Nimue Alban: Der Kriegermönch: Roman (German Edition)
hatte großartige Arbeit geleistet. Aber wie Greyghor Stohnar schon gesagt hatte: auch der General und seine Männer konnten nicht überall gleichzeitig sein. Merlin war sich sicher, dass Alyksberg fallen würde – sogar rasch, wenn fünfzigtausend Mann einen Sturmangriff unternähmen. Und war Alyksberg erst einmal gefallen, standen der Royal Dohlaran Army sämtliche Tore in die Provinz Klippenkuppe sperrangelweit offen.
Und die Dohlaraner stünden nicht allein dort. Vor zwei Tagen hatte Kaitswyrths Vorhut aus Westmarch die Grenze nach Klippenkuppe überquert. Die Stadt Aivahnstyn am Daivyn war kampflos gefallen: General Charlz Stahntyn, der Oberkommandierende der dortigen Garnison mit ihren fünfzehntausend Mann, hatte sofort begriffen, was der Stadt widerfahren würde, sollte er tatsächlich eine Abwehr der Invasoren versuchen. Zugleich war ihm auch bewusst gewesen, was geschehen würde, wenn er seine fünfzehntausend Mann einem Feind in fast zehnfacher Stärke entgegenschicken würde. Und so hatte er die Truppen nach Süden abrücken lassen, in Richtung der Stadt Sangyr.
Bedauerlicherweise hatte Stahntyn über praktisch keine Kavallerie verfügt. Der Bischof-Kommandeur aber hatte mit seiner Kavallerie die ermüdeten, unterernährten siddarmarkianischen Infanteristen mühelos überholt und eingekesselt – keine zwanzig Meilen hinter Aivahnstyn. Stahntyn hatte die Männer zum Gefecht antreten lassen, obwohl er wusste, dass die Lage hoffnungslos war. Doch Kaitswyrth hatte keinen Grund gesehen, vermeidbare Verluste zu riskieren. Er hatte die Geschütze auffahren lassen und dann den Verteidigern von Aivahnstyn das angedeihen lassen, was Sir Naythyn Byrgair ihm bei Colonel Mahldyns Regiment auf der Landstraße von Syrk vorgemacht hatte.
Nur , dachte Merlin und schürzte die Lippen, dass bei der Armee Gottes niemand bereit gewesen war, den Überlebenden aus Stahntyns Einheit Pasquales Gnade zu erweisen . Pater Sedryk Zavyr, Kaitswyrths schueleritischer Sonderintendant, sorgte sich viel zu sehr darum, Sünder für ihre Vergehen gegen Gott zu strafen, um sich noch darum scheren zu können, ihre Seelen zu retten. Dem Vorbild des Sonderintendanten folgten selbstverständlich die Inquisitoren, die Kaitswyrths Armee zugewiesen waren. Nicht, dass Merlin jemals einen Unterschied erkannt hätte zwischen Leuten wie Zavyr und denjenigen, die behaupteten, ihr Ziel sei es, die Seelen aller Opfer Shan-weis vor der Hölle zu bewahren. Wie auch immer ihre Motive geartet sein mochten: es lief doch immer auf das gleiche Gemetzel hinaus.
Bischof-Kommandeur Bahrnabai Wyrshym, dessen Armee auf Guarnak zumarschierte, war aus einem gänzlich anderen Holze geschnitzt als Kaitswyrth. Zum einen war er älter. Dass sie beide Chihiriten des Ordens vom Schwerte waren und Erfahrungen als Tempelgardisten gesammelt hatten, waren schon die einzigen Gemeinsamkeiten. Wyrshym – muskelbepackt und zäh, mit grauem Haar und ebenso grauen Augen – wirkte wie ein lebendig gewordenes Stück Eisen. Trotzdem stand er, anders als Kaitswyrth, Clyntahns extremer Vorgehensweise ablehnend gegenüber. Vor vielen Jahren hatte er in der gleichen Einheit gedient wie Hauwerd Wylsynn. Merlin vermutete, das sei der Hauptgrund dafür, weswegen man ihn damit betraut hatte, New Northland und die Sylmahn-Kluft zu sichern, während Clyntahn Kaitswyrth dafür vorgesehen hatte, sich um Klippenkuppe zu kümmern.
Aber Merlin wusste noch nicht, was er von Weihbischof Ernyst Abernethy halten sollte, Wyrshyms Sonderintendanten. Für seine derzeitige Funktion war Abernethy erstaunlich jung. Er war im Orden rasch aufgestiegen, nachdem Clyntahn und Rayno die Reihen der Inquisitoren drastisch aufgestockt hatten. Der Weihbischof machte den Eindruck, zu allem bereit zu sein, was seine Pflichten ihm abverlangten, so unschön es auch werden mochte. Doch Merlin wurde das Gefühl nicht los, in Wahrheit bedauere Abernethy all die Gewalt und das Blutvergießen. Auf jeden Fall gab er sich nicht extra Mühe, besonders bösartig zu sein. Und das unterschied ihn von Zavyr.
Dann war da noch Bischof Wylbyr Edwyrds. Clyntahn persönlich hatte ihn für den neu geschaffenen Posten des Inquisitor-Generals ausgewählt. Dessen Aufgabe war es, den Vorsitz der Inquisition in allen durch die Armee Gottes besetzten Territorien zu übernehmen. Streng genommen war der Inquisitor-General überhaupt nicht Teil der Invasionsarmee. Allerdings stand es ihm zu, sie jederzeit zu sich zu rufen – wann immer es
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