Nimue Alban: Der Kriegermönch: Roman (German Edition)
gesichert. Für den unerwartet langen Widerstand hatte die Nachhut einen heftigen Preis zahlen müssen: Mehr als die Hälfte der Infanteristen, ganze sechshundert Mann, waren tot oder verwundet. Damit hatten die Dohlaraner zehnmal so viele Verluste hinnehmen müssen wie Hanth – vom Verlust der Artillerie einmal ganz zu schweigen. Und doch hatte die Nachhut ihr Ziel erreicht: Als der Graf endlich kurz vor Trevyr stand, hatten sich Traylmyns Männer bereits verschanzt, und die noch verbliebenen Feldgeschütze waren fest eingegraben. Und nicht nur das: In seinen Depeschen an Rychtyr hatte der Baron seinen Vorgesetzten zur Eile gemahnt – und der Rest von Traylmyns ursprünglicher Vorhut war noch vor Hanth in Trevyr eingetroffen.
Nun stand Hauwerd Breygart vor einem Gegner, der ihm von der Mannstärke her im Verhältnis vier zu eins überlegen war. Dieser Gegner hatte sich hinter massiven Erdwällen und in sauber angelegten Schützengräben verschanzt. Da General Hanth über keinerlei Kavallerie verfügte, hatte er den Sturm auf die Stadt verworfen. Stattdessen hatte er kurz vor der Maximalreichweite der gegnerischen Artillerie Halt gemacht und dann seine Männer angewiesen, sich ebenfalls einzugraben. Dabei galt es, Vorsicht walten zu lassen. Denn die Dreißigpfünder waren schwer und unhandlich, selbst noch mit ihren Lafetten. Sollten die Dohlaraner ihn hier mit einem Sturmangriff überraschen, bliebe wohl kaum noch genug Zeit, die Geschütze wieder aufzuprotzen und sich dann über die Straße nach Thesmar zurückzuziehen. Gut, Rychtyr und Traylmyn schienen damit zufrieden, in Trevyr belagert zu werden. Also wäre Hauwerd Breygart seinerseits einverstanden damit, vor Trevyr zu stehen und dafür zu sorgen, dass eine Belagerung auch wirklich stattfand. Entlang der Landstraße hatte er zwischen Cheryk und Cheraltyn Vorposten aufgestellt, um sicherzugehen, dass sich niemand vom Norden her an ihn heranschleichen konnte. Zudem hatte er vier seiner Dreißigpfünder nördlich von Trevyr eingraben lassen. Gesichert wurden sie durch zweihundert Marines, die von dort aus auch den Sankt Alyk im Auge behalten konnten. Niemand würde auf diesem Fluss eine Vorhut nach Klippenkuppe schaffen, solange er nicht zuvor General Hanths Männer aus dieser Stellung vertrieb. Und solange die Männer des Grafen diese Stellung hielten, nagelten sie beinahe fünfmal so viele Dohlaraner an Ort und Stelle fest.
Tatsächlich waren es sogar noch mehr Männer, die hier festsaßen. Sir Rainos Ahlverez hatte mit dem Führungskader seines fünfzigtausend Mann starken Hauptverbands die Ortschaft Evyrtyn erreicht, ein Stück weiter nördlich den Seridahn hinauf. Hätte er beschlossen, mit seiner gesamten Truppe nach Süden zu ziehen, hätte er Hanth zweifellos einfach niederwalzen können – ganz egal, wie gut der Graf und seine Männer auch sein mochten. Doch er hatte sich für etwas anderes entschieden. Denn es hielten sich hartnäckige Gerüchte, die Charisianer, die Traylmyn eine blutige Nase verpasst hatten, hätten zusätzliche Truppen den Taigyn hinaufgeschickt, vorbei an der Feste Darymahn, um auch diese Flusslinie zu verteidigen. Ahlverez hatte nicht das Bedürfnis, charisianischen Waffen häufiger entgegenzutreten als unbedingt notwendig. Also hatte er weitere vier Infanterieregimenter zu Rychtyrs Unterstützung ausgeschickt. Doch seine restlichen Männer zogen jetzt nicht nach Süden, sondern nach Norden. Den Seridahn hinauf steuerten sie Alyksberg an: die Feste, die über den Pass wachte, wo der Östliche Seridahn aus den Schlangenbergen heraustrat.
Alyksberg einzunehmen würde Sir Rainos natürlich von seinen Zielen im Osten der Südmark ablenken. Aber diese kleine Aufgabe überließ er bereitwillig den Desnairianern. Diese Veränderung des Planes würde ihm sehr wohl den Zugriff auf Klippenkuppe gestatten … ohne dass er dafür den Sankt Alyk hinauffahren oder eine Überquerung des Taigyn erzwingen musste. Und was für Ahlverez vielleicht noch viel wichtiger war: in Alyksberg standen lediglich fünf entsetzlich unterbesetzte siddarmarkianische Regimenter … vor allem aus Milizionären. Diese Regimenter verfügten über kein einziges Gewehr und kein einziges Geschütz neuer Baureihe. Laut den Berichten seiner Spione waren der Garnison praktisch sämtliche Lebensmittel ausgegangen, und Krankheiten dezimierten die Besatzung.
So betrachtet bot Alyksberg wirklich ein deutlich lohnenderes Ziel, dem konnte Merlin nicht widersprechen. Hanth
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