Nimmerklug in Sonnenstadt
ich rutsche als erster hinunter", sagte Nimme rklug zu Buntfleck und trat an die Rinne.
„Wieso du?" Buntfleck machte ein erstauntes Gesicht. „Wer ist auf den Gedanken gekommen?! Ich! Deshalb rutsche ich als erster.“
Er stieß Nimmerklug beiseite, warf den Teppich in die Rinne und wollte sich daraufsetzen, aber der Teppich glitt in die Tiefe. Buntfleck wollte ihn pakken, verlor das Gleichgewicht, fiel kopfüber in die Rinne und sauste auf dem Bauch hinter dem Teppich her. Einen Au genblick später landete er in einer Staubwolke mitten auf dem Bür gersteig.
„Na bitte!" brummte er und stand auf. „Das war eine richtige Weltraumfahrt!"
Nimmerklug legte seinen Teppich in die Rinne, setzte sich vorsichtig darauf und fuhr los. Die Rinne verlief verschieden steil. In jedem Stockwerk wurde sie flacher, damit man bequemer einsteigen konnte. Als sie steiler wurde, sauste Nimmerklug mit entsetzlicher Geschwindigkeit abwärts. Erschrocken versuchte er, sich an den Seitenwänden der Rinne festzuhalten. Dadurch glitt der Teppich unter ihm weg, fuhr voraus, und Nimmerklug rutschte auf dem Hosenboden hinterher.
Am besten gelang Pünktchen die Fahrt. Sorgfältig setzte sie sich mitten auf den Teppich und hielt sich nicht an den Seitenwänden fest, als sie hinunterrutschte.
Die drei Reisenden gingen weiter, nachdem sie beschlossen hatten, wieder herzukommen und es noch einmal zu versuchen.
Die Straßen von Sonnenstadt waren breiter als die in anderen Knirpsenstädten. Besonders geräumig waren die Gehsteige. In jedem Haus befand sich ein Restaurant. Die Tische standen nicht nur drin nen, sondern auch draußen auf dem Bürgersteig. Überall saßen Knirpse. Sie aßen zu Mittag, sie tranken Kaffee, Tee oder Limonade. Andere lasen Zeitung und Illustrierte oder spielten — Lotto, Domino, Dame oder sonstetwas. Besonders zahlreich waren die Schachspieler, die man überall erblicken konnte, wo es nur eine Gelegenheit gab, ein Schachbrett aufzustellen.
Zu jedem Restaurant gehörte eine Ausleihe für Tischspiele. Außerdem waren in vielen Häusern Ausleihen für Fahrräder, Roller, Tennisschläger, Fuß- und Volleybälle, Kegel- und Pingpongspiele. Überall spielten die Knirpse damit: in den Alleen, auf Spielplätzen oder auf den Höfen. Eigentlich gab es gar keine richtigen Höfe in Sonnenstadt. Sie waren zwar vorhanden, aber weder durch Mauern noch durch Zäune voneinander abgegrenzt. Tore gab es nicht, und so konnten sie auch niemals geschlossen werden. Die niedrigen Einzäunungen, die man an einigen Stellen sah, dienten nur zum Schutz der Blumen und sollten niemandem den Weg versperren.
Weil die Zäune fehlten, konnten in den Höfen Tennisplätze, Aschenbahnen, Schwimmbecken und Plätze für Fußball, Volleyball, Basketball, Krocket und andere Spiele angelegt werden. Die Knirpse konnten ungehindert von einem Hof in den anderen gehen und mit den Nachbarn spielen.
Am besten gefiel den drei Blumenstädtern, daß es fast in jedem Hause ein Theater oder ein Kino gab. Auf Schritt und Tritt sahen sie bunte Inschriften, wie.: „Großes Puppentheater", „Kleines Puppentheater"„Marionettentheater", „Puppenkomödie", „Der lustige Kasperle" und andere. Damit es den Zuschauern im Sommer nicht zu heiß wurde, waren die Bühnen zweiseitig gebaut — mit zwei Vorhängen. So konnte man die Aufführung im Winter vom Zuschauerraum aus betrachten und im Sommer von der Straße oder vorn Hof. Die Dekorationen brauchten nur umgedreht, die Stühle aus dein Saal getragen und draußen aufgestellt werden.
Nimmerklug wußte gar nicht, wohin er zuerst schauen sollte, und stieß dauernd mit anderen Knirpsen zusammen. Das ärgerte ihn mächtig. Gewöhnlich sagten die Knirpse „Verzeihung", wenn sie mit Nimmerklug zusammengeprallt waren, aber anstatt höflich „Bitte!" zu antworten, brummte er: „Gehen Sie zum Teufel!"
„Wie häßlich!" tadelte Pünktchen. „Wenn mach sich bei dir entschuldigt, mußt du ,bitte' sagen."
„Sonst noch was!" murrte Nimmerklug. „Wenn ich zu jedem. ‚bitte' sage, setzt sich mir schließlich noch einer auf den Kopf."
Sie kamen zu einem hohen Haus mit Balkons, die durch Strickleitern miteinander verbunden waren. Die gleichen Strickleitern zogen sich aus den Fenstern der oberen und unteren Stockwerke zu den Balkons. Sie und die Stricke, die in allen Richtungen gespannt waren, verliehen dem Hause das Aussehen eines fahrbereiten Schiffes mit voller Takelung. Hier wohnten Feuerwehrleute, die auf den
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