Nimm dich in acht
liebte, vielleicht zu sehr; aber auch Gewissensbisse, weil sie ihn verdächtigte, ihr all diese Verletzungen zugefügt zu haben, und die bleibende Furcht, daß er ihr immer noch etwas antun wollte.
Sie tippte ihn auf die Schulter, und er schaute zu ihr auf.
»Ah, beste Freundin«, sagte er, »hat die Polizei sich schon bei dir gemeldet?«
Pamela ließ sich auf den Stuhl neben ihm fallen. »Ich weiß nicht, wovon du sprichst, Justin. Wieso sollte sich die Polizei bei mir melden?«
»Ich dachte, vielleicht hast du den sich häufenden Indizien noch etwas hinzuzufügen. Sie haben mich heute nachmittag wieder aufs Revier bestellt, um sich erklären zu lassen, warum ich am Montag nachmittag meinen Tweedmantel gegen einen Burberry vertauscht habe.
Natürlich denken sie, daß ich Carolyn töten wollte. Hast du nicht noch irgendwas beizusteuern, um die Schlinge fester um meinen Hals zu ziehen, meine Liebe?«
Sie beschloß, nicht auf die Provokation einzugehen.
»Justin, das führt doch zu nichts. Wie geht es Carolyn heute?«
»Ich habe kurz zu ihr reingeschaut, aber nur in Anwesenheit der Schwester. Demnächst beschuldigen sie mich noch, ich hätte versucht, den Stecker zu ziehen.« Er schlug die Hände vors Gesicht und schüttelte den Kopf.
»O Gott, ich glaub das einfach nicht.«
Eine Schwester erschien in der Tür zum Wartezimmer.
»Dr. Susan Chandler ist am Telefon«, sagte sie. »Sie möchte gern mit Ihnen sprechen, Mr. Wells. Sie können hier rangehen.« Sie zeigte auf den Apparat im Wartezimmer.
»Ich will nicht mit ihr sprechen«, fuhr er auf. »All das hat damit angefangen, daß Carolyn bei ihr angerufen hat.«
»Justin, bitte.« Pamela stand auf und ging zum Telefon hinüber. »Sie will doch nur helfen.« Sie nahm den Hörer und hielt ihn ihm hin.
Er starrte sie an, dann nahm er ihn. »Dr. Chandler«, sagte er, »warum verfolgen Sie mich? Soviel ich weiß, wäre meine Frau nie ins Krankenhaus gekommen, hätte sie nicht zur Post gehen wollen, um etwas an Sie zu schicken. Haben Sie nicht schon genug Schaden angerichtet? Bitte mischen Sie sich nicht mehr in unser Leben ein.«
Er wollte auflegen, hielt jedoch mitten in der Bewegung inne.
»Ich glaube nicht, daß Sie Ihre Frau vor den Transporter gestoßen haben!« Susans Stimme war so laut, daß Pamela sie von ihrem Platz aus hören konnte.
Justin Wells hielt den Hörer wieder an sein Ohr. »Und warum sagen Sie das?« fragte er.
»Weil ich mir sicher bin, daß ein anderer sie töten wollte, und ich glaube auch, daß diese Person Hilda Johnson umgebracht hat, eine Zeugin des Unfalls Ihrer Frau, und Tiffany Smith, eine junge Frau, die ebenfalls in meiner Sendung angerufen hatte«, erklärte Susan. »Wir müssen uns treffen. Bitte. Sie besitzen vielleicht etwas, das ich brauche.«
Als Justin Wells auflegte, sah er Pamela an. Jetzt spiegelte sich nur noch Erschöpfung in seinem Gesicht.
»Es kann nur eine Falle sein, um ohne Durchsuchungsbefehl in der Wohnung
herumzuschnüffeln, aber trotzdem werde ich mich dort um acht mit ihr treffen. Pam, sie hat mir gesagt, daß sie glaubt, Carolyn sei noch immer in Gefahr – aber von Seiten des Typs, den sie auf dem Schiff kennengelernt hat, nicht durch mich.«
68
Als sie die Cocktailbar des St. Regis Hotels betraten, brauchte Alex Wright nicht erst die anerkennenden Blicke der Leute an den Tischen ringsum wahrzunehmen, um sich der Tatsache bewußt zu sein, daß Dee Chandler Harriman eine wunderschöne Frau war. Sie trug eine schwarze Seidenhose und Samtjacke; eine einreihige Perlenkette und Ohrringe aus Perlen und Diamanten waren ihr einziger Schmuck. Ihr Haar war zu einem scheinbar nachlässigen Knoten aufgesteckt, so daß einzelne Löckchen und Strähnen die porzellanweiße Haut ihres Gesichts umspielten. Geschickt aufgetragene Wimperntusche und Lidstrich hoben das leuchtende Blau ihrer Augen hervor.
Sobald sie Platz genommen hatten, konnte Alex sich entspannen. Als er vorhin mit Susan gesprochen hatte, war sie ihm wirklich sehr müde vorgekommen. Was blieb ihm übrig, als ihre Erklärung zu akzeptieren, daß sie an diesem Abend noch ein Projekt beenden müsse und deshalb nicht zu ihnen stoßen könne.
Als er sie drängte, es sich noch einmal zu überlegen, hatte sie hinzugefügt: »Alex, zusätzlich zu der Radiosendung, die ich werktags jeden Morgen mache, habe ich nachmittags noch ein volles Programm in meiner Privatpraxis, und die Sendung macht mir zwar großen Spaß, aber die Arbeit mit meinen
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