Ninis - Die Wiege der Baeume
Seherinnen der Leibwache begleiteten die Obere.
„Amone! Ich habe Siria gezwungen, mich zu den alten Schriften zu führen. Sie hat sich gesträubt, das Siegel zu brechen”, sagte Yirmesa, bevor Siria ihre Stimme erheben konnte. „Ich werde den Erben gebären! Es ist meine Pflicht, ihn zu erziehen und ihn die Geschichte seiner Ahnen zu lehren. Sobald der Prinz zurück ist, werden wir die Sache gemeinsam mit dem König klären!” Jetzt log sie schon für die alte Frau. Hoffentlich war sie das wert.
„Oh!”
„Habt Ihr noch weitere Fragen? Sonst dürft Ihr Euch zurückziehen. Ich wünsche nicht gestört zu werden. Die werte Siria und Feriosi sind mir bei der Recherche eine wertvolle Hilfe. Ich bin blind, aber das dürfte Euch bekannt sein!”
„Oh!” Die Obere bewahrte Ruhe: „Wir sprechen uns noch, Amun'ral, Prinzessin der Renelaten!”, schnaubte sie wütend. „Und hütet euch vor Lorias. Sie ist aus dem Kerker geflohen! Vorhin hat die Wache die Leiche des Kerkermeisters gefunden. Seine fette Kehle war zerrissen!”
„Das Schweinegesicht war auch selten dämlich, ich hätte sie besser bewachen lassen sollen!”, bemerkte Siria ungehalten. „Hoffentlich kommt die uns nicht in die Quere.”
Amun’ral nutzte die Unterbrechung, um etwas zu trinken. Feriosi stand unruhig am Lesepult, unzählige Gedanken schossen ihr durch den Kopf. Bei dem was Feriosi alles getan hatte, würde Siria sie sofort zerfleischen. Aber sie war dem Ziel so nahe! Sie müssten nur das richtige Buch lesen!
„Werte Amun'ral, darf ich Euch eine Frage stellen?”
„Sicherlich.”
„Ihr habt Euch gerade gegen die Obere gestellt. Warum habt Ihr uns, ich meine, die werte Siria und mich, in Schutz genommen?”
„Die Zeiten werden sich ändern! Ich brauche euch beide, um die Gründe zu verstehen. Wir müssen alles erfahren, was uns die Schriften in dieser Kammer mitteilen können. Ansonsten werden wir ewig blind bleiben!”
„Ihr seid sehr mutig! Ich wäre froh, Eure Entschlossenheit zu haben. Wenn die Obere mich ansieht, zittern mir die Knie. Vor was fürchtet Ihr Euch?”
„Manoos zu verlieren. Falls das passierte, möchte ich nicht mehr leben!”
„Ihr glaubt gar nicht, wie eifersüchtig ich auf Euch bin. Ich würde alles für eine große Liebe geben, aber ich werde sie nie erreichen! Im Orden üben wir Enthaltsamkeit.”
Zähren rannen ihre Wangen hinab, sie schniefte und strich sich mit dem Handrücken durch das Gesicht. Yirmesa ging zu ihr und nahm sie in den Arm. Feriosi belog sie nicht gerne, nur wie sollte sie Amun’ral bloß auf den Weg bringen?
„Ich hoffe, dass ich Euch nicht langweile. Ich möchte Euch nicht enttäuschen!”
„Das tust du nicht! Wir machen morgen weiter!”, sagte Amun’ral ruhig. Feriosi musste es gelingen, dass Amun’ral das leere Buch in die Hände nahm. Nur würde sie geschickt sein müssen, damit ihre Täuschung nicht aufflog.
Siria ging am nächsten Morgen allein durch den großen Leseraum. Ihre geflickte Robe wogte schwungvoll mit jedem Schritt. Die Worte, die Amun'ral gestern für Amone und später auch für Feriosi gefunden hatte, hatten ihr imponiert.
Neben zwei verschlafenen Wachen räumte nur eine Seherin Bücher in die Regale der großen Bibliothek. Siria stieß mit ihrem Stab auf den Boden, so dass die Soldaten aufschreckten und Haltung annahmen. Die Tür war bereits offen. Sie hörte das dumpfe Geräusch eines Buches, das flach auf ein anderes fiel, während sie die Stufen hinab lief. Sie befanden sich auf dem richtigen Weg, dass spürte sie.
„Du bist früh wach, Feriosi” Siria war gut gelaunt. „Guten Morgen, ich glaube, dass wir heute bedeutsame Dinge erfahren werden!”
Feriosi schreckte auf, als ob sie von ihr auf frischer Tat ertappt worden wäre. Sie war gerade dabei einige Bücher wegzuräumen. Siria hatte beinahe den Eindruck, als ob sich ihre Schülerin besser in der Bibliothek zurechtfand, wie sie selbst. Amun’ral war noch nicht anwesend.
„Oh. Ich wünsche Euch ebenfalls einen guten Morgen ehrenwerte Siria. Ich wollte noch etwas aufräumen bevor wir gleich weitersuchen, es liegen inzwischen auch viel zu viele Bücher auf dem Boden.”
Stille. Siria überlegte, wie sie dieses Verhalten bewerten sollte. Bei jeder anderen Person wäre sie sicher gewesen, gerade hintergangen zu werden. Was wollte sie verbergen?
Weitere Schritte drangen zu ihnen, Amun’ral war an diesem Morgen auch schon früh auf den Beinen, sie schritt allein in die alte
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