Nimue Alban: Kampf um die Siddarmark: Roman (German Edition)
Tiefländern einem Clanmann gegenüber erlebt hatte. Mit einer gewissen Befriedigung widmete Tobys seine Aufmerksamkeit dem Raum, in dem sie saßen, und wartete ab, bis sich auch der Herzog eine Meinung über seinen Gast gebildet hatte. Erst dann würden sie beide zur Sache kommen.
Die in dieser Festung stationierten Soldaten waren recht komfortabel untergebracht. Trotzdem war die Einrichtung dieses Raumes schlicht, ohne unnötigen Zierrat oder irgendetwas, das ungebührlichen Luxus verhieß. Die massigen Holzbalken an der Decke waren im Lauf der Jahrzehnte vom Rauch brennender Holzscheite und glimmenden Torfs geschwärzt. Während der Wind den immer dichteren Schneeregen über Dächer und Schornsteine peitschte, kroch hin und wieder ein einzelnes Rauchfähnchen aus dem Kamin, der dem behelfsmäßigen Arbeitszimmer des Kommandeurs behagliche Wärme spendete. Gerade diese Einfachheit verstärkte Tobys’ Eindruck, es hier mit einem aufrichtigen echten Krieger zu tun zu haben. Es dämmerte bereits, und der Himmel war so bedeckt, dass der Abend eher der Stunde vor Langhornes Wache glich: Whiskyflaschen und Gläser auf einem kleinen Beistelltisch funkelten im Lichtschein, wann immer das Feuer im Kamin ein wenig kräftiger prasselte. Tobys sah die Flaschen aus dem Augenwinkel. Doch er wusste genau, dass die Anstandsregeln der Lords von Raven’s Land es nicht gestatteten, Whisky anzubieten, solange die geschäftlichen Dinge nicht erledigt waren.
Schließlich , sinnierte der Schwingenkrieger, können wir uns ja nicht einfach einen hinter die Binde kippen und den Schlüssel zum Schloss des Clanlords verschenken , nicht wahr?
Die Klischees stimmten: Die Clans von Raven’s Land nahmen das mit dem Trinken sehr ernst.
»Wo wir gerade vom Wetter sprechen …«, fuhr der Herzog schließlich fort und schlug die Beine übereinander. »Meine Männer werden in den nächsten Fünftagen gewiss einige Zeit damit verbringen, meinen Namen nach Strich und Faden zu verwünschen. Vorausgesetzt natürlich, der Rat der Clanlords hielte es für angebracht, meinem … Vorschlag zuzustimmen.«
Sofort zur Sache gekommen , dachte Tobys. Der verhält sich wirklich wie einer unserer Lords! Auf jeden Fall redet er nicht um den heißen Brei herum wie ein typischer Tiefländer. Entweder, er kennt uns besser als die meisten anderen, oder , sein Blick zuckte zu dem General zu Eastshares Linken hinüber, der jünger war als sein Vorgesetzter, er hat sehr gute Ratgeber. Der Mann war groß, dunkelhaarig und um einiges jünger als sein Vorgesetzter.
»Also, was das betrifft, Durchlaucht, und gerade wenn man bedenkt, welch guter Whisky in Chisholm gebrannt wird, möchte auch ich nicht lange drumherum reden. Außerdem bin ich ja wirklich nicht gerade ein überkandidelter Diplomat. Also, um es kurz zu machen: Lord Tairwald hat mir zu berichten aufgetragen, Lord Shairncross und der Rat hätten sich dafür entschieden, Sie und Ihre Armee passieren zu lassen. Doch auch wenn allgemein bekannt ist, dass es bei der Royal Army deutlich disziplinierter zugeht als bei den meisten anderen Armeen, ist eines wohl völlig unmöglich: Derart viele Männer können unser Territorium nicht durchqueren, ohne dass es dabei zu dem einen oder anderen Schadensfall kommt. Ein Großteil unserer Straßen führt schließlich geradewegs durch unsere Dörfer und Städte. Ebenso allgemein bekannt ist, dass immer wieder Kleinigkeiten nicht dort liegen bleiben, wo man sie gerade eben noch abgelegt hat, sondern ihren Weg in die Taschen von Soldaten auf der Durchreise finden.«
»Ja, das habe ich auch schon erlebt, sogar hier im Krongut – immer wenn Truppen, oder zumindest einzelne Krieger, zu Besuch kamen.« Tobys entging nicht, dass Eastshares Lächeln echte Belustigung verriet. »Darf ich … äh, davon ausgehen, dass sich der Rat auf eine Summe geeinigt hat? Wie hoch beabsichtigt man die jeweiligen Clans für derart gänzlich unbeabsichtigte Zwischenfälle zu entschädigen?«
»Ja, das hat der Rat«, gestand Tobys. »Man hatte daran gedacht, die Summe von der Anzahl der Männer abhängig zu machen, die Sie durch unser Land marschieren lassen wollen. Sagen wir: zehn Charis-Mark für jeden Infanteristen und fünfzehn für jeden Kavalleristen – diese Pferde futtern ja wirklich eine ganze Menge, nicht wahr? Und wir müssen ja auch an unsere strohgedeckten Dächer denken, ganz zu schweigen von unserem Heu! Und dann hatte man noch an … sagen wir: siebeneinhalb Mark für jeden Wagen
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