Ninja-Rache
Reling hinweg.
Wir hörten es noch klatschen, als er ins Wasser glitt und die Wellen über ihm zusammenschwappten.
Zeugen hatte es wohl keine gegeben. Es war zu schnell gegangen, und die Skipper in der Nähe waren einfach zu sehr mit sich selbst beschäftigt.
Suko und ich drehten synchron die Köpfe, nur in verschiedenen Richtungen.
Shao stand auf dem Dach des Aufbaus. Die Armbrust hatte sie wieder über ihre Schulter gehängt, und sie nickte uns beide einige Male lächelnd zu.
»Und jetzt?«
»Können wir davon ausgehen, daß er noch nicht erledigt ist, Suko«, sagte die Chinesin, bevor sie die Planken mit einem Sprung erreichte.
»Vertraust du deinen Pfeilen so wenig?«
»Das nicht. Aber ich kenne die Tengus.«
»Stimmt.«
Ich wanderte auf dem Boot umher und hielt mich dabei dicht an der Reling, von wo aus ich ins Wasser schauen konnte. Wellen klatschten gegen die Bordwände und schäumten. Sonst war es verhältnismäßig klar, ich konnte sogar ein Stück in die Tiefe sehen, nur nichts erkennen, was den Tengu anging. Er war und blieb verschwunden. Noch…
»Wir starten!« hörte ich Suko rufen. Als ich mich umdrehte, verschwand mein Partner unter Deck.
Shao blieb in meiner Nähe. Ihr schmales Gesicht wirkte ernst. Ihre Befürchtungen teilte sie mir lautstark mit. »Hoffentlich gelingt es dem Tengu nicht, uns zu verfolgen. Wenn er plötzlich in diesem kleinen Hafen auftaucht, wäre das fatal.«
»Mal den Teufel nicht an die Wand!«
Suko ließ die Maschine an. Sie war PS-stark und von der Firma Rolls-Royce hergestellt worden. Unser Bug schnitt einen schaumigen Streifen in die blaugrüne See.
Der Kurs lief in nördliche Richtung, denn dort befand sich der Yachthafen, wo wir vor Anker gehen wollten. Er grenzte praktisch an das nördliche Ende des Forts. Von dort konnten wir auch das Gelände betreten.
Shao und ich blieben während der Fahrt auf dem Deck. Sie stand an der Steuerbordseite, ich hielt mich gegenüber auf. Unsere Blicke waren starr auf das Wasser gerichtet. Wenn der Tcngu tatsächlich wieder auftauchen sollte, wollten wir ihn so früh wie möglich entdecken. Aber er hielt sich zurück.
Je mehr wir uns der Küste und damit auch dem Yachthafen näherten, um so stärker wurde der Betrieb auf dem Wasser. Die Golden Gate lag jetzt in unserem Rücken.
Suko erwies sich als guter Steuermann. Kein Wunder, bei unseren Einsätzen hatten wir oft genug auf Boote zurückgreifen müssen und eine dementsprechende Routine bekommen.
Der kleine Yachthafen unterschied sich kaum von allen anderen in der Welt.
Zum Meer hin waren Wellenbrecher eingebaut worden, die bei einem Orkan halfen. Eine relativ schmale Zufahrt führte in dieses offene Karree hinein, aus dem schon von weitem her die Masten der dort vor Anker liegenden Segler grüßten.
Ein wunderschönes Bild, vor allen Dingen deshalb, weil es von der Sonne beschienen wurde und die schlanken, angemalten Bootskörper einen Feil des Lichts reflektierten.
Auch ich ließ mich von dieser friedlichen Szene umgarnen und vergaß sogar den Tengu.
Gemächlich schipperten wir in die Einfahrt hinein. Wir mußten an den ankernden Booten vorbei, um dorthin zu gelangen, wo sich die Verleiher befanden.
Das Wasser war ruhig, aber nicht mehr so klar wie draußen. Hin und wieder schwammen schillernde Ölflecken auf der Oberfläche wie breite Augen.
Unser Verleiher, der fast so aussah wie Popeye, hatte uns schon im Blick und winkte mit beiden Armen in eine bestimmte Richtung, wo Suko anlegen sollte.
Shao kam zu mir herüber. »Was denkst du, John? Ist er vernichtet oder nicht?«
»Frag mich nicht so was Schweres. Allerdings spüre ich eine gewisse Unruhe, die kannst auch du mir nicht nehmen.« Ich stieß sie an. »Gib acht, der Skipper wirft uns eine Leine zu.«
Wir machten uns bereit, das hell gestrichene Tau aufzufangen. Es war sehr stark und würde das Boot selbst dann halten, wenn es stürmte. Gemeinsam hielten wir es fest, während Suko den Motor bereits ausgestellt hatte und mit dem letzten Schub an den Anlegeplatz heranglitt. Der Skipper rief uns zu, daß alles in Ordnung war, die schwarzen Andockreifen erschienen zum Greifen nahe, das Boot drehte sich nach steuerbord und rutschte mit der Außenseite bereits an den Reifen vorbei. Noch befand sich Platz zwischen der Bordwand und der Anlegemole. Der Skipper hatte sich gebückt, weil er das Tau um einen Poller wickelte. Niemand ahnte etwas, auch unsere Wachsamkeit dem Tengu gegenüberhatte nachgelassen, weil wir
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