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Nimm dich in acht

Nimm dich in acht

Titel: Nimm dich in acht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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möglich, daß ihn niemand gesehen hatte.
    Nächste Woche wird alles vorbei sein, sagte er sich. Er würde eine Frau auswählen, die »den Dschungel« sehen sollte, wenn er »von Regen glänzt«, und dann wäre seine Mission erfüllt.
    Veronica, so vertrauensvoll – sie war die erste gewesen
    –, jetzt in Ägypten begraben: »Am Saum des Nils die Pyramiden.«
    Regina. Er hatte ihr Vertrauen in Bali gewonnen: »Und in den Tropen geht die Sonne auf.«
    Constance, die Carolyn in Algier ersetzt hatte: »Der bunte Markt im alten Algier.«
    »Ein Flugzeug, silbern überm blauen Meer.« Er dachte an Monica, die schüchterne Erbin, die er auf dem Flug nach London kennengelernt hatte. Wie genau er noch wußte, daß er mit ihr darüber geredet hatte, wie die Sonnenstrahlen sich auf der Tragfläche brachen.

    Mit den Ringen hatte er allerdings einen Fehler gemacht.
    Das wußte er jetzt. Es sollte ein heimlicher Scherz sein, so wie der Zusammenhang zwischen den Namen, die er auf seinen speziellen Reisen benutzte. Er hätte seine Scherze für sich behalten sollen.
    Doch Parki, der die Ringe hergestellt hatte, war beseitigt.
    Und jetzt war Tiffany, die ihn beim Kauf eines der Ringe gesehen hatte, ebenfalls tot. Er war überzeugt, daß sie ihn am Ende, genauso wie Carolyn, wiedererkannt hatte.
    Tiffany hatte ihn im Andenkenladen deutlich gesehen, seine normale äußere Erscheinung, und dennoch war es beunruhigend, daß sie ihn trotz der trüben Beleuchtung auf dem Parkplatz erkannt hatte.
    Ach, sie alle waren Federn im Wind, und er konnte sie jetzt nie mehr zurückholen; aber bestimmt würden sie unbemerkt davonfliegen. Zwar hatte er versucht, sich auf den Kreuzfahrtschiffen von den Kameras fernzuhalten, doch war es unvermeidlich, daß er im Hintergrund irgendwelcher Fotos zu entdecken war. Fotos, die ehemalige Passagiere überall auf der Welt zweifellos gerahmt hatten, um sich an ihre phantastische Urlaubsreise zu erinnern … Fotos, die jetzt unbeachtet auf zahllosen Schlafzimmerkommoden standen oder an den Wänden von Arbeitszimmern hingen. Er fand diese Vorstellung zugleich amüsant und erschreckend.
    Schließlich hatte Carolyn Wells ein Foto mit seinem Konterfei an Susan Chandler schicken wollen. Der Gedanke daran, wie knapp er entkommen war, machte ihm immer noch zu schaffen. Er stellte sich vor, wie Susan das Päckchen öffnete und wie sich ihre Augen vor Überraschung und Entsetzen weiteten, als sie ihn erkannte.
    Endlich hatte er sein Parkhaus erreicht. Er fuhr die Rampe hinunter, hielt, stieg aus und nickte dem Wächter zu, der ihn mit der Stammkunden vorbehaltenen Herzlichkeit begrüßte. Es war jetzt fast ein Uhr nachts, und er legte die kurze Strecke nach Hause zu Fuß zurück, froh, den kühlen, erfrischenden Wind im Gesicht zu spüren.
    Heute in einer Woche wird alles vorbei sein, beruhigte er sich. Bis dahin werde ich die letzte Etappe meiner Reise angetreten haben. Susan Chandler wird ausgeschaltet sein, und ich werde auf meine letzte Kreuzfahrt gehen.
    Er wußte, sobald dies geschehen war, würde das schreckliche, brennende Gefühl in seinem Innern verschwinden, und er würde endlich frei sein – frei, um der Mensch zu werden, den seine Mutter immer in ihm gesehen hatte.

    58
    Donnerstag früh fuhr Pamela Hastings beim Krankenhaus vorbei, um Carolyn Wells zu besuchen; sie hoffte, daß es ihr inzwischen besser ging. Statt dessen erfuhr sie, daß ihr Zustand unverändert war.
    »Sie hat wieder nach ›Win‹ gerufen«, teilte Gladys, die Oberschwester der Morgenschicht, ihr mit. »Diesmal klang es eher wie ›Oh, Win‹, als ob sie mit ihm sprechen wollte.«
    »Hat ihr Mann es gehört, Gladys?«
    »Nein. Seit gestern nachmittag war er nicht mehr hier.«
    »Ach nein?« Pamela war schockiert. »Wissen Sie, ob er angerufen hat? Ist er krank?«
    »Wir haben nichts von ihm gehört.«
    »Seltsam«, murmelte Pamela. »Ich rufe ihn an. Darf ich kurz nach Carolyn sehen?«
    »Natürlich.«
    Seit dem Unfall waren erst zweieinhalb Tage vergangen, aber Pamela war die Intensivstation schon so vertraut, als wäre sie wer weiß wie oft hierhergepilgert. Gestern waren die Vorhänge rings um das Bett eines älteren Mannes, der nach einem schweren Herzanfall eingeliefert worden war, zugezogen gewesen. Heute war sein Bett leer. Pamela beschloß, nicht nach ihm zu fragen; sicher war der Mann während der Nacht verstorben.
    Der sichtbare Teil von Carolyns Gesicht schien heute morgen noch geschwollener und blauer als gestern. Pam

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