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Nimmermehr

Nimmermehr

Titel: Nimmermehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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verschlungener Körper, gaben uns der phantasievollen Dunkelheit des Augenblicks hin. Leonore redete wenig, und tiefere Einblicke in ihr Leben gewährte sie mir schon gar nicht. Ihre Vergangenheit blieb ein durch schattenhafte Konturen gezeichnetes Bild.
    Als ich sie in Zimmer 237 aufsuchte, öffnete sie prompt und zog mich in die Dunkelheit hinein. Sie trug nichts außer einem roten Seidenkimono.
    »Wer bist du?«, fragte ich sie, nachdem wir auf dem kalten Boden in einem ersten warmen Aufbäumen zur Ruhe gekommen waren. Die durch das Fenster fallenden dürftigen Strahlen der alten Straßenlaternen tauchten Leonores schweißnassen Körper in mattes blaues Licht. Strähnen des schwarzen Haars baumelten vor ihren Augen, die mich wild musterten.
    »Ich bin, die ich bin«, gab sie zur Antwort. »Ich bin Leonore.«
    »Wer bist du?«, wiederholte ich leise meine Frage.
    »Leonore Beaumont«, hauchte sie. »Miss Mystery.« Sie leckte mir über das Gesicht und zwinkerte mir zu. »Ich bin die Frau, die sich in dich verliebt hat, Richard.« Das Geräusch des Regens lag über der Stille. »Ich möchte dich in mir spüren. Ich möchte dich schmecken«, hauchte sie, und ihre Stimme ließ mich benebelt die Augen schließen. Dann spürte ich erneut ihre schmerzhaften, saugenden Küsse an meinem Hals. Ich riss die Augen auf, und die Katzenaugen funkelten grün über mir. Lange kalte Finger krallten sich in mein Fleisch. »Bleibe in mir«, flüsterte sie, und während ich ihrem Wunsch Folge leistete, lag ihr Atem an meinem Hals, ganz so, als habe sie sich dort festgebissen, ohne je wieder loslassen zu wollen.
    Nach jedem dieser Treffen fühlte ich mich kraftlos und litt unter leichtem Schwindelgefühl. Leonore sorgte dafür, dass es mir an nichts fehlte. Sie wirkte besorgt, wenn sie meinen Zustand bemerkte, erkundigte sich scheinbar endlos nach meinem Befinden. Sie fütterte mich mit Vitamintabletten und einem nie verebbenden Nachschub an Toast mit Konfitüre, ertränkte mich förmlich in heißem Kaffee und milder Fürsorge. In diesen Augenblicken sah ich mich einem gänzlich anderen Menschen gegenüber. Es fiel mir schwer zu glauben, dass diese Leonore die gleiche Person war, die mich des Nachts mit sanften Bissen und einer morbiden Phantasie verhexte. In den Morgenstunden ließ ihr Verhalten in manchen Momenten den Verdacht aufkommen, es plage sie ein schlechtes Gewissen (welche Gründe dies auch immer haben mochte). Sie wirkte, entgegen ihren Neigungen bei Nacht, wenn auch nicht unbedingt schüchtern, so doch höchst zurückhaltend und in sich gekehrt.
     
    »Du bist verrückt«, stellte Miles fest. »Sagte ich, du stündest auf verrückte Frauen? Nun, ich denke, dies hier«, er deutete auf meinen Hals, »bestätigt meine Aussage wohl zur Genüge.« Er schüttelte ungläubig den Kopf. »Hast du heute Morgen vielleicht schon einen Blick in den Spiegel geworfen? Du siehst aus, als wärst du letzte Nacht dem Tod von der Schippe gesprungen.«
    In der Tat hatte mich das Gesicht, welches mir aus dem Badezimmerspiegel entgegengeblinzelt hatte, schockiert. Dunkle Ränder lagen unter geröteten Augen, die Kratzwunden auf meinem Rücken und die Wundmale an Hals und Schenkeln wirkten ebenso wenig beruhigend. Hinzu kam eine ungesunde Blässe. »Ich fühle mich ein bisschen krank«, gab ich zu. »Eine aufkommende Erkältung vermutlich.«
    Miles nahm diese Erklärung wortlos zur Kenntnis.
    Ich hing tagträumerisch meinen Gedanken nach.
    »Richard Crawford«, riss er mich mit seiner rauen irischen Stimme in die Wirklichkeit zurück. » Gräfin Bathory steht auf der Liste deiner skurrilen Bekanntschaften zweifellos an erster Stelle.« Er zog die Stirn in Falten und fügte hinzu: »Ich hoffe für dich, dass du der einzige Mann bist, dem sie so die Nacht versüßt. Schließlich sind dies nicht die wilden 6oer.«
    Wir sahen einander schweigend an. Miles nahm einen weiteren Dartspfeil in die Hand und setzte zum Wurf an. Ein Auge zugekniffen, fixierte er das Ziel.
    »Ich habe mich in sie verliebt«, gestand ich ihm.
    Der Pfeil schoss durch den Raum und verfehlte die Scheibe um Millimeter. Vollkommen überrascht starrte Miles den auf dem Boden liegenden Pfeil an. »Ich habe daneben geworfen«, murmelte er ungläubig. »Ich habe noch nie daneben geworfen.« Er warf mir einen bösen Blick zu und tippte mir mit dem Zeigefinger auf die Brust. » Deinetwegen habe ich daneben geworfen.«
    Ich verzog das Gesicht zu einem Grinsen. »Tut mir leid.«
    »Du bist

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