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Nimmerklug in Sonnenstadt

Nimmerklug in Sonnenstadt

Titel: Nimmerklug in Sonnenstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nikolai Nossow
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der Konstruktion der Webstühle — verschiedenartige Stoffe daraus. Denn die Webstühle konnten nicht nur Webstoffe produzieren, son dern auch gestrickte, gehäkelte und geflochtene Stoffe, ja sogar Filz und Samt.
    In den folgenden Stockwerken wurden Hosen, Kleider, Blusen, Röcke und Knirpselinenjacken produziert. Hier liefen die Stoffe, wenn sie aus den Webstühlen kamen, zwischen Druckwalzen hindurch. So entstanden karierte, gepunktete, gestreifte, geblümte oder sonstwie gemusterte Stoffe.
    Im siebenten Stockwerk wurden Gamaschen, Strümpfe, Socken, Krawatten, Gürtel und Taschentücher hergestellt, im achten entstanden Mützen und Hüte und im neunten Schuhwerk — Hausschuhe, Filzstiefel, randgenähte Sportstiefel, Straßenschuhe und was es sonst noch alles gibt. In allen neun Stockwerken begegneten Nimmerklug, Pünktchen und Buntfleck keinem Knirpserich außer Flunder, denn alles, auch die Verpackung der fertigen Waren, war mechanisiert. Im zehnten Stockwerk war es genau umgekehrt — da gab es keine Maschinen, aber unzählige Knirpseriche und Knirpselinen. Einige standen an Staffeleien und malten, andere saßen am Tisch und zeichneten oder nähten. Überall standen Modellpuppen in Knirpsengröße.
    „Hier ist unsere künstlerische Abteilung", sagte Flunder, als er mit seinen Begleitern im zehnten Stockwerk eintraf.
    Eine Knirpseline in einem grauen Kittel, die sich Nadelspitze nannte, kam auf sie zu. „Wissen Sie, was unsere Hetzpeitsche ist?
     
    Nein? Unsere Hetzpeitsche ist die Mode. Vielleicht haben Sie schon gemerkt, daß niemand immer in demselben Kleid herumlaufen will, daß jeder dauernd etwas Neues tragen möchte. Mal werden lange Kleider bevorzugt, mal kurze, mal enge oder weite, mal mit Falten, Rüschen, Karos, Streifen oder Tupfen, mal mit Blumen oder mit Früchten bedruckt. Kurz, die Knirpseriche und Knirpselinen kommen auf die ausgefallensten Einfälle. Einmal laufen alle in Grün herum und dann wieder in Tabakbraun. Kaum hat man sich ein neues Kostüm angeschafft, da wird einem schon gesagt, es sei unmodern, und man muß sich schleunigst ein neues kaufen."
    Ingenieur Bolzen schniefte vor unterdrücktem Lachen.
    „Ich möchte Sie bitten, bei meinen Erläuterungen nicht zu schniefen!" sagte Nadelspitze streng. „Sie sind kein Pferd und befinden sich nicht im Pferdestall! Wenn Sie in einen Pferdestall gehen, können Sie schniefen, soviel Sie wollen."
    Die Bemerkung über den Pferdestall fand Buntfleck nun wieder komisch, daß er vor Lachen beinahe platzte. Nadelspitze warf ihm ebenfalls einen strengen Blick zu.
    „Treten Sie bitte näher!" fuhr sie fort. „Die Künstler, die Sie hier sehen, schaffen die Vorlagen für neue Gewebe und neue Kleidermodelle. Darf ich Ihnen die Malerin Feinfädchen vorstellen?"
    Feinfädchen erhob sich. Es war eine kleine, schlanke Knirpseline mit blassem Gesicht und flachsblondem Haar. Sie trug einen weißen Kittel. Vor Verlegenheit zupfte sie schüchtern an ihrem Pinsel.
    „Feinfädchen ist unsere beste Malerin", erläuterte Nadelspitze. „Augenblicklich arbeitet sie an dem Entwurf für einen neuen Stoff, der den Namen ,Ein Morgen im Fichtenwald' tragen soll. Sehen Sie – hier ist der Wald und dort die Bärin mit ihren Jungen. Lustig, nicht wahr? Kürzlich hat Feinfädchen ein Marienkäfer-Muster entworfen. Stellen Sie sich einen grünen Stoff vor, besät mit gelbbraunen Marienkäfern, die schwarze Punkte auf dem Rücken haben. Entzückend! Die Kleider mit diesem Muster fanden reißenden Absatz. Niemand wollte mehr etwas ande res tragen. Aber schon nach wenigen Tagen sagte ein Schlaukopf, er habe Angst, auf die Straße zu gehen, weil auf allen Knirpsen Marienkäfer herumkrabbeln. Seitdem trug niemand mehr diese Kleider. Ein anderes Mal entwarf Feinfädchen einen noch reizvolleren Stoff. Er hieß ,Die vier Jahreszeiten', ein Mär chenbild. Er wurde in acht Farben gedruckt. Die ganze Stadt trug diese Bilderkleider. Doch plötzlich erklärte eine Modenärrin: ,Das Kleid gefällt mir nicht, weilt alle Leute nur die Bilder, die darauf sind, betrachten und niemand mehr mich anguckt.' Und was glauben Sie? Schon am nächsten Tage war das Kleid unmodern, und wir mußten uns in größter Eile einen anderen Stoff ausdenken."
    Bolzen wollte wieder losplatzen, hielt sich aber schleunigst die Hand vor den Mund, und dadurch kam statt des Gelächters ein Ge grunze heraus.
    „Ich möchte Sie bitten, nicht zu grunzen!" tadelte ihn Nadelspitze. „Bei uns ist das Grunzen

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