Ninja-Rache
die Sonne schwarz vor, da war die ansonsten strahlende Welt in ein Totengrau getaucht, und er wußte einfach nicht mehr, was er noch tun sollte, um das Grauen zu stoppen.
Allmählich stieg in ihm die Gewißheit hoch, daß die andere Seite, angeführt von Shimada, doch stärker sein konnte, als er bisher angenommen hatte.
Daß der Gedanke daran ihm nicht behagte, stand fest, aber er mußte sich damit abfinden.
Nein, zurückschauen wollte er nicht mehr, als er mit gesenktem Kopf auf die Hütte zuschritt. Für ihn stand fest, daß er wieder einmal eine Heimat oder einen Schlupfwinkel verloren hatte. Er war ihm durch den grausamen Dämon brutal entrissen worden, und er wußte nicht mehr, wie es in der Zukunft weitergehen sollte.
Yakup schaute auf seine Hütte, deren Konturen verschwammen. Er mußte sich die Augen freiwischen. Tief atmete er ein. Die Luft schmeckte wie ein eisiger Totenhauch.
Einige Male schüttelte er den Kopf, als könnte er den Schrecken nicht begreifen.
Dicht vor der Tür hielt er an und schaute zurück. Da lag das Grab mit seiner aufgewühlten Erde, und der bleiche Knochen des toten Ali schimmerte wie ein makabres letztes Souvenir, das Shimada bewußt hinterlassen hatte.
»Du Teufel!« flüsterte der Ninja-Kämpfer. »Du verfluchter, grausamer Teufel. Alles hast du mir weggenommen und zerstört, aber mich hast du noch nicht…«
Er hatte die Sätze kaum ausgesprochen, als er dicht über sich das Schlagen der Flügel vernahm.
Einer der drei Vögel huschte dicht über seinen Kopf und dann über das flache Hüttendach hinweg. Mit krächzenden, höhnisch klingenden Lauten verschwand er aus Yakups Blickfeld, um seinem Artgenossen Platz zu schaffen, der sich von einem der nahen Bäume gelöst hatte. Er flog heran - und ließ etwas aus der Höhe herabfallen. Es war ein alter, mit dunkler Erde verschmierter Schuh. Yakup wußte, daß Ali ihn getragen hatte und er damit auch begraben worden war. Scharf drehte sich der einsame Ninja herum. Die Leere in seinem Innern war schlimm. Er kam sich vor wie jemsnd, dem die Seele entrissen worden war.
Es dauerte einige Sekunden, bis er sich entschlossen hatte. Mit einer hart wirkenden Bewegung legte er die Hand auf den primitiven Holzgriff und drückte ihn nach unten. Er mußte hart zerren, um die Tür überhaupt öffnen zu können, denn sie schleifte stark mit der Unterkante über den unebenen Grund. Durch seine Gestalt ging ein Ruck. Er wirkte jetzt wie ein Mann, der mit seiner Vergangenheit gebrochen hatte und sich nur mehr für die Zukunft interessiert.
In der Hütte waren sie nicht gewesen. Jedenfalls entdeckte er keine Spuren, die auf irgendwelche Fremden hingewiesen hätten. Er zerrte die Tür wieder zu, blieb für einen Moment stehen und ging dann auf die Stelle zu, wo sich die Luke im Boden verbarg. Das Versteck für die Krone der Ninja.
Yakup hatte sie nicht oft eingesetzt, vielleicht war sein Respekt noch zu groß, in diesem besonderen Fall jedoch wollte er auf die Krone nicht verzichten.
Er räumte den Weg frei, hob die Klappe an und schaute in das nicht sehr tiefe Viereck. Seine Befürchtungen bewahrheiteten sich nicht. Die Krone der Ninja lag noch immer so, wie er sie zurückgelassen hatte. Auch Shimada wußte nicht alles…
Als er an ihn dachte, wunderte er sich darüber, daß der Dämon noch nicht erschienen war. Zumeist kam er ja, um seinen Triumpf zu genießen. Der Keller des Klosters war das beste Beispiel gewesen. Er hob die Krone mit beiden Händen aus ihrem Versteck. Da sie aus Eisen bestand, besaß sie ein entsprechendes Gewicht. Das kannte der Ninja, wenn er sie aufsetzte. Sobald jedoch die Magie wirksam wurde, verschwand der Druck.
Er ließ die Luke offen, auch wieder ein Beweis dafür, daß er seinen Abschied längst eingeplant hatte. Mit der Krone in den Händen drehte er sich um und schritt dem Fenster entgegen.
Noch konnte er gegen die Sonne schauen. Tiefrot stand der Winterball zwischen den fernen Bergen und tauchte die schnee-und eisbeckten Gipfel in eine blutige Pracht.
Wäre er abergläubisch gewesen, hätte Yakup es als böses Vorzeichen ansehen können. So aber nahm er es gelassen hin, stellte die Krone noch einmal ab und streifte seine Handschuhe über. Sie waren wichtig, denn sie vervielfachten die Wirkung seiner Schläge. Yakup bewegte die Hände. Auf dem Stoff schimmerten die beiden Drachen in einem düsteren Rot. Er konnte nur hoffen, daß ihm der Drachengott die nötige Kraft für den Kampf gegen Shimada gab. Daß
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