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Nimmerklug in Sonnenstadt

Nimmerklug in Sonnenstadt

Titel: Nimmerklug in Sonnenstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nikolai Nossow
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verboten, doch wenn Sie es unbedingt tun müssen, können Sie sich ja zu Hause ausgrunzen und dann wiederkommen. Hm! Wo waren wir stehengeblieben? Ach ja, bei der Mode. Wie Sie also sehen, beherrschen wir die Mode, denn wir schaffen immer neue Formen. Deshalb verläuft unsere Arbeit ungestört. Nur zuweilen bekommen wir eine Art Fieber."
    Bolzen grunzte wieder. Buntfleck sah ihn an und grunzte mit.
    „Da haben wir's!" Nadelspitze. zuckte die Schultern. „Schlechte Beispiele verderben gute Sitten. Erst grunzt der eine, dann der andere. Schließlich grunzen wir hier noch alle. ja, Sie haben mich schon wieder unterbrochen. Wo war ich stehengeblieben?"
    „Beim Grunzen", antwortete Nimmerklug.
    „Nein, beim Fieber", verbesserte Feinfädchen.
    „Richtig! Wir bekommen das Modefieber. Es tritt auf, wenn ein Reisender zu uns kommt. Unsere Einwohner sehen, daß er einen etwas ausgefallenen Hut oder Anzug trägt, bilden sich ein, das sei die neueste Mode, und rennen in die Geschäfte, um sich ebenfalls so einen Hut oder Anzug zu kaufen. Die Läden haben diese Hüte oder Anzüge natürlich nicht, und wir müssen in höchster Eile eine neue Produktion in Gang setzen. Das ist nicht so einfach, weil dazu neue Stoffmuster, neue Modelle, neue Stanzen und neue Druckwalzen erforderlich sind. Das Publikum wartet nicht gern, und daher werden wir gehetzt. Diese Hetzjagd bezeichnen wir als Modefieber. Gestern erfuhren wir zum Beispiel, mehrere Knirpseriche hätten gelbe .Hosen verlangt. Hieraus schließen wir, daß ein Knirpserich mit gelber Hose in unsere Stadt gekommen ist." Nadelspitze sah Nimmerklug an.
    Sagen Sie, bitte, wann sind Sie nach Sonnenstadt gekommen?”
    „Vorgestern" antwortete Nimme rklug.
    „Sehen Sie!" Nadelspitze freute sich. „Erst vorgestern, und gestern erfuh-
    ren wir bereits, daß sich ein Knirpse rich mit gelber Hose in Sonnenstadt aufhält. Heute sind wir schon dabei, gelbe Hosen zu fabrizieren. Darf ich Ihnen die Modeschöpferin Knöpfchen vorstellen? Sie entwirft das Modell einer gelben Hose, denn gelb war bisher hei uns noch nicht gefragt."
    Wahrhaftig, Knöpfchen malte eine gelbe Hose auf ein großes Blatt Papier. Nadelspitze betrachtete Nimmerklug inzwischen von allen Seiten; sie befühlte sogar verstohlen den Stoff, aus dem seine Hose gemacht war.
    „Fein, daß Sie zu uns gekommen sind", sagte sie. „Paß auf, Knöpf chen, und ändere deinen Entwurf. Die Hose darf nicht zu eng und nicht zu weit, nicht zu lang und nicht zu kurz sein. Sie muß etwas über das Knie, aber nicht ganz bis zum Knöchel reichen. Sie ist aus einem seidigen Glanzstoff — sehr vorteilhaft, weil Glanzstoffe weni ger leicht schmutzen. Auch deine zitronengelbe Farbe stimmt nicht. Es ist eher ein Kanariengelb, wohltuend für die Augen. Unten kön nen die Knöpfe fehlen. Knirpseriche mögen an den Hosenrändern keine Knöpfe, weil sie damit hängenbleiben und die Knöpfe abreißen können."
    Nadelspitze bat die Gäste, auf dem Sofa Platz zu nehmen. Sie überschüttete Pünktchen mit Fragen nach der Blumenstädter Knirpserichen- und Knirpselinenmode. Eine Malerin namens Fingerhütchen fragte Buntfleck, was ihm in Sonnenstadt am besten gefiele.
    „Die Saftbrause!" gab Buntfleck zur Antwort. „Und daß man an jedem Kiosk davon trinken kann, soviel man will."
    „Das ist doch nicht erstaunlich!" mischte sich Bolzen ins Gespräch. „Bei uns können Sie in jedem Gasthaus bestellen, was Ihnen schmeckt, und sich in jedem Laden aussuchen, was Ihr Herz begehrt, ohne dafür bezahlen zu müssen.“
    „Und wenn jemand ein Auto haben will?” erkundigte sich Nimme rklug. „Bekommt er das auch?"
    „Natürlich! Aber seit es die Knopftaxis gibt, will niemand mehr eins haben", berichtete Würfel. „Was soll mir auch ein Auto, wenn ich mit einem Knopftaxi überall hinfahren kann? Ein eigener Wagen macht doch sehr viel Mühe. Ich müßte ihn waschen, ölen, reparieren, tanken und mir eine Garage suchen. Ich wäre verpflichtet, ihn zu lenken, aufzupassen, daß ich keinen Fußgänger überfahre und mit niemandem zusammenstoße. Ich müßte also dauernd auf der Hut sein und mich anstrengen. In einem Knopftaxi oder einem Autobus dagegen kann ich die Zeitung oder ein Buch lesen, meinen Gedanken nachhängen, vor mich hin dösen, schlafen oder Verse schmieden. Früher besaß ich ein eigenes Auto, aber seit ich es weggeschmissen habe, fühle ich mich als vollkommen freier Knirpserich."
    „Aber viele Knirpseriche halten sich doch noch eigene

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