Nimue Alban: Der Kriegermönch: Roman (German Edition)
Schützengräben auf. Einige der Pferde waren zwar nicht von einer Kugel getroffen worden, aber dennoch zu Boden gestürzt: Sie hatten sich die Beine gebrochen und ihre Reiter abgeworfen, als andere getroffene Tiere gegen sie prallten. Pferde waren leichter zu treffen als Menschen und fingen so ungleich mehr charisianische Kugeln ab. Brynygair sah, dass auch andere Kavalleristen wieder auf die Beine kamen. Einige zogen die Pistolen aus den Sattelholstern, um ihre Reittiere vom Leid zu erlösen. Andere griffen nach heruntergefallenen Lanzen oder zogen das Schwert. Wieder andere blickten sich einfach nur tatenlos um, betäubt und entsetzt. Vielleicht einhundert von Brynygairs Männern saßen immer noch im Sattel, doch ihre Pferde kamen keinen Schritt weiter. Sie standen vor einer schier unüberwindlichen Barrikade aus toten und verwundeten Männern und Tieren. Mindestens zwanzig oder dreißig seiner Männer hatten es tatsächlich geschafft, ihre Reittiere herumzureißen und den Hang hinauf die Flucht anzutreten – und Brynygair konnte es ihnen nicht einmal verübeln. Es wurde Zeit …
Die zweite Salve krachte, obschon der Donner der ersten kaum verklungen war. Diese zweite Salve war genauso gewaltig wie die erste und kam unfassbar rasch. Eine Kugel durchschlug Sir Zhadwail Brynygairs Brustpanzerung mit der Wucht des Vorschlaghammers, mit dem er doch eigentlich eine Tafelnuss hatte knacken wollen.
Graf Hanth hob das kurze, handliche (und unfassbar teure) Doppelfernrohr: Die Königliche Hochschule hatte dieses neue Gerät ›Feldstecher‹ getauft. In grimmiger Befriedigung presste Hanth die Lippen aufeinander. Eigentlich hatte er darauf gehofft, noch mehr Kavalleristen oder ein paar mehr Infanterieregimenter dazu zu bewegen, sich über den Kamm zu wagen. Aber er war durchaus bereit, sich mit dem zufriedenzugeben, was ihm das Schicksal beschert hatte. Vor allem, da seine Falle noch nicht einmal ganz zugeschnappt war.
Hörner ertönten, und die Matrosen seiner Flotten-›Bataillone‹ sprangen aus den Gräben, bildeten eine Schützenlinie und marschierten wieder auf den Kamm zu, den sie ›in Panik‹ aufgegeben hatten. Von seiner Position aus, westlich der Straße zwischen den Bäumen verborgen, konnte Hanth auch den vorderen Teil des Hanges einsehen. Die dohlaranische Infanterie hatte bestürzt Halt gemacht, nachdem so unvermittelt unzählige Gewehre abgefeuert worden waren und sie eine Handvoll Kameraden den Hang hinunterflüchten sahen.
Dann wurden plötzlich weitere Gewehre abgefeuert – dieses Mal jedoch hinter ihnen. Dort standen die eintausend Marines, die General Breygart zu beiden Seiten der Landstraße im Wald verborgen hatte. Natürlich hatten sich die Marines bestens getarnt, aber eigentlich wäre das nicht nötig gewesen. Die Kundschafter der Dohlaraner gehörten zur Kavallerie, nicht zur Infanterie. Niemals wären sie auf die Idee gekommen, den Wald abzusuchen – vor allem nicht, nachdem sie die ›Siddarmarkianer‹ bereits auf dem Kamm entdeckt hatten … zusammen mit den Piken, die sich Breygart von General Fyguera allein zu dem Zweck ausgeliehen hatte, sie zum rechten Zeitpunkt fallen zu lassen. Auf die ersten Schüsse der Matrosen hin hatten sich die Marines weiträumig in diesem für die Kavallerie fast unpassierbaren Wald verteilt und dann in Bauchlage hinter umgestürzten Baumstämmen, Baumstümpfen, Felsbrocken und sogar in kleinen Senken Deckung gesucht. Nun hatten auch sie das Feuer eröffnet. Immer noch aus der Bauchlage heraus, brachten sie ihre Mahndrayns mit skrupelloser Effizienz zum Einsatz. Panik brach in den Regimentern aus, die Brynygair hinter seinen vordersten Einheiten positioniert hatte, um den erwarteten Sieg zur Gänze ausnutzen zu können.
Die Männer und Pferde, die dicht an dicht auf der Landstraße standen, eingekesselt zwischen den beiden dichten Waldabschnitten, konnten ihre Angreifer nicht einmal sehen . Was sie sahen, war Mündungsfeuer inmitten des tiefgrünen Halbdunkels – überall Mündungsfeuer! Dann rollte eine ganze Nebelbank aus Pulverdampf zwischen den Bäumen heran. Kugeln von allen Seiten trafen ihr Ziel, zerschmetterten Knochen, zerfetzten Fleisch. Männer und Pferde – sogar Last-Drachen – stürzten zu Boden und schrien voller Schmerzen; andere waren sofort tot. Zusammen mit dem Überraschungseffekt war dieses Blutvergießen einfach zu viel. Die Dohlaraner traten die Flucht an … nur standen sie zu dicht beieinander. Gnadenlos kam Kugel um Kugel,
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