Nimue Alban: Kampf um die Siddarmark: Roman (German Edition)
Sonderintendant der Flotte, zwischen Herzog Fern, dem Ersten Ratgeber König Rahnylds IV., und Herzog Thorast, Thirsks unmittelbarem Vorgesetzten. Maiks Miene war ebenso ausdruckslos wie Thirsks. Wieder musste er an den Rat des Weihbischofs denken an dem Tag, an dem der endgültige Befehl eingetroffen war, die Gefangenen an die Inquisition auszuliefern. Einen solchen Rat hatte er von einem Schueleriten nicht erwartet. Aber es war ein wirklich guter Rat gewesen.
Sogar besser, als ich damals begriffen habe , dachte der Graf grimmig. Seitdem erst weiß ich, wie genau man meine Mädchen und ihre Familien im Auge behält. Natürlich nur zu deren Schutz vor all den irren charisianischen Attentätern! Schließlich war ich bislang der Einzige, der es geschafft hat, der Charisian Navy eine Niederlage beizubringen … so bescheiden sie auch ausgefallen sein mag. Soso!
Er biss die Zähne so fest zusammen, dass ihm die Kiefermuskeln schmerzten, und zwang sich dazu, sich wieder zu entspannen. Ärger, Zorn kochte in ihm hoch: Einerseits hatte er herausfinden müssen, dass Inquisition und Königliche Garde beschlossen hatten, seine Familie zu ›beschützen‹ – mit anderen Worten: sie zu nützlichen Geiseln zu machen, um sich seinen Gehorsam zu sichern. Andererseits wusste er selbst nicht, ob er weiterhin gehorsam geblieben wäre, würde seine Familie nicht als Geiseln gehalten.
Eigentlich sollte alles eindeutig sein: schwarz oder weiß, Gehorsam oder Ungehorsam, Ehre und Schande, Gottesfurcht oder Dienst an Shan-wei. Ich sollte genau wissen, was meine Pflicht ist, ohne Konsequenzen fürchten zu müssen, wenn ich das tue, was ich für das Richtige halte. In jedem anderen Krieg wäre das auch so. Da ist eine Seite, die ihre Gefangenen zu Tode foltert. Und dann ist da die andere Seite, die sie anständig und ehrenvoll behandelt, sie nicht misshandelt, nicht hungern lässt, ihnen nicht die Behandlung durch Heiler verweigert. Sollte sich da nicht leicht erkennen lassen, wo Ehre und Gerechtigkeit zu finden sind – ja, und auch Gott und die Erzengel? Aber hier geht es um Mutter Kirche , die Hüterin der Seelen aller Menschen. In unserer sterblichen Welt spricht sie mit der Autorität Langhornes selbst! Wie könnte ich wagen, mein eigenes sterbliches, fehlbares Urteilsvermögen über das von Mutter Kirche zu stellen? Wie kann irgendjemand das wagen?
Dieser Frage hatten sich in den letzten fünf Jahren nur allzu viele Menschen stellen müssen. Viele hatten sich entschlossen, Mutter Kirche entgegenzutreten . Das erfüllte Lywys Gardynyr mit Entsetzen und Ehrfurcht gleichermaßen. Beide Empfindungen verstärkten sich noch dadurch, dass er sich selbst bei dem Wunsch ertappte, ebenso mutig zu sein.
Nein , sagte er sich selbst rau, nicht Mutter Kirche will ich entgegentreten. Ich will diesem kranken, mordlüsternen Dreckskerl Clyntahn und dem Rest seiner ›Vierer-Gruppe‹ entgegenstreten! Doch wie viel von meinem Zorn, von meinem Hass ist in Wahrheit nichts anderes als die Schlinge Shan-weis? Ausgelegt für mich und so viele andere, um uns dazu zu verführen, ihr zu Diensten zu sein? Wie sehr hat Shan-wei unser Urteilsvermögen und unseren Gerechtigkeitssinn schon getrübt? Die Heilige Schrift nennt sie nicht umsonst die Verführerin der Unschuld und die Verderberin der Rechtschaffenheit. Und …
»Brüder im Herrn«, unterbrach die Stimme des Bischof-Vollstreckers die Gedanken des Grafen. Alle im Dom Versammelten richteten den Blick auf den Geistlichen, und mit grimmiger Miene schüttelte Wyllys Lainyr den Kopf. »Erzbischof Trumahn hat mir über die Semaphoren eine Nachricht aus Zion geschickt. Er weist mich an, euch furchtbare Kunde zu bringen. Aus diesem Grund habe ich euch alle gebeten, an diesem Nachmittag zu mir in den Dom zu kommen. Zum einen, weil dies der beste Ort ist, euch diese Kunde zu bringen, und zum anderen, damit wir uns im Gebet versammeln können. Wir sollten die Erzengel anflehen, zwei unschuldige Opfer von Shan-weis Boshaftigkeit und vor den Machenschaften sündiger Männer zu beschützen, die sich ihr ganz und gar verschrieben haben.«
Gardynyrs Kiefermuskeln verspannten sich erneut. Also hatte er recht, was den Grund für diese unerwartete Versammlung der höchsten Adeligen des Königreichs – oder zumindest der Hauptstadt – betraf … und dazu der ranghöchsten Offiziere von Dohlars Armee und Flotte.
»Angesichts eurer Pflichten und eurer verschiedenen Mittel und Wege, an Informationen zu gelangen,
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