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Nimue Alban 10 - Der Verrat

Nimue Alban 10 - Der Verrat

Titel: Nimue Alban 10 - Der Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Weber
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unmöglich zulassen. Aber warum musste das alles so schlimm werden? Warum mussten so viele Me n schen – so viele gute Menschen, und gute Menschen gab es auf beiden Seiten! – in diesem Krieg sterben?
    Als sie an ihren Bruder Trai und ihren Cousin Urvyn dachte, kamen ihr doch noch die Tränen, die zurückzuhalten sie sich so bemüht hatte. Sir Rayjhis hatte sich so viel Mühe gegeben, Wynai zu trösten, als die schreckliche Nachricht eintraf. Er hatte versucht, ihr zu erklären, es sei ein entsetzl i cher Unfall gewesen. Doch Wynai wusste, dass das nicht stimmte. Natürlich konnte sie sich nicht ganz sicher sein, aber … sie wusste es eben. Wenn Urvyn doch nur die Wah r heit genau so deutlich gesehen hätte wie sie und Trai! Aber das hatte er nicht, und so hatte sie ihren Cousin an diese Ketzer verloren. Ach, sie hatte ihn so sehr geliebt, und, oh geliebte Bedard, es schmerzte so sehr, ganz genau zu wissen, dass Trai ihn umgebracht hatte … und sich selbst gleich mit.
    Vergib ihm!, betete sie nun und starrte flehentlich das A b bild des Erzengels an der Wand an. Sie wusste nicht einmal, ob sie für ihren ketzerischen Cousin betete oder für ihren Bruder, der mit seinem Selbstmord gegen Gottes Gebote verstoßen hatte. Doch dann riss sie sich zusammen. Gott konnte Trai doch unmöglich dafür verurteilen, dass er sein Leben im Dienste an Gott hingegeben hatte! Trotzdem …
    Bitte vergib ihnen allen! Ich weiß, dass Urvyn und die anderen vom rechten Pfad abgekommen sind. Ich weiß, dass alles, was sie lehren, entsetzlich falsch ist. Aber eigentlich sind sie doch gar nicht böse. Sie alle tun nur, was sie für ihre Pflicht halten. Sie tun das, was ihrer Ansicht nach Du und Gott von ihnen verlangen. Müssen sie wirklich bis in alle Ewigkeit dafür büßen?
    Die Ikone antwortete ihr nicht, doch das hatte Wynai auch nicht erwartet. Sie atmete tief durch. Und dann traf sie ihre Entscheidung.
    Von Anfang an hatte sie mehr tun wollen. Trai hatte sie davon abgehalten. Er hatte es ihr schlichtweg befohlen. Sie erinnerte sich noch gut an den ersten Brief, den er ihr damals geschickt hatte. Dieser Brief hatte sie in eine eigentümliche Stimmung versetzt: Sie war zugleich verängstigt und glüc k lich gewesen. Es war ganz die Art ihres großen Bruders, Verantwortung zu übernehmen. Er hatte immer genau g e wusst, was zu tun war, und Wynai hatte seine Warnungen sehr ernst genommen. Niemandem, nicht einmal ihrem Beichtvater, hatte sie von den Briefen erzählt, die sie an den Ehemann ihrer Tante in Zion weiterleitete. Von jenen Bri e fen, die dann von dort aus geradewegs das Offizium der I n quisition erreichten … und von den Antworten, die ihm dann zusammen mit ihren Briefen zugestellt wurden. Wynai hatte keine Ahnung, welche Informationen und welche Anwe i sungen hin und her geschickt wurden. Denn auch dazu hatte sich Trai unmissverständlich ausgedrückt. Auf seine Bitte hin hatte die Inquisition ihm auf einem gänzlich anderen Wege ein Codebuch zukommen lassen – auf welchem Wege, wusste Wynai nicht. Und Trai und der Mann, mit dem er tatsächlich korrespondierte, hatten ihre Nachrichten in Buc h stabenspielen und Akrostichons verborgen, die er und Wynai sich auf dem Postwege regelmäßig hatten zukommen lassen, seit Wynai vor so vielen Jahren in die Republik geheiratet hatte.
    In seinem ersten Brief war Trai sehr eindeutig gewesen: Keinesfalls solle sie etwas anderes tun, als nur diese Briefe weiterzuleiten. Das sei wichtiger als alles andere. Und auf keinen Fall dürfe sie etwas tun, was sie daran hindern kön n te, genau diese Aufgabe zu erfüllen. Also hatte Wynai ke i nerlei Kontakt zur Inquisition hier in der Siddarmark aufg e nommen. Sie hatte sich so ruhig und vernünftig verhalten, wie das nur möglich war, seit der unausweichliche Streit zwischen den Tempelgetreuen und den Anhängern der Ki r che von Charis ausgebrochen war. Sie hatte alles vermieden, was sie möglicherweise in den Augen der einen oder and e ren Seite wie eine Extremistin hätte wirken lassen. Und sie hatte nie, nicht ein einziges Mal, ihre privilegierte Stellung hier in der Botschaft dazu ausgenutzt, Mutter Kirche Info r mationen zukommen zu lassen.
    In vielerlei Hinsicht war sie dankbar dafür, dass Trais Anweisungen sie davon abgehalten hatten, dergleichen zu tun. Doch nun war Trai tot, und Urvyn auch, beide geopfert in einem Krieg, den ruchlose Menschen Gott erklärt hatten. Wynai war nun frei. Nun musste sie das Vertrauen mis s brauchen, das

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