Nimmerklug in Sonnenstadt
bist! Ich habe mich so nach dir gesehnt, ich habe immer nur geweint."
„Vergiß es, Buchstabine, jetzt ist ja alles gut", tröstete Leseblatt.
„Wo warst du in all der Zeit? Erzähle."
„Ich war im Zirkus. Ach, wenn du wüßtest, wie lustig, wie interessant es dort war! Tagsüber Proben und abends Vorstellungen. So ging es Tag für Tag, sogar am Sonntag."
„Und. ich war so traurig, daß ich keine Lust hatte, in den Zirkus zu gehen", antwortete Buchstabine. „Doch warum gabst du mir keine Nach richt? Hätte ich gewußt, daß du im Zir kus bist, dann wäre ich sogleich hinge laufen."
„Sei nicht böse, Buchstabine. Ich war nämlich ein Esel", erklärte Leseblatt.
In diesem Augenblick regnete es Handschuhe, und viele Knirpse rannten herbei. Nimmerklug, Pünkt chen und Buntfleck wurden fast umgestoßen. Mit großer Mühe dräng ten sie sich aus der Menge, doch jedem war es gelungen, zwei Hand schuhe zu erwischen. Sie liefen weiter und betrachteten ihre Beute. Nimmerklug hatte einen braunen und einen orangefarbenen, Pünkt chen einen gelben und einen rosaroten, Buntfleck einen blauen und einen weißen Handschuh ergattert.
„Das hat aber gar nicht. geklappt!" sagte Pünktchen. „Wir können keinen einzigen Handschuh untereinander tauschen, weil alle ver schiedenfarbig sind."
Ein paar Knirpse liefen auf sie zu und begannen zu tauschen. Ein Knirpserich nahm Nimmerklugs orangefarbenen Handschuh und gab ihm einen grünen, ein anderer griff nach dem braunen und überließ ihm einen himmelblauen, den eine Knirpseline sogleich gegen einen roten eintauschte.
„Fein!" Nimmerklug freute sich. Jetzt habe ich auf einen Schlag zwei Sonnenbrüder und eine Sonnenschwester."
Auch mit Pünktchen tauschten zwei Knirpseriche die Handschuhe, so daß sie statt eines gelben und eines rosaroten jetzt einen blauen und einen grünen hatte.
Buntfleck war gekränkt, denn mit ihm hatte niemand getauscht.
Da sah Nimmerklug einen Polizisten auf sich zukommen. Er trug einen nagelneuen, blitzenden Helm. Nimmerklug betrachtete ihn genauer und erkannte, daß es kein anderer war als Pfeifstengel. Vor Verblüffung riß Nimmerklug den Mund auf und starrte Pfeifstengel an,
der genau auf ihn zuging und ihn vom Kopf bis zu den Füßen musterte. Besonders aufmerksam, so schien es Nimmerklug, betrachtete Pfeifstengel seine gelbe Hose. Nimmerklug wollte schon Reißaus nehmen, doch da trat der Polizist auf Buntfleck zu, zog ihm den weißen Handschuh ab und gab ihm den roten dafür. Jetzt hatte Pfeifstengel zwei weiße Handschuhe. Gemächlich streifte er sie über, schob sie zurecht, salutierte und ging seines Weges.
„All eure Wünsche sind also in Erfüllung gegangen", sprach der Zauberer. „Die Esel sind in den Zoo zurückgekehrt, Leseblatt ist wieder bei Buchstabine, und Pfeifstengel wurde aus dem Krankenhaus entlassen. Nun muß ich euch nur noch heimschicken."
„Und was wird aus den Windbeuteln?" fragte Nimmerklug. „Vielleicht muß man mit ihnen auch etwas unternehmen, damit sie aufhören, die Knirpse zu kränken?"
„Darüber mach dir keine Sorge", entgegnete der Zauberer. „Ich habe ein Zauberbuch geschrieben, in dem von all euren Erlebnissen berichtet wird. Es ist eine lehrreiche Geschichte. Jeder Windbeutel, der sie liest, wird erkennen, daß er sich an ganz gewöhnlichen Eseln ein Beispiel genommen hat. Er wird sich so schämen, daß er nie mehr die Windbeutel nachäffen wird."
„Aber wenn das Buch auf einen Windbeutel nicht wirkt?" wollte Buntfleck wissen.
„Bücher wirken immer auf die Knirpse", erwiderte der Zauberer. „Nur auf die echten Esel haben sie keinen Einfluß."
Mittlerweile waren die Reisenden an einen Platz gekommen, wo zwei oder drei Dutzend Autos für Fernfahrten. standen.
„Ab heute gibt es in Sonnenstadt einen Halteplatz für Fern-Knopftaxis", erklärte der Zauberer. „Früher konnten die Knopftaxis nur innerhalb der Stadt benutzt werden, jetzt aber kann man mit ihnen fahren, wohin man will."
Er ging zu dem erstbesten Auto, steckte die Hand in einen Schlitz hinter dem Kühler und zog eine Papptafel hervor, auf die eine Karte des Knirpsenlandes gedruckt war. Auf dieser Karte suchte er Blumenstadt, verzeichnete mit dem Bleistift den Weg, der von Sonnenstadt nach Blumenstadt führte, und steckte die Karte in den Schlitz zurück.
„Steigt ein", sagte er dann. „Wenn ihr auf den Startknopf drückt, fährt das Auto ah und bringt euch nach Blumenstadt. Wenn ihr halten wollt, müßt ihr wieder auf
Weitere Kostenlose Bücher