Ninis - Die Wiege der Baeume
die Worte verhallten. Sie drehte durch, sie musste hier raus!
Wie in Trance ging Siria auf die Mitte der Senatshalle zu. Ihre Beine bewegten sich wie von allein. Das Licht verlor seine Form, überall waren Schatten. Amun'ral leuchtete wie ein Stern am Nachthimmel. Magma drückte sich durch Risse an den Wänden und Wasserfontänen spritzten durch die Fugen der Bodenplatten. Siria fiel auf die Knie und schrie.
Die Aufmerksamkeit in der gesamten Senatshalle richtete sich nun auf sie. Verwunderung, Unverständnis, zahlreiche Augen schauten sie fragend an, keiner sprach ein Wort. Diese Narren würden sie nie verstehen.
Siria umfasste krampfhaft ihren Stein und küsste ihren Handrücken. „Nimm meine Blindheit und schenk’ mir Weisheit, die Schatten zu verstehen!”, sagte sie für niemand anderen hörbar. Sie konnte in diesem Moment zum ersten Mal den unverhüllten Schatten von Amun'ral sehen. Sie war nicht verrückt! Amun'ral, das Salz, sie sah alles. Der Dämon, Yirmesa, sie schlich sich an und trachtete danach, ihre Seelen zu fressen!
Im kleinen Thronsaal unter dem Eis sprach keiner ein Wort. Amone, Serpent, Karlema, Manoos, Amun'ral und Siria saßen neben dem König an seiner Tafel. Das Mosaik mit seinem Wappen ragte mahnend aus der Mitte des Tisches, die gedrückte Stimmung lag jedem auf dem Gemüt.
Hasis räusperte sich: „Die Obere unseres Ordens bat zu dieser Runde, bitte, Amone, du hast das Wort.”
„Danke, mein König.” Amone stand auf. Sie schritt langsam um die Tafel herum, keiner schaute sie an. „Seit Amun'ral in Saladan ist, durchfährt uns ein frischer Geist. Versöhnung, Frohsinn und Offenheit bringen viele mit ihr in Verbindung, allen voran Manoos, der ihr sein Herz schenkte.” Was sollte all das Gewäsch? Siria hatte keine Zeit. Amone sollte zur Sache kommen und Hasis die Wahrheit erzählen.
Die verlogene kleine Lamenis schluckte, sie hielt unter dem Tisch Manoos' Hand, wobei ihre Miene wie ein zarter Tonkrug wirkte, auf den sich ein Hagelsturm zu bewegte. Siria hielt schon ihre Steine wurfbereit in den Händen verborgen.
„Amun'ral hat uns während der letzten Winter viele Sorgen bereitet. In aller Welt haben zahlreiche treue Diener des Ordens ihre Heimat verlassen. Wir wissen nicht, wie viele von ihnen den Tod fanden, aber wir haben selbst erfahren, welcher Magie sie erlagen.” Magie!? Nur ein fauler Zauber für Männer und andere schlichte Geister. Siria erkannte Amun'ral, sie war eine Botin des Dämons!
Hasis gefiel ihr Ton offensichtlich nicht. „Bitte, Amone, du sprichst in Rätseln. Was wird das hier? Sage uns, warum wir heute an meiner Tafel sitzen!” Auch das fette Schwein hatte noch nicht verstanden um was es ging. Amone sollte ihn nicht länger auf die Folter spannen.
„Mein König, gleich. Sie hat uns mit derselben Macht eingefangen. Wir haben sie aufgenommen und waren bereit, ihr die wertvollste Kostbarkeit des Ordens zu überlassen. Die Ehre, den Thronfolger zu gebären!” Sie hob mit den letzten Worten ihre Stimme.
„Du sprichst, als ob diese Entscheidung in einer fernen Vergangenheit liegt. Es ist noch nicht einmal einen halben Tag her, dass ich meinem Sohn die Vermählung erlaubte. Siria ist später zusammengebrochen. Und jetzt sitzen wir hier, als ob wir über Amun'ral zu Gericht sitzen!” Hasis h atte nicht die geringste Ahnung!
„Ja, Siria ist zusammengebrochen. Seit sie Amun'ral das erste Mal begegnete, versuchte sie ihren Schatten zu deuten, und sah stets nur eine bedeutungslose Hülle.” Amone schaute Hasis in die Augen. „Doch heute Morgen konnte Siria die Täuschung durchbrechen und sah ihr wahres Wesen!”
„Und? Siria, was hast du gesehen?” Hasis hatte augenscheinlich kein Vergnügen an der Langatmigkeit von Amones Ausführungen.
Siria stand auf: „Amun'ral ist der Dämon, sie ist das Mädchen aus Deasu. Sie kämpfte gegen Lorias und Karlema!” Nur die Wahrheit, sie wollte heute nicht mehr lügen.
Karlema blickte Amun'ral entrüstet an, als ob sie gerade einen Geist sehen würde. Sie schüttelte den Kopf und stolperte nach hinten über ihren Stuhl.
„Amun'rals Zauber ist derart mächtig, dass sie auch Karlema täuschen konnte, obwohl diese das Mädchen Yirmesa seit ihrer Geburt kannte. Karlema, ist das die Yirmesa, die bei den Lamenis in Menisis aufwuchs?”
„Nein, nein, das kann nicht sein. Das ist nicht Yirmesa, sie starb vor meinen Augen. Der Dämon fraß ihre Seele, das kann nicht sein!” Ihre Augen zeigten Angst. Siria
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