Nimue Alban: Der Kriegermönch: Roman (German Edition)
damit kleine Boote. Für die Flussschifffahrt hingegen waren es gewaltige Brocken … Merlin wäre nicht einmal auf die Idee gekommen, damit Kanäle zu befahren, außer wenn es unbedingt notwendig wäre, um von einem Fluss zum nächsten zu gelangen. Es war nicht seine Vorstellung gewesen, dass sich diese Panzerschiffe ihren Weg durch Kanäle freikämpften, deren Schleusen sich in Feindeshand befänden.
Aber dann war jener Abend gekommen, an dem die Idee für Fluss-Kanonenboote geboren wurde (war das wirklich schon so lange her?). Damals hatte ihm Ehdwyrd Howsmyn erklärt, dass für die neueren Kanäle auf dem Festland von vornherein größere Schleusen angelegt worden seien und man solche auch bei allen Ausbesserungs- und Renovierungsarbeiten angelegt habe, die Flüsse betroffen hätten, die diese Kanäle bedienten. Die Kanäle im Nordosten der Siddarmark waren allesamt eher neueren Datums. Das bedeutete, auch die Delthak und ihre Schwesterschiffe konnten diese Schleusen nutzen. Genau das hatte Merlin jetzt im Sinn. Zugleich jedoch bedeutete es auch, dass die neuen Panzerschiffe festsäßen, falls die Schleusen ausfielen – oder falls der Kanal vor und hinter ihnen aus welchem Grund auch immer doch nicht befahrbar sein sollte. Sie säßen fest, fernab des Meeres, ohne Aussicht auf Flucht oder auch nur auf Rückzug … und auf Bahrns’ Route lagen mehr als dreißig Schleusen. Natürlich konnten künstlich eingebrachte Hindernisse auch auf ansonsten freien Flussabschnitten ein Problem darstellen. Genau das hatte Brigadier Taisyn ja auf dem Daivyn deutlich unter Beweis gestellt. Aber es würde Zeit brauchen, ein Hindernis anzulegen, das ein eintausend Tonnen schweres Panzerschiff nicht einfach aus dem Weg rammen könnte – reichlich Zeit. Die dreitausend Infanteristen in den Lastkähnen, die den Panzerschiffen folgten, sollten in der Lage sein, alles aus der Fahrrinne zu räumen, was zuvor nur hastig in den Kanal geschüttet worden wäre. Die Geschütze an Bord der Panzerschiffe selbst wiederum sollten jeden von dem Gedanken abbringen, besagte Infanteristen bei ihrer Arbeit behindern zu wollen.
Nein, der Schwachpunkt in Merlins Plan waren zweifellos die Schleusen. Ohne sie war das ganze Unternehmen von vornherein zum Scheitern verurteilt. Gewiss, es gab gute Argumente dafür, die er selbst vorgebracht hatte, und es gab überzeugende Aspekte, die sich auf die Weisungen im Buch Langhorne und auf die neunhundertjährige Geschichte von Safehold bezogen. Trotzdem wollte sich Merlin einfach nicht darauf verlassen, dass wirklich kein einziger Offizier beschließen würde, die Schleusen nicht doch zu zerstören, sobald ihm klar würde, dass sich dadurch der Feind empfindlich schwächen ließe. Selbstverständlich würde kein Tempelgetreuer eine solche Entscheidung leichthin fällen: Es hatte ja schließlich auch eines direkten Befehls der Inquisition selbst in ihrer Eigenschaft als Bewahrerin der rechtgläubigen Lehre bedurft, im Zuge des ›Schwertes Schuelers‹ einige Kanäle auch nur vorübergehend unbrauchbar zu machen. Aber was, wenn jemand genug Rückgrat besaß, notfalls in die ewige Verdammnis einzugehen, solange er nur das tat, was dringend getan werden musste … und dann ohne entsprechende Befugnis handelte? Was, wenn ein ranghoher Inquisitor, über Semaphoren informiert, das Problem erkannte und einen entsprechenden Befehl über die Semaphorenkette übermittelte? Bei Tageslicht konnten Nachrichten per Semaphoren mit einer Geschwindigkeit von bis zu sechshundert Meilen in der Stunde übertragen werden. Von Fairkyn am Guarnak-Ascheneis-Kanal bis zu Bischof-Kommandeur Bahrnabais Hauptquartier in Guarnak waren es, wenn man die Semaphoren zählte, gerade einmal fünfhundertneunzig Meilen. Innerhalb von weniger als einer Stunde nach dem Eintreffen der Panzerschiffe könnte der Bischof-Kommandeur also informiert sein, und ebenso rasch könnte sein Intendant auch einen entsprechenden Befehl ausgeben, die Schleusen zu zerstören.
Natürlich war es höchst unwahrscheinlich, dass es wirklich dazu käme. Schließlich waren die entsprechenden Weisungen in der Heiligen Schrift völlig eindeutig. Außerdem war das Kanalsystem für die gesamte Wirtschaft auf dem Festland von zentraler Bedeutung – ganz zu schweigen davon, wie wichtig es für alle Einsätze der Armee Gottes war. Aber unmöglich war es eben nicht, dass ein solcher Befehl doch gegeben wurde. Und damit war es für den erfolgreichen Einsatz der Panzerschiffe
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