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Nimmerklug in Sonnenstadt

Nimmerklug in Sonnenstadt

Titel: Nimmerklug in Sonnenstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nikolai Nossow
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drohte Saftschleck mit dem Mörser.
    „Halt den Mund, Saftschleck, sonst kriegst du was mit dieser Keule!"
    „Halt! Halt!" rief Doktor Rizinus.
    Er wollte Nimmerklug den Mörser wegnehmen, aber der hielt ihn fest, und sie rangen miteinander. Dabei klammerte sich Rizinus an ein Tischbein, der Tisch kippte um, alles Pulver wurde verschüttet, und die Pillen rollten davon. Endlich gelang es Rizinus, Nimmerklug den Mörser zu entreißen.
    „Mach, daß du wegkommst", schalt er. „Ich will dich hier nicht mehr sehen! Soviel Medizin für nichts und wieder nichts verdorben!"
    „Ach, du scheußlicher Saftschleck!" schimpfte Nimmerklug. „Wenn du mir unter die Augen kommst, kannst du was erleben! Eine so gute Tat ist nun in die Binsen gegangen!"
    So war es den ganzen Tag. Wie Nimmerklug sich auch mühte — es wollte ihm nicht gelingen, zwei gute Taten hintereinander zu vollbringen, geschweige denn drei.
    Nachts konnte Nimmerklug lange nicht einschlafen. Weshalb habe ich nur so viel Pech? überlegte er. Ich darf nicht immer gleich belei digt sein und schimpfen oder raufen. Morgen werde ich höflicher sein, und dann klappt alles wie am Schnürchen.

     
    Am nächsten Morgen war Nimmerklug wie verwandelt. Wenn er jemandem um etwas bat, sagte er jedesmal „bitte". Als er sah, daß Schussel seine Mütze nicht wiederfinden konnte, suchte er ebenfalls das ganze Zimmer ah und fand die Mütze schließlich unter dem Bett. Danach entschuldigte er sich bei Rizinus und bat um Erlaubnis, wieder Pulver stoßen zu dürfen. Das gestattete ihm Doktor Rizinus zwar nicht, beauftragte ihn jedoch, im Garten Maiglöckchen zu pflücken, die er zur Bereitung von Maiglöckchentropfen brauchte. Dann putzte er dem Jäger Bums die neuen Jagdstiefel mit Schuhwichse und fegte die Stube, obgleich er gar nicht an der Reihe war. Überhaupt verrichtete er einen Haufen guter Taten.
     

     
    Dabei dachte er immerzu an den Zauberer. Doch der Tag verging, ohne daß ein Zauberer auftauchte.
    Nimmerklug ärgerte sich schrecklich.
    „Was hast du mir da von einem Zauberer vorgeschwindelt?" sagte er zu Pünktchen, als er sie am nächsten Tage traf.
    „Ich habe geschuftet wie ein Irrer, aber kein einziger Zauberer ist mir vor die Augen gekommen!"
    „Ich habe dir nichts vorgeschwindelt!" rechtfertigte sich Pünktchen. „Ich weiß genau, daß ich das in einem Märchen gelesen habe."
    „Weshalb ist mir dann kein Zauberer erschienen?" beharrte Nimmerklug zornig.
    Pünktchen zuckte die Schultern. „Der Zauberer wird schon wissen, wann er zu erscheinen hat. Vielleicht hast du weniger als drei gute Taten vollbracht."
    „Nicht drei!" Nimmerklug schnaufte verächtlich. „Nicht drei habe ich vollbracht, sondern dreiundzwanzig! Mindestens!"
    „Dann hast du eben zwischendurch Unfug getrieben", vermutete Pünktchen.
    „Wenn du es genau wissen willst", schrie Nimmerklug, „gestern war ich den ganzen Tag höflich und habe überhaupt nichts Schlechtes getan. Ich schimpfte nicht, raufte nicht und sprach kein Wort außer ,Verzeihung`, bitte` und ,danke`."
    „So was höre ich heute aber gar nicht von dir", stellte Pünktchen kopfschüttelnd fest.
    „Ich rede ja auch von gestern, nicht von heute."
    Nimmerklug und Pünktchen zerbrachen sich den Kopf, was wohl die Ursache sein könnte, aber vergebens.
    „Vielleicht", sagte Pünktchen schließlich, „hast du die Taten nicht selbstlos vollbracht, sondern um eines Vorteils willen?"
    „Wieso nicht selbstlos?" brauste Nimmerklug auf. „Dummes Geschwätz! Ich habe Schussel geholfen, seine Mütze zu suchen. War es etwa meine Mütze? Für Rizinus pflückte ich Maiglöckchen. Was für einen Nutzen hatte ich davon?"
    „Wozu hast du sie dann gepflückt?"
    „Bist du schwer von Begriff? Du hast doch selbst gesagt, ich bekäme einen Zauberstab, wenn ich drei gute Taten vollbringe."
    „Folglich tatest du es nur, um den Zauberstab zu bekommen?"
    „Natürlich!"
    „Siehst du! Und so was hältst du für Uneigennützigkeit!"
    „Wozu sollte ich die Taten sonst vollbringen, wenn nicht wegen des Zauberstabes?"
    „Na, du hättest es ja aus bloßem gutem Willen tun können."
    „Wieso?"
    „Ach, du bist mir einer!" sagte Pünktchen spöttisch. „Du tust wohl nur dann etwas Gutes, wenn du dafür eine Belohnung erhältst, einen Zauberstab oder sonstwas?"
    „Wenn du willst, kann ich ganz ohne Grund höflich sein und ohne Aussicht auf einen Zauberstab gute Taten vollbringen."
    Nimmerklug ging nach Hause. Er beschloß, gar nicht mehr an

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