Nimue Alban: Kampf um die Siddarmark: Roman (German Edition)
Doch tatsächlich hatte als Erster einer von Ehdwyrd Howsmyns Mitarbeitern die Drücke untersucht, die sich im Inneren von Geschützläufen ergaben. Dabei war diesem Mitarbeiter der Gedanke gekommen, einen Gasdruckmesser zu entwickeln. Das Gerät basierte auf einem Hohlraum, in den ein kleiner, sehr robuster Kolben hineinführte. Daneben befand sich im Hohlraum ein kleiner Zylinder aus reinem Kupfer. Durch den Boden des Hohlraums führte ein Schraubgewinde, in das dann ein Druckrohr eingeführt wurde. Das andere Ende des Druckrohrs wurde über ein weiteres Schraubgewinde mit einem eigens dafür angebohrten Geschützlauf verbunden. Wurden beide Gewinde luftdicht angezogen und das Geschütz dann abgefeuert, trieb der Druck, der sich dann auch auf den Hohlraum des Messgeräts auswirkte, den Kolben aufwärts. Eine massive Stahlschraube am oberen Ende des Gerätes verhinderte ein Verrutschen des Kupferzylinders, der dann durch den Kolben deformiert wurde. Genauere Untersuchung der Verformungen gestatteten den Vergleich mit anderen, ähnlich behandelten Kupferzylindern, die zuvor bekannten Drücken ausgesetzt worden waren. Entsprechend konnte man mit erstaunlicher Präzision etwas über den Druck im Inneren des Geschützrohrs aussagen.
Außerhalb des Kaiserreichs Charis hatte niemand von dieser Methode auch nur gehört. Zudem hatte Howsmyn ein wenig geschummelt: Die Messungen, die zum Vergleich herangezogen wurden, hatte nicht etwa Howsmyn selbst ermittelt. Vielmehr hatte Owl die Deformierung der entsprechenden Kupferzylinder vorgenommen – unter sehr viel präziseren und einheitlicheren Bedingungen, als Howsmyns derzeitige Maschinen das gestattet hätten. Doch nicht einmal Howsmyns eigene Mitarbeiter wussten das. Denn Owl hatte einige seiner Fernsonden in die Werkhalle eingeschleust und die Zylinder, die Howsmyns Mitarbeiter tatsächlich deformiert hatten, in einem unbeobachteten Moment gegen die Zylinder ausgetauscht, die von Owl selbst entsprechend behandelt worden waren.
Und Urvyn Mahndrayn hat dann das ballistische Pendel ersonnen , dachte der High Admiral und musste erneut gegen die aufsteigende Trauer ankämpfen. Eines Nachmittags hatte Mahndrayn beinahe schon gedankenverloren einige Skizzen auf die Rückseite eines Briefumschlags gekritzelt, während er auf den Beginn einer Besprechung an der Königlichen Hochschule wartete. Diese kleinen Skizzen hatten bereits das gesamte Konzept enthalten. Mahklyn und die anderen Dozenten hatten sich mit den Details auseinandergesetzt – und die erforderlichen Berechnungen angestellt –, sodass diese jüngste Errungenschaft schon am nächsten Tag einsatzbereit war. Nun konnte man also mit dem Messgerät recht genau ermitteln, welcher Druck sich im Inneren eines Geschützrohrs aufbaute. Dank des ballistischen Pendels wiederum ließen sich auch die Mündungsgeschwindigkeiten von Geschossen bestimmen. Und damit hatte das neu geschaffene Fachgebiet Ballistik einen fulminanten Start , beendete High Admiral Rock Point seinen Gedanken. Er empfand tiefste Befriedigung und war sich recht sicher, dass Mahndrayn mit den so gewonnenen Erkenntnissen ebenso zufrieden gewesen wäre.
»Aber zunächst noch zu etwas anderem«, warf Seamount ein. »Ahldahs hat eine Alternative ersonnen – nur für den Fall, dass Meister Howsmyn uns eben nicht die Produktion von Verschlüssen mit der erforderlichen Präzision zusagen kann. Diese Alternative gestattet zwar keine ganz so befriedigende Abdichtung des Verschlusses, aber auch sie sollte leidlich funktionieren. Im Prinzip reden wir hier von einem eigenständigen Verschlusspfropfen mit Dichtungsscheibe. Diese besteht aus einer mit Kupfer überzogenen verdichtbaren Schicht Felsenwolle. Mit Hilfe einer externen Schraube lässt sich diese Dichtungsscheibe fest genug anziehen, dass sie sich zumindest bei unseren Probeschüssen mit entsprechend modifizierten Handfeuerwaffen vollständig gasdicht erwiesen hat. Ich gebe zu, dass mir das Konzept mit der Schraube mit verkürztem Gewinde deutlich besser gefällt. Denn die alternative Vorgehensweise wird unsere Schussrate deutlich verlangsamen. Aber es gibt noch etwas, was mir hier nicht so recht passt: Ich habe das Gefühl, mit dieser Felsenwolle-Kupfer-Dichtung führen wir eine sehr empfindliche neue Komponente ein – diese Dichtungen können viel leichter beschädigt werden. Aber welchen der beiden Wege wir letztendlich auch beschreiten, wir werden meines Erachtens bei der nächsten Generation von
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