dann kam ein Arzt aus der Intensivstation und drängte sie beide, nach Hause zu gehen. »Der Zustand Ihrer Frau hat sich ein wenig stabilisiert«, sagte er zu Justin, »und könnte jetzt über Wochen unverändert bleiben. Sie tun ihr keinen Gefallen, wenn Sie selbst krank werden.«
    »Hat Sie noch mal versucht, zu sprechen?« fragte Justin.
    »Nein. Und sie wird es auf absehbare Zeit auch nicht tun. Nicht, solange sie in diesem tiefen Koma liegt.«
    Es hört sich fast so an, als habe Justin Angst davor, daß sie spricht – was hat das zu bedeuten? fragte sich Pamela.
    Doch dann dachte sie, daß ihr Verstand vor Müdigkeit verrückt spielte. Sie nahm Justins Hand. »Wir gehen jetzt«, sagte sie sachlich. »Am besten, wir nehmen uns ein Taxi, und ich setze dich zu Hause ab.«
    Er nickte und ließ sich wie ein Kind von ihr hinausführen. Auf der kurzen Fahrt zur Ecke Fifth und Eighty-first Street saß er zusammengekauert da, mit gefalteten Händen und hängenden Schultern, als habe ihn alle Kraft verlassen.
    »Wir sind da, Justin«, sagte Pamela, als das Taxi hielt.
    Er sah sie aus stumpfen Augen an. »All das ist meine Schuld«, sagte er. »Ich habe Carolyn kurz vor dem Unfall angerufen. Ich weiß, daß ich sie

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