Nimue Alban: Der Kriegermönch: Roman (German Edition)
Kartentisch im Kommandoturm von HMS Delthak hinweg seinen Kapitän an.
»Sehe ich aus, als würde ich scherzen?«, versetzte Halcom Bahrns gereizt. »Uns bleiben noch drei Tage.«
»Aber Sir …!«
Blahdysnberg hielt inne und starrte seinen Vorgesetzten an. Seine Miene verriet eine Mischung aus Bestürzung und Verzweiflung – was ihm Bahrns nicht im Mindesten verübeln konnte. Seine eigene Reaktion auf die Befehle, die Seijin Merlin überbracht hatte, war … nicht ganz so gelassen ausgefallen.
»Die Männer sind am Ende ihrer Kräfte, Sir«, fuhr Blahdysnberg nach einer kurzen Pause fort. »Ich gebe wohl zu, dass wir in ungleich besserem Zustand eingetroffen sind, als ich bei unserer Abfahrt für möglich gehalten hatte. Aber vor allem die Heizer sind völlig erschöpft. Und Zhak ist davon ausgegangen, dass uns noch genug Zeit bleibt, die Maschinen zu warten. Wir haben gerade unter Dampf sechstausend Meilen zurückgelegt, Sir! Ich habe keine Ahnung, wie sehr man sich danach noch auf die Maschinen verlassen kann. Sie etwa?«
»Nein, habe ich nicht. Aber uns bleibt keine andere Wahl, Pawal«, erklärte Bahrns nun völlig tonlos. »Die warten auf uns, und der Befehl kommt vom Kaiser persönlich . Der Umbau der Lastkähne ist schon so gut wie abgeschlossen. Commodore Shailtyn hat bereits entschieden, welche Besatzungsmitglieder seiner Galeonen er abkommandiert. Wenn Sie glauben, Sie seien erzürnt, hätten Sie mal hören sollen, was die Kapitäne des Commodore dazu gesagt haben! Wir nehmen denen so mir nichts, dir nichts fast sechshundert Matrosen und Kanoniere weg! Und nicht nur das: auf die Artillerie müssen sie auch noch verzichten, weil wir die ja schließlich brauchen. Die werden jetzt schon, in diesem Moment, an Land geschafft; zusammen mit der Kohle warten die dann am Sankt-Angyloh-Pier auf uns. Schon vor zwei Tagen sind mehrere Galeonen aufgebrochen, um weitere Kohle nach Ranshair und Salyk zu schaffen. Wenn das klappt, stehen die schon für uns bereit, wenn wir dort eintreffen. Ach ja, und zusätzlich zu den Matrosen und Kanonieren, die Commodore Shailtyn uns freundlicherweise zur Verfügung stellt, erhalten wir von ihm auch noch zweihundert seiner Marines und sechs Kompanien siddarmarkianischer Schützen. Ich sollte vielleicht noch hinzufügen, dass besagte Schützen vorgestern zum ersten Mal ihre neuen Gewehre in die Hand nehmen durften. Aber machen Sie sich keine Sorgen! Seijin Merlin hat mir versichert, die Männer würden bis zu unserer Abfahrt jede freie Minute dazu nutzen, das Abfeuern und Nachladen zu üben … bis sie es können, ohne sich – oder anderen – dabei den Schädel wegzublasen.«
Während Bahrns ›Erklärung‹ war Blahdysnbergs Bestürzung nacktem Entsetzen gewichen: Er blickte drein, als hätte man ihm gerade einen mittelschweren Gegenstand über den Schädel gezogen. Sein Vorgesetzter gab ihm zwei Minuten Zeit, das soeben Gehörte zu verdauen. Dann tätschelte er seinem Untergebenen beruhigend die Schulter.
»Sie kennen doch das alte Sprichwort: ›Wenn man keinen Spaß versteht, sollte man nicht zur Navy gehen!‹«, sagte er sehr ruhig. »Ich muss zugeben, im Augenblick erscheint mir das Ganze auch nicht gerade sonderlich spaßig, aber das ändert nichts an unseren Pflichten. Dieser Einsatz ist wirklich wichtig.« Er blickte Blahdysnberg fest in die Augen. »Wichtiger, als Sie ahnen.«
Der Leutnant erwiderte den Blick. Seine Nasenflügel bebten, so tief atmete er durch. Dann gab er sich sichtlich einen Ruck.
»Wenn das so ist, Sir«, sagte er und verzog die Lippen zu einem schiefen Grinsen, »sollte ich mich wohl lieber an die Arbeit machen.«
.XII.
Alyksberg,
Provinz Klippenkuppe,
und
Seenstadt,
Provinz Tarikah, Republik Siddarmark
Alyksberg sah seinem Ende entgegen.
Sir Rainos Ahlverez stand vor dem Eingang seines Kommandozeltes und schaute zu, wie sich die Wolken über den brennenden Dächern der Festungsstadt allmählich rot färbten. Seine Geschütze hatten die Stadt in Brand geschossen, und immer noch krachten und donnerten Musketen. Sein Zelt war fünftausend Schritt von den Stadtmauern entfernt. Daher hörte er die Schreie der Sterbenden und Verwundeten nicht. Nur wusste er, dass es sie gab. Hilflos bleckte er die Zähne.
Fünf Tage lang hatte die Stadt durchgehalten. Ursprünglich hatte Ahlverez erwartet, dass es noch ungleich länger dauern würde. Doch dann hatte ihm ein Spion gemeldet, der Garnisonskommandeur sei desertiert, bevor Ahlverez’ Armee
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