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Ninotschka, die Herrin der Taiga

Ninotschka, die Herrin der Taiga

Titel: Ninotschka, die Herrin der Taiga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Namen des Zaren!«
    »Der Zar ist weit!« schrie Miron zurück. Dann wandte er sich nach den anderen um. »Los, Brüder, zeigt es den struppigen Kosakenhunden! Gebt es ihnen!«
    Plötzlich knallten alle Peitschen, die Pferde wieherten, der gefrorene Boden zitterte unter dem Stampfen der Hufe. Miron erreichte als erster die Kosaken. Er sah ihrem Anführer, einem schnauzbärtigen Burschen, in die schwarzen Augen und hob wieder seine lange Lederpeitsche. Die Peitschenschnur ringelte sich um den Oberkörper des Kosaken – ein kräftiger Ruck, und der Mann wurde wie von einer mächtigen Faust aus dem Sattel gehoben und stürzte in den Schnee. Dann war auch schon die Schlittenkolonne heran, überrannte einfach die sechs Reiter, die erschrocken auseinanderstoben, und erreichte die Poststation.
    Vor dem Eingang des flachen Hauptgebäudes hielten die Schlitten. Im Inneren des Hauses schien große Geschäftigkeit zu herrschen. Man hörte lautes Rufen, einige Befehle, hastige Schritte. Dann erschienen zehn Soldaten mit entsicherten Gewehren in der Tür. Nach ihnen trat Oberst Globonow ins Freie.
    Irgendwann bei den vielen Feldzügen, die Rußland ringsum an seinen Grenzen geführt hatte, hatte Nikolai Borisowitsch Globonow das linke Bein verloren. Und da man mit einem künstlichen Bein immer noch besser gehen kann als mit einem Stumpf, hatte er sich ein Holzbein anpassen lassen. Aber nicht etwa so ein einfaches wie jeder Amputierte, sondern eines, aus dem der Bildhauer Suslow ein Kunstwerk gemacht hatte. Es war ein mit altrussischen Motiven geschnitztes Holzbein, das es wert gewesen wäre, auf einer Ausstellung gezeigt zu werden. Schließlich war Suslow ein berühmter Künstler.
    Globonow blieb einen Moment in der Tür der Poststation stehen, überblickte die Schlitten, erkannte die Fürstin Trubetzkoi und Ninotschka und seufzte tief.
    »Die wilden Weiber von St. Petersburg«, sagte er, als Ninotschka aus ihrem Schlitten stieg. Furchtlos ging sie Globonow entgegen. »Gratuliere«, meinte er. »Sie haben das Wettrennen gewonnen. Aber wenn Sie glauben, ich nähme Sie mit über den Ural, so ist das ein tragischer Irrtum, Madame.« Er verbeugte sich vor Ninotschka und zeigte dann mit seiner Reitgerte auf ein Nebengebäude der Station. »Dort drin sind die Sträflinge, und ich habe die Pflicht, sie alle nach Sibirien zu bringen. Politische Sträflinge, Madame … das ist ein besonderer Fall. Wären es Räuber, Mörder, Betrüger … wozu sich soviel Mühe um sie machen! Wenn sie irgendwo in der Taiga fliehen … sollen sie! Wer dort in der Einsamkeit der Wildnis, unter Bären und Luchsen lebt, ist ungefährlich. Aber ihre Männer, die bleiben selbst noch hinter Tschita gefährlich. Es gibt in Rußland kaum etwas, das wichtiger genommen wird als ein politischer Gefangener. Madame, Ihr Heldenmut in allen Ehren, aber hier endet Ihre Reise!«
    »Bestimmen Sie das, Oberst?«
    »Ja, im Namen des Zaren.«
    »Wo ist dieser schielende Globonow!« hörte man in diesem Moment die Stimme der Fürstin Trubetzkoi aus dem Gewühl der Frauen, die inzwischen ihre Schlitten verließen.
    Globonow seufzte wieder. »Die Fürstin Trubetzkoi! Madame, schiele ich? Ich habe viele Gebrechen, aber dieses nicht.«
    »Sie wollen Schwierigkeiten machen?« Die Trubetzkoi kam heran. Sie war kleiner als der Oberst, aber als sie jetzt ihren Pelzmantel raffte und sich reckte, reichte sie genau bis an seine Augen.
    Die anderen Frauen begannen, ihre Körbe mit dem nötigen Nachtzeug abzuladen. Eine Anzahl Kutscher sperrten die Schlitten gegen die Kosaken ab, die jetzt von allen Seiten zusammengelaufen kamen, um Rache für die blamable Überrumpelung ihrer Kameraden zu nehmen. Es schien sicher, daß es gleich zu einer blutigen Schlägerei kommen würde. Schon flogen die Schimpfworte hin und her, denn was ein richtiger Kutscher oder ein richtiger Kosak ist, der besitzt einen Wortschatz an beleidigenden Ausdrücken, der nahezu unerschöpflich ist.
    Oberst Globonow verzog den Mund, und die Trubetzkoi meinte: »Wollen Sie Ihren Soldaten nicht befehlen, Ruhe zu geben? Soll es zu einer Schlägerei kommen? Unsere Kutscher sind kräftig und gut genährt.«
    »Ich weiß, daß die Damen bestens für ihre Reise ausgerüstet sind. Das macht es mir leicht, sie wieder zurückzuschicken.«
    »Haben Sie dazu einen Ukas des Zaren?«
    »Nein.«
    »Aber wir gehorchen nur dem Zaren! Er hat unsere Männer verbannt, also gehen wir mit ihnen.« Ninotschka drängte sich an Globonow vorbei zum

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