Nimmerzwerg
Zwerge verprügelt, um zu erkennen, wenn einer unzufrieden war. Und er ärgerte sich. Über die Unzufriedenheit der Zwerge und darüber, dass sie überhaupt zu ihm kamen. Schließlich war er nur der Stellvertreter des neuen Herrschers der Zwerge. Wenn Felsigk Klammgluth zurückkehrte, würde er ihm das Hammerzepter mit Freuden überlassen. Bedauerlicherweise schien Klammgluth sich mit der Wiederkehr etwas schwer zu tun. Er war nun schon länger als eine Schicht fort und hatte nicht einmal einen Felsläufer { * } geschickt, um von seinen Fortschritten zu berichten.
Trümmerboldt hatte kein gutes Gefühl bei der Sache. Er, dem es die meiste Zeit über schwerfiel, sich selbst zu beherrschen, musste nun irrtümlicherweise ein ganzes Volk beherrschen. Und dann noch ein unzufriedenes. Dem kargen Maß seiner Weisheit zum Trotz wusste er, dass sich Unzufriedenheit und steuerzahlende Zwerge nicht gut miteinander vertrugen. Also hatte er sich schließlich dazu entschlossen, seinen Hammer fortzustecken und stattdessen den gesamtzwergischen Alkoholpegel zu heben. Fortan gab es, wann immer im Inneren der Gänge Probleme zutage gefördert wurden, ein Fass Freibier für jeden Betroffenen. Die Folge war zunächst ein nicht unerheblicher Anstieg der Zahl der Probleme und bald darauf auch der Schürf- und Grubenunfälle. Und natürlich betrunkene Steuerzahler, Zwerge, die sich am Ende der Schicht lieber in ihrer Höhle betranken, als lästige Audienzen bei ihrem Herrscher zu erbitten.
Erfahrungsgemäß würden sich die Zwerge aber über kurz oder lang an die größere Alkoholmenge gewöhnen.
Zwerge gewöhnten sich an alles, was mit Alkohol zu tun hatte.
Dann wären zwei Fässer pro Schicht nötig.
Später womöglich sogar drei.
Und irgendwann würde es einfach zu teuer werden, das Eherne Volk am Bierhahn zu säugen. Krugk Trümmerboldt, der provisorische Herrscher der Zwerge, würde Hilfe brauchen, wenn er die Macht über die Zwerge bewahren und sie irgendwann einmal unversehrt seinem Herrn zurückgeben wollte. Denn gegenwärtig war diese provisorische Macht das Einzige, was ihm geblieben war. Er konnte sich weder auf den Rückhalt durch das Zwergische Zwielicht noch auf die Sicherheit des alten Schutzgolderpressergeschäftes verlassen. Der Anonymität des Zwergischen Zwielichts war er in der Schicht entwachsen, als Felsigk Klammgluth und Harrm Kiesgrimm losgezogen waren, um das Undenkbare denkbar zu machen. Seitdem stand er im hellen Schein der Leuchtkäfer, sichtbar für jeden Zwerg, der uneingeschränkte Herrscher des Ehernen Volkes. Sein Bart war öffentlich geworden, und an jedem Haar zupfte ein Untertan…
Krugk Trümmerboldt konnte nicht mehr zurück.
Und es schauderte ihn bei dem Gedanken, weiter voranzuschreiten.
Wehmütig betrachtete Trümmerboldt seine vergoldeten Fußnägel. Er war wahrhaft aus den Schatten getreten. Die Tage des Zwergischen Zwielichts waren gezählt. Sein Anführer war verschwunden, und alles, was geblieben war, waren die Geheimdienste des einstigen Verwalters, der schwarze, der schwärzere und der tiefschwarze Menhir, in denen inzwischen alle zwergischen Halunken des gegenwärtigen Zeitalters organisiert waren. Für den Fall, dass Klammgluth nicht zurückkehrte, hatte sich Trümmerboldt schon beinahe damit abgefunden, den Platz des Großen Verwalters einzunehmen und Herr der gesamten Zwergenheit zu sein. Allerdings gedachte er, dies nach seinen eigenen Regeln zu tun. Einfach und unkompliziert. So wie er seinen Geschäften seit eh und je nachzugehen pflegte. Um sich aber auf dem schwarzen Thron der Herrschaft zu halten, würde er eisernen Willen, einen Plan und Verbündete brauchen. Denn irgendwann würde sein Volk anfangen zu zweifeln. Und am Ende dieser Zweifel würde Trümmerboldt nicht etwa im Dunkel des Zwielichts, sondern mit blauen Flecken in den Verliesen von Vorrngarth verschwinden oder bei den Entzwergten landen. Er hatte gesehen, was dem letzten Großen Verwalter widerfahren war, nachdem Klammgluth, der Anführer des Zwergischen Zwielichts, seinen Plan in die Tat umgesetzt hatte. Das Eherne Volk hatte nicht einmal eine Schicht gebraucht, um seinen Herrscher vom Thron in den Kerker zu bringen. Jetzt hing der Verwalter an irgendeiner Wand in einem lichtlosen Verlies und würde dort hängen, bis sein Bart den Boden berührte. Da er jedoch gut vier Zwerg über dem Boden hing, würde das noch ein halbes Zeitalter dauern. Dies entsprach dem härtesten Urteil innerhalb des zwergischen
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