Ninragon – Band 1: Die standhafte Feste (German Edition)
einen erfolgreich abgeleisteten Wehrdienst für den idirischen Staat in ein permanentes und ordnungsgemäßes Bürgerrecht über.“
Das brachte ihn, neben dem Sold, den er dabei erwarb und der die Studienkosten decken sollte, der Zulassung an einer idirischen Hochschule einen wichtigen Schritt näher. Aber das für ihn Entscheidende kam erst noch.
„Wussten Sie, dass es Studienprogramme für ehemalige Offiziere der idirischen Armee gibt, die ihnen ein kostenfreies Studium an einer staatlichen Universität ermöglichen? Diese Praxis ist ein Relikt aus der Zeit, als sich die Offizierskaste ausschließlich aus den Rängen der Beamtenschaft, des Syndikariums und des Vikariums rekrutierte. Damals war es so, dass der Diskurs über Strategie und Kriegshandwerk zum guten Ton einer idirischen Führungs- und Oberschicht gehörte. Und ein Beamter sich ganz selbstverständlich nach abgeleistetem Dienst in der Armee anderen staatlichen Aufgabenbereichen zuwandte, die womöglich ein weitergehendes Studium erforderten. Oder er dies ganz einfach zum Vergnügen, seiner persönlichen Weiterbildung und Verfeinerung verfolgte.“
Das feine Lächeln im Gesicht der Syndikus-Majorin zeigte an, sie wusste, sie hatte Auric gewonnen. Und so legte sie nach.
„Daher kommt es, dass auch heute im Bewusstsein der höheren Schichten Militär und Kriegshandwerk noch immer aufs engste mit Wissenschaft und höherer Bildung verknüpft sind.“
„Verdammt, ich glaub, ich hab die Räude.“
Jenric hatte sich neben ihm in die Deckung gegraben und rieb mit wachsender Hektik an seinem linken Arm, wo sich grüne und braune Flecken zeigten, die tatsächlich weniger wie ein Geschwür sondern eher wie Flechtenbefall aussahen. Dort, wo er eine feine Schicht von moosigem Pulver abpulte, kamen darunter hellere, geschichtete Wucherungen zutage.
„Das muss von dieser verdammten Spitzohren-Vegetation kommen“, brummte Jenric. „Wer weiß, was zur Hölle das hier für Pflanzen sind. Ob das überhaupt Pflanzen sind. Ich jedenfalls hab mein Lebtag noch nie so ein Grünzeug gesehen, und ich bin viel rumgekommen, meine Herren.“
Ein helles Lodern über den Baumwipfeln unterbrach ihn und ließ ihn und alle anderen der Gruppe nach oben starren. Eine Salve von Feuerbällen donnerte über sie hinweg. Sekunden später loderte die Kammlinie in ihrem Rücken in flammendem Rot.
„Die armen Kerle, die jetzt sint in dieser Hölleh“, hörte er Crussav ein Stückchen weiter entlang des Grabens murmeln. Trotzdem waren sie froh, dass diese Salve nicht für sie bestimmt war, sondern über sie hinwegging – was sich jederzeit ändern konnte.
Alles konnte sich jederzeit ändern, dachte Auric. Sie mussten zugeben, vollkommen den Überblick über die Kampfsituation verloren zu haben: wo der Feind stand, wo die eigenen Leute standen, wer von wo unter Beschuss genommen wurde. Eine Frontlinie gab es längst nicht mehr, nur noch einzelne Trupps, die in dieser Hölle ums Überleben kämpften und versuchten, dem Feind so große Verluste wie möglich beizubringen. Um in dieser Urwaldhölle den Überblick zu verlieren, bedurfte es wahrhaftig keiner Drogen.
Jenric hatte noch Scheiben einer halben Knolle Rott, die er sich sorgfältig eingeteilt hatte. Vor dem Angriff hatte er eine großzügige Portion davon mit ihm geteilt. „Hier nimm, das macht die Birne alle. Wenn es dich erwischt, fährst du auf dem großen weißen Feuerball in den Himmel. Wenn nicht, wirst du diese spitzohrigen Motherfucker mit deinem verdammten Schwert alle machen, dass sie denken, die Dämonen der Hölle wären über sie hergefallen.“
Vor kurzer Zeit noch – vor der Elfenprovinz, vor Kvay-Nan – hätte er glattweg abgelehnt. Vor den Feldern von Vhau-KhayKhem, vor dem Massaker von Maukhran-Khvor, vor dem endlos sich hinziehenden Schlachten in den Wäldern von Khuvhaurn, vor den Kämpfen um Khavai-Kharn, als an den Ufern des Vh‘nan die Duergas über sie gekommen waren, halb wahnsinnig in ihrer Raserei, und seine Kameraden unter ihren Schlachthämmern gefallen oder in die Fluten getrieben worden waren.
Aber danach war er müde geworden. Müde, das alles bei klarem Kopf mit ansehen und deshalb die Realität all dessen anerkennen zu müssen, müde bei klarem Kopf die Angst, das Chaos, das Grauen erneut durchleben zu müssen. Er war in der kurzen Zeit durch zu viele nicht enden wollende Wälder gerannt, mit Kameraden, die verbrannt, zerfetzt, zerhackt wurden. Er hatte in zu viel
Weitere Kostenlose Bücher