Ninis - Die Wiege der Baeume
martialische Stimme erhob sich im Sturm. Jeder hörte dieses unbekannte Wort.
„V E R E D A S S E N A R E V E G R U S!”
Die Gewalt dieser Stimme ließ die Wolkendecke aufbrechen, als ob sie die entfesselten Elemente über ihnen in die Flucht schlagen konnte. Der Regen hörte schlagartig auf. Alle blickten auf Yirmesa, die ihren Kopf leicht nach vorne gebeugt hielt. Sie schrie nicht mehr, ihre Augen leuchteten grün durch die strähnigen Haare hindurch.
„ Garia, hörst du mich?”
Garia fuhr vor Schreck herum, er hörte fremde Stimmen in seinem Kopf. War er gerade gestorben? Das war doch Yirmesa, warum hörte er ihre Stimme ohne sie sprechen zu sehen? Er blickte zu ihr, nur ihre Lippen hatten sich nicht bewegt. Die Tribüne war halb leer, die meisten drängten sich vor den Reihen der Renelaten, die eine Flucht der Karnen verhinderten.
”Lauf weg, schnell! Rette dein Leben!”
Er war doch gekommen, um sie zu retten! Levinie, Verlia und Kiris waren auch da. Die Hulunen würden die Renelaten in Deasu stürzen.
„Nein! du verstehst das nicht! Ich bin nicht mehr Herr über mein Handeln!”
Garia verstand nicht, was vorging. Niemand reagierte auf die Worte von Yirmesa, offensichtlich sprach sie nur zu ihm. Auch Lorias schnappte nach Luft. Keiner kämpfte mehr auf dem alten Gewürzmarkt. Ein Dalor hatte seine Hand gehoben, die Luftschiffe hatten das Feuer eingestellt.
Lorias gewann ihre Fassung zurück. „HÖRT IHM ZU!”
Zwölf rote Kerzen, deren schwarze Flammen sechs Fuß hoch brannten, wirkten wie ein Gefängnis. Die Soldaten in der Nähe wichen einige Schritte zurück.
„Ich bin müde, ich lege mich hin, um zu schlafen.”
„Nein, das tust du nicht! Du bleibst wach! Hast du mich verstanden?”, rief Garia aus voller Brust und fiel vor Schreck hin. Hatte er da eben etwa seine Stimme gehört? Unglaublich, er konnte endlich sprechen!
„Ein verspätetes Geschenk deiner Art, scheinbar brauchen Feuerkatzen immer einen kleinen Anstoß. Aber jetzt lauf weg und berichte allen, dass ich in Frieden eingeschlafen bin.”
Nein, so sollte sie ihm nicht davon kommen! Ein Renelat auf der Tribüne blickte sich um. Doch er sah nur Garia, der ihn unschuldig anmaunzte. Mit einem Kopfschütteln ging er weiter.
Die Yirmesa, die er in seinem Geiste hörte und die vor ihm auf dem Podest, waren eindeutig nicht dieselbe.
„VEREONIS! JONI ISIS FINOR!” Die Stimme des Wesens, die jeder auf dem Platz hörte konnte, vereinte alles Unsägliche in sich, was Garia sich vorstellen konnte.
Lorias lächelte zufrieden, sie konnte den Massen nun vorführen, was sie angekündigt hatte. Die Kerzen brannten dunkel, wie ein Gitter etwas einzusperren. An der Haut des Wesens glühten rote Stellen auf. „Wasser! Haltet den Fluss aufrecht, sonst verbrennen wir alle in seinen Flammen!”
„Garia, ich kann deine Gedanken lesen. Wehr dich nicht, ich habe keine Furcht mehr. Niemand wird mehr Leid durch meine Hand erfahren.”
Yirmesa sollte besser schnell die Augen aufmachen. Ganz egal, was in ihr steckte, es würde gleich Deasu niederbrennen!
„Mein liebster Garia, lass mich einfach los. Ich habe so viel Unheil angerichtet, lass mich gehen!”
Lorias schaute das Yirmesa-Wesen an: „Dämon! Du stehst im Bann zwölf schwarzer Flammen! Rede! Sprich unsere Sprache. Offenbare deinen Namen!”
Garia hatte Mühe, die Bilder seiner Augen und die Stimme in seinen Gedanken zu trennen. Die Hulunen und Karnen hingegen waren von dem Schauspiel gebannt. Er konnte jetzt auch Levinie in der Menge erkennen. Um sie herum war es freier geworden, sie sackte auf die Knie und blickte verzweifelt auf das Podium. Verlia stand neben ihr und weinte.
„NARREN! IHR KÖNNT NICHT BEHERRSCHEN, WAS IHR NICHT VERSTEHT! STERBLICHE, EUCH IST EINZIG DER STAUB SICHER!”
„Ja! Wir sind aus Staub und wir werden als Staub enden, aber unsere Kinder schenken uns ewiges Leben. Heute haben wir dich gefangen! Und ich lasse dich ewig schmoren! Wie lautet dein Name?”
Der Dämon lachte höhnisch, seine grünen Augen verdunkelten sich, viele kleine Runen zeichneten sich auf seiner Haut ab. Dieser Blick, Garia traute sich nicht ein zweites Mal, in seine Augen zu sehen. Die Wunden an seinem Körper schlossen sich. Mühelos löste er die fingerstarken Drahtschlaufen an Händen und Hals. Er ging in die Mitte des Wasserbottichs. Seine Haut glühte an vielen Stellen auf und kühlte unter dem Wasser sofort wieder ab. Dampfschwaden stiegen auf.
Die Gewitterwolken
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