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Ninotschka, die Herrin der Taiga

Ninotschka, die Herrin der Taiga

Titel: Ninotschka, die Herrin der Taiga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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geschmückt gewesen, und in den Gazetten hatten immer wieder Meldungen über großzügige Begnadigungen des Zaren gestanden, so daß man die fünf Revolutionäre leicht vergessen hatte, die mit dem Ruf: »Gott segne Rußland!« am Galgen vor der Festung gestorben waren.
    Jetzt lief das Leben wieder in ruhigen Bahnen dahin. Der Herbst kündigte sich an, die Mückenschwärme, die in den heißen Sommermonaten von den Inseln herüberkamen, blieben aus, und man fing an, sich auf den Winter vorzubereiten. Der Zar aber verhandelte mit aller Welt. Rußland offen nach allen Seiten, hieß die Devise.
    Nur eine Richtung fehlte: der Osten. Sibirien …
    Aber dahin wollte sowieso niemand, jedenfalls nicht freiwillig.
    Sieben Wochen mußte Graf Koschkin warten, ehe Miron Fedorowitsch wieder erschien und sagte: »Hochwohlgeboren, Ninotschka will Sie sprechen.«
    Der Graf hatte in der Zwischenzeit alles versucht, um Ninotschkas Versteck zu erfahren. Er hatte ein Vermögen ausgegeben für Spitzel, die ihm Hinweise liefern sollten, aber es war vergeblich gewesen. Denn Ninotschka wohnte zu dieser Zeit im Palais der Fürstin Trubetzkoi, und dort hätte man sich eher die Zunge herausreißen lassen, als ein Wort zu verraten.
    »Wo?« fragte Koschkin knapp. Sein Haar war schneeweiß geworden, sein Gesicht dürr und faltig, und er mußte sich jetzt stets auf seinen Stock mit der Elfenbeinkrücke stützen, den er früher eigentlich nur als Zierde benutzt hatte.
    »Heute abend, Hochwohlgeboren«, erwiderte Miron. »Auf dem St.-Stephanus-Friedhof.«
    »Wo?« Koschkin starrte den Kutscher entsetzt an. »Haust meine Tochter bei den Toten?«
    »Die Toten sind still und harmlos. Bei ihnen gibt es keinen Verrat …«
    »Ich werde um acht Uhr auf dem Friedhof sein.«
    »In der Dunkelheit, Hochwohlgeboren.« Miron verbeugte sich tief. »Es gab da ein Versprechen …«
    »Ich halte es, Miron Fedorowitsch. Heute abend bist du ein freier Mann.« Koschkin zog die Hand zurück, als Miron danach griff, um sie zu küssen. »Wie geht es meiner Ninotschka?«
    »Sie besucht jede Woche Borja Stepanowitsch in der Festung und wartet auf die Erlaubnis des Zaren, den Leutnant nach Sibirien begleiten zu dürfen.«
    »Stimmt es, daß der Fürstin Trubetzkoi die Reise gestattet worden ist?«
    »Es stimmt. Jetzt warten die anderen Frauen auch darauf.«
    »Aber Ninotschka ist mit Tugai nur verlobt!«
    »Das hat ihr das Sekretariat des Zaren auch mitteilen lassen. Darum will das gnädige Fräulein Euer Hochwohlgeboren sprechen. Jetzt eilt es. Man erzählt sich, daß in Sibirien einige hundert Verbannte an neuen Lagern bauen und man nur wartet, bis sie fertig sind, um die Verurteilten dorthin zu bringen.«
    »Wie kann ich Ninotschka nur helfen!« Koschkin setzte sich in einen Sessel. »Der Zar empfängt mich nicht mehr.«
    »Es wird sich alles klären, Hochwohlgeboren. Bei Einbruch der Dunkelheit auf dem St.-Stephanus-Friedhof.« Miron verbeugte sich wieder tief. »Gott segne Sie.«
    Pawel Michailowitsch Koschkin wartete, bis der Kutscher gegangen war. Dann stand er ächzend auf und ging, gestützt auf seinen Stock, zu der Ikonenwand in der Ecke des Raumes, wo immer ein Ewiges Licht brannte. Dort sank der Graf auf einen mit rotem Samt bezogenen Betschemel nieder und drückte die gefalteten Hände gegen den zitternden Mund.
    »Laß sie nicht umkommen, Herr«, stammelte er. »Gott, mein Gott, laß mein Töchterchen nicht in Sibirien untergehen!«
    Ninotschka stand an diesem Morgen im Innenhof der Peter-Pauls-Festung an dem hohen Drahtzaun und wartete mit den anderen Frauen, daß die Türen auf der anderen Seite geöffnet wurden. Die Soldaten gingen wieder in dem schmalen Gang zwischen den Zäunen hin und her und gaben keine Antwort, als man ihnen zurief: »He du, wie geht es Michail Michailowitsch Lorkow? Du kennst ihn doch – den Oberst Lorkow! Der mit dem struppigen weißen Bart!«
    Und die Gräfin Pornotsky steckte einen Hundertrubelschein durch den Draht und flüsterte einem Soldaten zu: »Nimm ihn, die Hälfte davon gehört dir. Von dem anderen Teil kauf meinem Mann einen Kuchen und süßes Gebäck. Sag, geht es ihm sehr schlecht?«
    Der Soldat stampfte wortlos weiter. Auch die hundert Rubel – Gott im Himmel, was ist das für ein Vermögen für einen armen Grenadier! – blieben in der Hand der Gräfin. Sie lehnte die Stirn gegen das Drahtgitter und begann zu weinen.
    »Kein Herz haben sie!« schluchzte sie. »Aus Holz sind sie! Man hat ihnen die Seelen

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